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       # taz.de -- Proteste in Thailand: Jugend gegen Establishment
       
       > In Thailand demonstrieren Studierende. Mittlerweile fordern sie eine
       > Reform der Monarchie – trotz harter Strafen für Majestätsbeleidigung.
       
   IMG Bild: Protest auf dem Campus der Thammasat-Universität in einem Außenbezirk Bangkoks
       
       Berlin taz | Thailands Jugend begehrt auf – mit heftiger Kritik am
       Königshaus und der bisher größten Demonstration gegen die militärnahe
       Regierung unter Ex-Armeechef Prayuth Chan-o-cha. Bereits im Februar hatten
       an Thailands Universitäten und Schulen Proteste begonnen, waren aber wegen
       der Coronapandemie unterbrochen worden. Nun sind Studenten, Schüler und
       [1][weitere Aktivisten seit Wochen zurück auf den Straßen] – allen
       Repressionen zum Trotz. Nach Schätzungen der Nachrichtenagentur AFP
       beteiligten sich Anfang der Woche etwa 4.000 Menschen an Protesten in den
       Außenbezirken Bangkoks.
       
       Vor wenigen Tagen wurden bereits zwei führende Aktivisten festgenommen. Bei
       Kritik an der [2][Regierung aus früheren Putschisten] um Prayuth und deren
       politischen Kumpanen drohen Verhaftungen und Anklagen, zumeist wegen
       Aufwiegelung und Verstößen gegen das Versammlungsverbot.
       
       Bestanden die Studierenden zunächst in erster Linie auf freien und fairen
       Wahlen, dem Ende staatlich sanktionierter Gewalt gegen Dissidenten sowie
       Änderungen der umstrittenen Verfassung, welche die Macht des Militärs
       langfristig zementiert, gehen die Forderungen mancher nun tiefer.
       
       Sie rütteln an den antidemokratischen Grundfesten mit den engen Banden
       zwischen dem alles andere als politisch neutralen Königshaus und dem
       feudalistischen Establishment aus Militärs, Technokraten, Aristokraten und
       Bangkoker Geldadel. Damit geht die Kritik über den zuvor schon geäußerten
       Vorwurf hinaus, König Maha Vajiralongkorn lasse seine Heimat inmitten der
       Coronakrise im Stich und [3][residiere luxuriös lieber in Bayern statt in
       Bangkok.]
       
       Die Protestierenden wissen um das Risiko, das sie eingehen. Thailand hat
       das wohl härteste Gesetz gegen Majestätsbeleidigung weltweit: Bei
       Schuldspruch in einem einzigen Anklagepunkt drohen bis zu 15 Jahre Haft. In
       manchen Fällen wurden Angeklagte für Jahrzehnte weggesperrt. Umso
       beispielloser war die Erklärung, die eine Studentin auf einem Campus der
       Bangkoker Thammasat-Universität verlas: Sie enthält Forderungen, die darauf
       abzielten, die Monarchie nachhaltig zu reformieren.
       
       ## Thais verehrten Vater des Königs
       
       Seit 1932 die absolute Monarchie abgeschafft und die konstitutionelle
       eingeführt wurde, habe das Volk gehofft, „dass unser Land eine Demokratie
       mit dem König als Staatsoberhaupt sein würde, der wirklich über der Politik
       steht“. Diese Hoffnung habe sich nicht erfüllt, so die Erklärung, und das
       sei die Wurzel politischer Probleme.
       
       Bevor der jetzige König Vajiralongkorn im Dezember 2016 proklamiert wurde,
       hatte dessen Vater Bhumibol Adulyadej mehr als 70 Jahre lang auf dem Thron
       gesessen. Anders als sein Sohn war Bhumibol von vielen Thais tief verehrt
       worden. Vajiralongkorn wird unter anderem vorgehalten, er habe sich die
       alleinige Kontrolle über das Vermögen des Palastes gesichert, das laut
       Medienberichten mal auf über 30 Milliarden, mal auf über 50 Milliarden
       US-Dollar geschätzt wird.
       
       In der Erklärung der Studenten heißt es nun, der Verfassung müsse eine
       Passage hinzugefügt werden, die es der Politik ermögliche, Fehlverhalten
       des Königs zu untersuchen. Auch dürfe Thailands König künftig keine
       Militärputsche mehr absegnen.
       
       Die Reaktionen der Gegner ließen nicht lange auf sich warten: Die
       Demonstranten seien zu weit gegangen. Schon zuvor hatte sich Thailands
       Armeechef Apirat Kongsompong zu Wort gemeldet, der berüchtigt dafür ist,
       prodemokratische Aktivisten und Politiker zu verunglimpfen: Der „Hass auf
       die Nation“ stelle eine größere Bedrohung dar als das Coronavirus.
       
       13 Aug 2020
       
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