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       # taz.de -- Folgen aus „Wirecard“-Skandal: Wie Scholz Betrug verhindern will
       
       > Um ein zweites „Wirecard“-Desaster zu vermeiden, hat Finanzminister Olaf
       > Scholz Vorschläge unterbreitet. Denen muss die Union aber noch zustimmen.
       
   IMG Bild: Olaf Scholz vor der Sitzung des Finanzausschusses am Mittwoch
       
       Ein Wirecard-Untersuchungsausschuss ist sehr wahrscheinlich. Denn bei der
       [1][Sondersitzung des Finanzausschusses am Mittwoch] sei zu wenig
       herausgekommen, findet die Opposition. „Der Untersuchungsausschuss ist
       weiterhin nötig, zumal sich das Kanzleramt weiterhin wegduckt!“, sagt
       Linken-Politiker Fabio De Masi.
       
       Auch die FDP fordert einen Untersuchungsausschuss. Der liberale Abgeordnete
       Florian Toncar moniert, dass die Finanzaufsicht Bafin anderthalb Jahre lang
       [2][keinerlei Erkenntnisse zu Wirecard] abgeliefert hat. Ab Januar 2019
       hatte die Financial Times mehrfach über ungeklärte Zahlungsvorgänge bei
       Wirecard berichtet – woraufhin die Bafin zwar eine Untersuchung bei der
       Deutschen Prüfstelle für Rechnungslegung in Auftrag gab, die aber keinerlei
       Ergebnisse zutage gefördert hat. [3][Die Grünen prüfen noch, ob ein
       Untersuchungsausschuss sinnvoll wäre].
       
       Finanzminister Olaf Scholz (SPD) hingegen meint, dass der Bafin nichts
       vorzuwerfen ist – weil ihr die gesetzlichen Kompetenzen fehlten, um bei
       Wirecard aktiv zu werden. Scholz will daher die Bafin stärken. Dazu hat er
       am vergangenen Freitag einen „Aktionsplan“ vorgelegt, der 16 Vorschläge
       umfasst.
       
       Wichtigster Punkt: Die Bafin soll „Sonderprüfungsrechte“ erhalten – und
       zwar gegenüber allen Firmen, die „kapitalmarktorientiert“ sind. Sie wäre
       also nicht nur für Finanzunternehmen zuständig, sondern für sämtliche
       Aktiengesellschaften. Bei Wirecard konnte die Bafin nur die Wirecard Bank
       unmittelbar kontrollieren – der Bilanzbetrug fand aber bei der Wirecard AG
       statt, die als Technologiekonzern galt.
       
       ## Geheimniskrämerei überwinden
       
       Zudem soll die Bafin „forensische Prüfungen“ vornehmen. Sie dürfte also
       gezielt nach Betrug suchen und dazu Zeugen und Geschäftspartner befragen.
       Auch dürfte sie „früher als bisher“ die Öffentlichkeit „über ihr Vorgehen
       bei der Bilanzkontrolle informieren“. Die Anleger würden also schneller
       erfahren, dass eine Aktie riskant ist. Bisher herrscht Geheimniskrämerei,
       um die Unternehmen vor Kursturbulenzen zu schützen. Der Verbraucherschutz
       wird bislang geopfert – zugunsten der Firmeninteressen.
       
       Auch die Wirtschaftsprüfer sollen stärker in die Pflicht genommen werden.
       Denn sie haben komplett versagt. Die Prüfungsgesellschaft EY hat ab 2009
       die Bilanzen von Wirecard testiert – und den systematischen Betrug nie
       entdeckt. Daher soll die staatliche Abschlussprüferaufsichtsstelle (Apas)
       „mehr Biss bekommen“. Sie soll eine Überwachung der Wirtschaftsprüfer „auch
       ohne Anlass und risikobezogen“ durchführen können.
       
       Zudem sollen die Prüfer künftig bei allen Firmen nach maximal zehn Jahren
       rotieren. Gleichzeitig sollen Beratung und Prüfung stärker getrennt werden.
       Überlegt wird auch, ob die Haftung der Wirtschaftsprüfer steigen soll.
       Bisher müssen sie nur mit maximal 4 Millionen Euro einstehen, falls sie
       Bilanzbetrug nicht entdecken. Bei Wirecard ist jedoch ein Schaden von mehr
       als 3 Milliarden Euro entstanden.
       
       Die meisten Skandale kommen ins Rollen, weil Insider auspacken. Daher soll
       geprüft werden, ob die „Anreize für Hinweisgeber verbessert“ werden
       könnten. Ob also für nützliche Indiskretionen mehr Geld fließen soll.
       
       Der „Aktionsplan“ ist allerdings nur ein SPD-Papier, das von Scholz und
       Justizministerin Christine Lambrecht erarbeitet wurde. Bisher fehlt die
       Zustimmung der Union. CDU-Wirtschaftsminister Peter Altmaier kündigte am
       Mittwochabend an, er werde nun „sehr, sehr zügig mit dem Kollegen Scholz
       das weitere Gespräch führen“.
       
       30 Jul 2020
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Ulrike Herrmann
       
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