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       # taz.de -- Wahlrechtsreform hinausgezögert: Der Starrsinn der Union
       
       > Die Union sperrt sich weiter gegen die Verkleinerung des Bundestags.
       > Dabei liegt die Lösung längst auf dem Tisch.
       
   IMG Bild: Die CDU weiß die Vorteile der aktuellen Wahlgesetze für sich zu schätzen und bleibt stur
       
       Das deutsche Wahlsystem verknüpft auf elegante Art die Vorteile des
       Mehrheits- mit denen des Verhältniswahlrechts. Es spiegelt den Willen der
       gesamten Bürgerschaft wider, lässt aber über die Erststimme Voten jenseits
       reiner Parteienlogik zu. Es verschafft dem Willen der WählerInnen weit
       präziser Ausdruck als das veraltete System der USA, wo 2016 eine Minderheit
       über die Präsidentschaft entschied.
       
       Die deutsche Mixtur ist gerecht, aber, zumal mit sieben Parteien im
       Parlament, [1][eine komplizierte Angelegenheit]. Seit einem Urteil des
       Bundesverfassungsgerichts 2012 wird der Bundestag größer und größer, weil
       die Zahl der Überhangmandate wächst.
       
       Die politische Klasse erweist sich seitdem als unfähig, das bewährte System
       von Erst- und Zweitstimmen so zu verändern, dass es verfassungskonform ist,
       ohne dass der Reichstag aus allen Nähten platzt. Dass demokratische Politik
       nicht in der Lage ist, ihr eigenes Problem zu lösen, schürt auf fatale
       Weise Misstrauen in ihre Fähigkeiten.
       
       SPD-Chef Norbert Walter-Borjans glaubt nicht mehr an eine Reform bis 2021.
       Man brauche aus Zeitknappheit ein Übergangswahlrecht. Genauso klang es
       schon 2012. Man brauche erst mal ein Provisorium. Nun ist Walter-Borjans
       als Seiteneinsteiger in die Bundespolitik unschuldig an der verfahrenen
       Lage.
       
       ## Lösung längst auf dem Tisch
       
       Die einzige Kraft, die das endlose Gezocke beenden kann, ist die Union, die
       seit Jahren ihr Partialinteresse an vielen Direktmandaten über das
       Gemeinwohl stellt. Ihr letzter Vorschlag, großzügig als Kompromiss
       verkauft, sieht vor, die Zahl der Wahlkreise zaghaft um 20 zu verkleinern –
       aber auch die Überhangmandate zu reduzieren. Das aber verfälscht den Willen
       der Mehrheit der WählerInnen.
       
       Die Lösung, [2][erarbeitet von Linkspartei, FDP und Grünen], liegt längst
       auf dem Tisch. Sie ist einfach, klar, einleuchtend. Die Zahl der Wahlkreise
       muss von 299 auf 250 sinken. Nur so bleibt unser Wahlsystem funktionsfähig.
       Das Drama um die Wahlrechtsreform wird erst abgesetzt werden, wenn die
       Union das begreift. Das, da hat Walter-Borjans recht, kann noch dauern.
       
       21 Aug 2020
       
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