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       # taz.de -- Nach Vergewaltigung in Brasilien: Mit Gebet gegen Abtreibung
       
       > Eine Zehnjährige ist in Brasilien vergewaltigt worden. Gegen die
       > Abtreibung laufen religiöse Extremisten auf – mit Unterstützung der
       > Regierung.
       
   IMG Bild: Präsident Bolsonaro umgibt sich gerne mit Abtreibungsgegnern und Katholiken wie hier im April 2020
       
       BERLIN taz | Es wurde lauthals gebetet, gerangelt und am Ende sogar
       versucht, die Klinik zu stürmen. Katholische Gruppen, evangelikale
       Pastor*innen und rechtsradikale Politiker*innen hatten am Sonntag zu einem
       Protest in der brasilianischen Millionenstadt Recife aufgerufen. Die
       Demonstrant*innen wollten verhindern, dass ein zehnjähriges Mädchen, das
       nach einer Vergewaltigung schwanger wurde, eine Abtreibung vornehmen lässt.
       Der Fall löst eine Debatte über den wachsenden Einfluss von religiösen
       Gruppen aus.
       
       Brasilien hat strenge Abtreibungsgesetze. Ein Schwangerschaftsabbruch darf
       nur vorgenommen werden, wenn das Leben der Mutter gefährdet ist, der Fötus
       nicht lebensfähig ist – oder nach einer Vergewaltigung. Christliche Gruppen
       kämpfen seit Jahren dafür, die Gesetze noch weiter zu verschärfen – und
       seit Amtsantritt des rechtsradikalen Jair Bolsonaro erhalten sie
       Unterstützung von ganz oben.
       
       Familienministerin Damares Alves ist nicht nur evangelikale Pastorin,
       sondern auch eine der bekanntesten Antiabtreibungsaktivist*innen des
       Landes. In der jüngsten Debatte gab die Ministerin den Startschuss für eine
       regelrechte Hexenjagd, als sie bei Facebook die Entscheidung der Justiz
       kritisierte, die Abtreibung zuzulassen.
       
       Da es sich bei dem Opfer um ein Kind handelt, dürfte der Fall eigentlich
       nicht diskutiert werden. Das störte aber auch die [1][rechte Influencerin
       und Bolsonaro-Unterstützerin Sara Winter] nicht, sich eindeutig zu
       positionieren. Die fundamentalistische Exfeministin rief ihre
       Unterstützer*innen zum Protest auf und veröffentlichte sogar den Klarnamen
       und die Adresse des Mädchens.
       
       ## Menschenkette gegen rechts
       
       Das 10-jährige Mädchen, das bei ihrer Oma im Bundesstaat Espíritio Santo
       lebt, wurde über mehrere Jahre von ihrem Onkel vergewaltigt. Nach dem
       öffentlichem Druck weigerte sich das Krankenhaus in ihrer Heimatstadt, die
       Abtreibung durchzuführen – obwohl die Justiz die Abtreibung zuvor erlaubt
       hatte. So musste das Mädchen in den mehr als 1.000 Kilometer entfernten
       Bundesstaat Pernambuco fliegen.
       
       Dort versammelten sich am Sonntag Hunderte Feminist*innen, um das Mädchen
       zu unterstützen und eine Menschenkette gegen die Rechten zu bilden. Eine
       der Demonstrant*innen war Carol Vergolino, Politikerin der Linkspartei
       PSOL. „Als das Mädchen in die Klinik kam, hatte sie ihren Teddybär in der
       Hand. Und die Fundamentalisten beschimpften sie als Mörderin“, sagte die
       42-Jährige der taz.
       
       Laut Vergolino seien die Proteste auch eine direkte Folge [2][der Politik
       von Präsident Bolsonaro]: „Der Präsident verbreitet Hass und stiftet damit
       Menschen zu solchen Aktionen an.“
       
       Sich in Brasilien öffentlich zu Schwangerschaftsabbrüchen zu positionieren,
       kann gefährlich sein. Ärzt*innen berichten von massiven Drohungen und
       Repressalien. Auch der Arzt, der die Abtreibung bei der 10-Jährigen
       vornahm, wurde vor einigen Jahren wegen seiner Arbeit von der katholischen
       Kirche exkommuniziert.
       
       17 Aug 2020
       
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   DIR Niklas Franzen
       
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