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       # taz.de -- Arabische Staaten und Israel: US-Nahostvision trifft auf Realität
       
       > Saudi-Arabien, Bahrain, Oman, Sudan: Folgen andere arabische Staaten den
       > Emiraten und nehmen diplomatische Beziehungen zu Israel auf?
       
   IMG Bild: Eine Normalisierung der Beziehungen zu Israel ohne Lösung für Palästina bleibt schwierig
       
       Berlin taz | An zwei Eigenschaften mangelt es der US-Regierung unter Donald
       Trump auf jeden Fall nicht: Visionsfähigkeit und Optimismus. Glaubt man dem
       Präsidenten und seinem Berater Jared Kushner, wird sich im Nahen Osten in
       den kommenden Monaten gewaltig etwas verändern. Nach der Ankündigung der
       Vereinigten Arabischen [1][Emirate, ihre bislang inoffiziellen Beziehungen
       mit Israel zu formalisieren] und den jüdischen Staat anzuerkennen, sollen
       bald eine Reihe anderer arabischer Staaten folgen – heißt es im Weißen
       Haus.
       
       Genannt werden die drei Golfmonarchien Saudi-Arabien, Bahrain und Oman
       sowie der Sudan. Auf die Frage einer Journalistin, ob er glaube, dass
       Saudi-Arabien den Emiraten folgen werde, [2][antwortete] Trump am Mittwoch
       mit einem überzeugten „Ja, das tue ich.“ Doch ganz so klar, wie Trump und
       Kushner glauben machen wollen, scheint die Lage nicht zu sein. Wenige
       Stunden zuvor hatte der saudische Außenminister einer baldigen Aufnahme von
       Beziehungen zu Israel eine klare Absage erteilt.
       
       „Die Bedingungen sind klar“, sagte Prinz Faisal bin Farhan bei einem Besuch
       am Mittwoch in Berlin, „Frieden zwischen Israelis und Palästinensern muss
       auf der Grundlage internationaler Parameter erreicht werden.“ Heißt: Zwar
       sind die Saudis grundsätzlich bereit, Israel anzuerkennen, doch erst wollen
       sie eine Lösung des seit Jahrzehnten andauernden Nahostkonflikts sehen.
       
       Damit ist die Diskussion also wieder auf der Basis der alten Parameter
       angekommen, von denen bin Farhan sprach: dem Ziel einer verhandelten
       Zweistaatenlösung und der von den Saudis einst initiierten [3][Arabischen
       Friedensinitiative (AFI)], auf die sich die Arabische Liga 2002 einigte.
       Diese stellt im Gegenzug zur Gründung eines palästinensischen Staats
       „normale Beziehungen“ mit Israel in Aussicht und ein Ende des
       „arabisch-israelischen Konflikts“. Eine Normalisierung der Beziehungen ohne
       Lösung für Palästina, wie sie die Emirate nun verfolgen, wäre demnach ein
       Bruch mit der AFI.
       
       ## Sudan feuert Außenamts-Sprecher
       
       Auch zwischen dem Sudan und Israel scheint zwar etwas in Bewegung geraten
       zu sein, doch ist eine Normalisierung auch hier noch nicht beschlossene
       Sache. Ein Sprecher der Regierung in Khartum hatte sich am Dienstag
       öffentlich zu einem möglichen Frieden mit Israel geäußert. Dem Sender Sky
       News Arabic [4][sagte] Haidar Badawi Sadik, sein Land freue sich auf ein
       Friedensabkommen mit Israel; es gebe keinen Grund für andauernde
       Feindseligkeiten.
       
       Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu teilte sofort mit: „Israel,
       der Sudan und die gesamte Region werden von dem Friedensabkommen
       profitieren“. Sudans Regierung allerdings reagierte auf das Vorpreschen des
       Sprechers mit dessen sofortiger Entlassung.
       
       Und selbst zwischen den Emiraten und Israel scheint nicht alles gänzlich
       ausgemacht. Die Aufsehen erregende Erklärung vergangene Woche war eine
       Absichtserklärung, kein Abkommen. Ohne Zweifel war sie ein Durchbruch für
       die US-Bemühungen, einzelne arabische Staaten in das US-israelische Bündnis
       gegen die Regionalmacht Iran zu integrieren und gleichzeitig das
       jahrzehntelang bestimmende Thema Palästina ins Abseits zu drängen.
       
       Was aber einen Kernaspekt des Deals betrifft, blieb die Erklärung
       schwammig: Unklar ist, inwiefern die von Israel angekündigte Annexion von
       Teilen des besetzten Westjordanlands wirklich vom Tisch ist. Nur wenige
       Stunden nach Veröffentlichung der Erklärung hatte Netanjahu erklärt, die
       Annexion sei weiter auf dem Tisch. Trump dagegen [5][erklärte], sie sei
       „mehr als vom Tisch“, er könne allerdings nicht sagen, was in Zukunft
       passiere.
       
       In der Erklärung ist von einem Aufschub der Annexionspläne die Rede, eine
       Formulierung, die nun offenbar jede Regierung für ihr jeweiliges Publikum
       auslegt. Der emiratische Außenminister Anwar Gargasch sagte am Donnerstag
       in einem [6][Live-Stream] der US-Denkfabrik Atlantic Council, dass er nicht
       nur von „einigen Monaten“ ausgehe. Auch wenn man sich auf die Formulierung
       geeinigt habe, dass die Pläne lediglich „aufgeschoben“ seien, halte sein
       Land an einer Zweistaatenlösung für Israel/Palästina fest. AnalystInnen
       zufolge würde eine Annexion von Teilen des Westjordanlands eine
       Zweistaatenlösung unmöglich machen.
       
       ## Waffendeal als Belohnung für Annäherung an Israel
       
       Indes berichteten israelische Medien, die US-Regierung wollte die Emirate
       für ihre Normalisierung mit Israel mit einem Waffendeal belohnen, von dem
       auch Israels Regierung gewusst habe. Netanjahu dementierte dies. Auch Trump
       lehnte einen Zusammenhang ab, bestätigte aber, dass die USA den Verkauf von
       hochmodernen F-35-Kampfjets an die Emirate prüfen.
       
       Aus Bahrain und Oman schließlich kamen in den vergangenen Tagen durchaus
       positive Signale. Anders als Saudi-Arabien hatten beide Länder die
       Absichtserklärung von Israel und den Emiraten sofort nach der Bekanntgabe
       begrüßt. Bahrains Führung lobte die Annäherung als „historischen Schritt“.
       
       Am Montag folgte ein Telefonat des israelischen Außenministers Gabi
       Aschkenasi mit seinem omanischen Amtskollegen Jusuf bin Alawi bin Abdullah.
       Laut israelischem Außenministerium waren sich beide einig, angesichts der
       Annäherung zwischen Israel und den Emiraten auch ihre eigenen Beziehungen
       zu verbessern.
       
       20 Aug 2020
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Israel-und-die-Emirate-naehern-sich-an/!5707271
   DIR [2] https://www.timesofisrael.com/trump-says-he-expects-saudis-as-well-as-iran-to-join-peace-bid-in-middle-east/
   DIR [3] /Friedensprozess-in-Nahost/!5683064
   DIR [4] https://www.skynewsarabia.com/middle-east/1370038-%D8%A7%D9%84%D8%B3%D9%88%D8%AF%D8%A7%D9%86-%D9%86%D8%AA%D8%B7%D9%84%D8%B9-%D9%84%D8%A7%D8%AA%D9%81%D8%A7%D9%82-%D8%B3%D9%84%D8%A7%D9%85-%D8%A7%D9%95%D8%B3%D8%B1%D8%A7%D9%8A%D9%94%D9%8A%D9%84
   DIR [5] https://www.timesofisrael.com/trump-annexation-off-the-table-at-least-now-israel-suspending-settlements/
   DIR [6] https://www.pscp.tv/w/1zqKVeAyANPxB
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jannis Hagmann
       
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