URI: 
       # taz.de -- Druck auf Lukaschenko in Belarus: Autokrat verliert Loyale
       
       > Die Luft für für Diktator Alexander Lukaschenko in Belarus wird dünner.
       > Nur wenige halten noch zu ihm.
       
   IMG Bild: Tausende demonstrieren am Sonntag in Minsk gegen den weißrussischen Diktator Lukaschenko
       
       [1][Wenn Hunderttausende auf die Straße gehen, um einem Präsidenten zu
       sagen: „Verschwinde!“], sollte sich dieser wirklich überlegen, wie er noch
       einen gesichtswahrenden Abgang hinbekommen kann. Doch selbst wenn Alexander
       Lukaschenko diese Woche politisch überleben sollte, ist trotzdem klar: Das
       scheinbar stabile Belarus eines Alexander Lukaschenko, das in Russland wie
       auch im Westen ein passables Standing hatte, gibt es nicht mehr.
       
       Die 7.000 Menschen, die er nur wegen ihrer Teilnahme an Demonstrationen
       hatte verhaften lassen und die fast alle schwer traumatisiert die Haftorte
       verlassen haben, verbieten eine Rückkehr in die Zeit von vor dem 9. August
       2020. Kaum eine Familie in Minsk, die nicht einen Bekannten oder Verwandten
       hat, der von Lukaschenkos Schergen gefoltert worden ist.
       
       Jede Diktatur braucht zum Überleben zumindest einen Teil der Bevölkerung,
       der ihr gegenüber loyal ist. Lukaschenko-treu ist jedoch nur noch, wer auf
       dessen Gehaltsliste steht, als Polizist, Staatsanwalt oder Gefängniswärter.
       Mit Gewehrläufen kann man Arbeiter nicht von Streiks abhalten.
       
       Hoffnungsvoll ist, dass die Opposition in Belarus gut aufgestellt ist und
       [2][offensichtlich Fehler vermeidet, die im Nachbarland Ukraine] beim Kampf
       gegen den damaligen Präsidenten Wiktor Janukowitsch gemacht worden sind.
       Die belarussische Opposition hat keine rechtsradikalen Leitbilder, sie
       integriert alle Kräfte, von national eingestellten Volksfrontaktivisten bis
       zu Gewerkschaftern, Feministinnen, Linken und Anarchisten. Es ist kein
       Manko, dass die Führungsfigur Swetlana Tichanowskaja derzeit überhaupt
       nicht in Belarus weilt. Der Fall Nawalny zeigt, dass
       Führungspersönlichkeiten im postsowjetischen Raum große persönliche Risiken
       auf sich nehmen.
       
       Überlegen muss sich die Opposition nun, wie sie mit Lukaschenkos
       Hinterlassenschaft umgeht. Bleibt zu hoffen, dass ihr gelingt, was dieser
       immer nur vortäuschte: ein stabiles Land zu schaffen, das mit Russland wie
       mit dem Westen gleichermaßen auf Augenhöhe verhandeln kann.
       
       24 Aug 2020
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Proteste-in-Belarus/!5708996&s=belarus/
   DIR [2] /Aufbegehren-in-Belarus/!5703413&s=belarus/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Bernhard Clasen
       
       ## TAGS
       
   DIR Schwerpunkt Krisenherd Belarus
   DIR Belarus
   DIR Alexander Lukaschenko
   DIR Aufstand
   DIR Schwerpunkt Krisenherd Belarus
   DIR Schwerpunkt Krisenherd Belarus
   DIR Belarus
   DIR Schwerpunkt Krisenherd Belarus
   DIR Schwerpunkt Krisenherd Belarus
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Oppositionsführerin im Europaparlament: Von Belarus nach Brüssel
       
       Tichanowskaja betont vor den EU-Abgeordneten, die Proteste seien nicht
       gegen Russland gerichtet. Die EU verhängt vorerst keine neuen Sanktionen.
       
   DIR Massenproteste in Belarus: Streik folgt Protest
       
       In Belarus hat die Opposition zur Arbeitsniederlegung aufgerufen.
       Arbeitende stehen nun unter Druck – nicht nur vonseiten des
       Lukaschenko-Regimes.
       
   DIR Proteste in Belarus: Hupkonzerte und Drohgebärden
       
       In Belarus gehen die Proteste nach den Wahlfälschungen weiter. Es gibt
       Menschenketten, Lukaschenko warnt vor russischer Einmischung.
       
   DIR Aufbegehren in Belarus: Kein Euromaidan in Minsk
       
       Die Zukunft der Belarussen ist noch nicht absehbar. Einen Vorteil hat das
       Land gegenüber der Ukraine: Es gibt keine Oligarchen, die mitmischen.
       
   DIR Medien(un)freiheit in Belarus: Minsk all inklusive
       
       Der Ukraine-Korrespondent der taz, Bernhard Clasen, strandet am Flughafen
       der Hauptstadt von Belarus. Er darf nicht einreisen, wird aber voll
       verpflegt.