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       # taz.de -- Sex in Coronazeiten: Kontakt ist Kontakt
       
       > Obwohl die Corona-Infektionszahlen weiterhin hoch sind, kehrt eine Art
       > Normalität ein. Auch sexuell. Aber wie ansteckend ist eigentlich Sex?
       
   IMG Bild: Körperkontakt während eines Protests in Jerusalem
       
       Nun geht’s also wieder los, ja? Virusferien zu Ende, die Zahl der
       bestätigten Neuinfektionen liegt im Durchschnitt bei circa 1.200 pro Tag,
       etwa auf dem Niveau von Anfang Mai. Anfang Mai, das war Viertel nach
       Nudelregale-wieder-voll und fünf vor Verschwörungsdemos.
       
       Die Zeit, als Museen und Cafés vorsichtig wieder öffneten und zu lesen war,
       dass Menschen in der [1][Krise öfter wirres Zeug träumten]. In der
       Zwischenzeit haben wir – verständlicherweise – ein bisschen vergessen, dass
       wir gemeinsam in einem infektiologischen Rechenexempel festhängen, in
       diesem abstrakt mathematischen Zusammenhang zwischen meiner schlecht
       belüfteten Bridgerunde und der schweren Krankheit einer Person, die ich
       nicht kenne.
       
       Auch Menschen aus dem Kreis der Sexpositiven, Promiskuitiven und Polygamen
       sind wieder mehr Körperkontakte eingegangen. Ich sage das nicht ohne Neid,
       [2][denn ich halte es weiter mit der Coronogamie], und das rangiert
       irgendwo zwischen Zoom-Geburtstagsbrunch und Urlaub in Brandenburg: Schon
       okay, könnte mir Schöneres vorstellen. Zugleich bin ich nicht sauer auf
       Menschen, die ihr Datingprofil von „Chat“ auf „live“ gestellt haben,
       Sexarbeiter*innen aufsuchen oder cruisen gehen. Ich bin ja auch nicht
       sauer auf Menschen, die in proppenvollen Regionalexpressen an die See düsen
       und Freund*innen umarmen, deren Kinder täglich (igitt!) Schulbus fahren.
       
       Covid-Tröpfchenübertragung beim Sex ist sehr wahrscheinlich, aber nicht
       wahrscheinlicher als bei sonstigen engen Kontakten unter 1,5 Metern über
       einen längeren Zeitraum ohne Maske. Das kann man bei der [3][Bundeszentrale
       für gesundheitliche Aufklärung] (BZgA) oder der [4][Aidshilfe] nachlesen.
       Nur küssen muss man herausheben, weil dabei die Hauptwohnorte der Viren so
       aufeinandergerieben werden, dass deren Übertragung quasi sicher ist.
       
       ## Wenn alle aufpassen, dann auch Sexkontakte reduzieren
       
       Aber Fellatio, Doggy oder Handjob im Gebüsch? Auch nicht anders als 20
       Minuten klönen mit Cousin Steven beim Abwasch. Falls der Vergleich nicht
       einleuchtet, hat das wohl damit zu tun, dass wir uns Sex als etwas
       Schmutziges, Ekliges vorstellen – und Unnötiges. Dadurch erscheinen
       promiskuitive Menschen verantwortungslos oder egoistisch – obwohl sie
       tendenziell besser über Hygiene informiert sind.
       
       Mein Appell für die kommende Pandemiephase: Sex nüchtern betrachten, als
       Aufeinandertreffen von Körpern. Keinen sexphoben Phantasmen erliegen! Aber
       auch ein Appell an die sexpositiven Freund*innen: Egal sind unsere
       Körperkontakte nicht. Wenn alle wieder weniger Bridge spielen und nicht
       mehr mit Cousin Steven den Abwasch machen, dann sollten auch die
       Sexkontakte reduziert werden.
       
       Dass nicht jede*r dann ins Kloster geht, das weiß sogar die BZgA und
       schreibt, man möge „zumindest versuchen, die Anzahl der Sexpartnerinnen und
       Sexpartner zu verringern“. Es könnte ein langer Winter werden. Machen wir
       es denen, die sich einschränken, leichter, indem wir es auch tun.
       
       21 Aug 2020
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Lachen-ueber-die-eigenen-Sorgen/!5683365/
   DIR [2] /Kuscheln-und-Sex-in-Corona-Zeiten/!5669028
   DIR [3] https://www.liebesleben.de/corona/corona-und-sex/
   DIR [4] https://www.aidshilfe.de/corona-sex
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Peter Weissenburger
       
       ## TAGS
       
   DIR Kolumne Kuscheln in Ketten
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