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       # taz.de -- Querdenker, Versager und Kuttenfrust: Sie verlassen den logischen Sektor
       
       > Nazis eint die Sehnsucht nach der Katastrophe. Frankreich beneidet uns um
       > den Coronaföderalismus. Ach ja: Das Kopftuch bleibt Zankapfel.
       
   IMG Bild: Das Virus als Zumutung für die Demokratie. So sieht das Angela Merkel
       
       taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht vergangene Woche? 
       
       Friedrich Küppersbusch: Ampeldiktatur in Deutschland.
       
       Und was wird besser in dieser? 
       
       Querdenker gehen bei Rot.
       
       Am Samstag demonstrierten ein paar zehntausend Coronaleugner:innen,
       darunter bekennende Nazis. Manche schwenkten Reichskriegsflaggen,
       versuchten, das Reichstagsgebäude zu stürmen. Hat Deutschland ein
       Naziproblem? 
       
       Die Demonstranten konnten ihre Meinungs- und Versammlungsfreiheit ausüben,
       um vorzubringen, dass es keine Meinungs- und Versammlungsfreiheit gebe.
       [1][Um dann wiederum den Ort und Hort dieser Freiheit, den Bundestag, zu
       erstürmen]. Fehlten Plakate wie „Sie verlassen jetzt den logischen Sektor“.
       Nazis, Esos und Sektierer verbindet die Sehnsucht nach Katastrophe und
       Weltuntergang. Manche genießen die Angst, manche nutzen sie. Man kann
       Reichsbürger aussortieren, Zugängliche agitieren, doch der zentrale Hebel
       bleibt: Zuversicht.
       
       Der Christchurch-Attentäter muss lebenslang hinter Gitter ohne Bewährung.
       Premierministerin Jacinda Ardern begrüßt das Urteil und fordert „Stille auf
       Lebenszeit“ für den Attentäter. Ist sie ein Vorbild im Umgang mit
       rechtsextremem Terror? 
       
       „Lebenslang“ bedeutet hier: bis zum Tode. Der Richter gönnte sich den
       frivolen Hieb, aus der rassistischen Denke des Mörders heraus zu folgern:
       „Sie haben versagt.“ Weil er ja eine „Welle von Liebe und Solidarität“
       ausgelöst hat. [2][Premierministerin Ardern möchte den Namen des Mörders
       nie mehr hören, noch aussprechen]. Das ist verständlich und herzig. Die Tat
       mahnt, dass geschehen kann, was unmöglich schien. Es tut also not, sich zu
       erinnern.
       
       In der NSU-2.0-Affäre soll es auch in Hamburg und Berlin illegale
       Datenabfragen gegeben haben. Rassistische Polizisten also doch nicht nur
       ein hessisches Problem? 
       
       Es nervt, dass die Polizei nach über zwei Jahren keine Ergebnisse ermittelt
       hat – aber schon mal durchsickern lässt, man ermittle auch in Richtung
       eines russischen Mailservers. Während es weiter Hassmails setzt, basteln
       die am Pappschild „Putin ist der neue Döner“.
       
       Weniger kostenlose Tests für Reiserückkehrer, einheitliches Bußgeld für
       Maskenpflicht-Verstöße und keine Großveranstaltungen bis Ende des Jahres.
       Auf diese Coronaregeln haben sich Bund und Länder geeinigt. Reicht das, um
       Corona in den Griff zu bekommen? 
       
       Einheitliche Regeln mindern rhetorische Angriffsfläche. Auch, wenn
       Deutschland etwa in Frankreich für seinen Coronaföderalismus beneidet wird.
       Welle hin oder her – wir bewegen uns auf den Showdown zu: behutsame
       Gesundheitspolitik gegen immer massivere Wirtschaftsinteressen.
       Coronazweifler skandieren bald „Aber die Arbeitsplätze“.
       
       Donald Trump ist erneut Präsidentschaftskandidat der Republikaner. In
       seiner Nominierungsrede gab es mal wieder viel Lob für ihn selbst und Lügen
       über andere. Was glauben Sie, wird er ’s noch mal? 
       
       Warum immer ich? Na gut. Ja, [3][der Alb geht weiter].
       
       Angela Merkel sagte in ihrer jährlichen Sommer-Pressekonferenz: „Das Virus
       ist eine demokratische Zumutung.“ Ein Satz für die Geschichtsbücher? 
       
       Ein Sprachunfall aus ihrer Regierungserklärung Ende April. Gemeint scheint:
       „eine Zumutung für die Demokratie“. Merkel kassiert Sympathie für ihre
       Sensibilität, wenn es um Freiheitsrechte geht. Und tolle Umfrageergebnisse
       für autoritäres Handeln. Bingo.
       
       Der Oberste Gerichtshof hat entschieden: Die bayerische Grenzpolizei ist in
       Teilen nicht mit der Verfassung vereinbar. Ist das ein Big Point für die
       Grünen als Kläger? 
       
       Der Bund hat sich den Grenzschutz zur „Polizei des Bundes“ umgepfuscht,
       weil’s an den Grenzen nichts mehr zu tun gibt. Nun gönnt MP Söder sich
       einen neuen Grenzschutz, weil an den Grenzen viel zu tun sei.
       Hütchenspieler erwischt.
       
       Das Bundesarbeitsgericht in Erfurt hat den Entschädigungsanspruch einer
       Lehrerin bestätigt, die wegen ihres Kopftuchs abgelehnt worden war. Ist das
       Berliner Neutralitätsgesetz damit tatsächlich vom Tisch? 
       
       Ich fand Bundeswehroffiziere und Pfaffen in vollem Ornat an meiner Schule
       nie sonderlich „divers“. Sondern invasive Kuttenpropaganda. Wenn Kopftuch
       und Kippa gefühltes Körperteil sind, muss ich umlernen. Versuchen Sie, den
       haarfeinen Unterschied in einen Gesetzestext zu gießen. Die Berliner SPD
       will’s noch mal versuchen, und schön scheitern haben die ja drauf.
       
       Und was machen die Borussen? 
       
       Der neue Kader des BVB hat einen Transferwert von rund 600 Mio. Euro. Die
       Personalaufwendungen der Stadt Dortmund 2020 betragen 500 Mio. Euro.
       
       Friedrich Küppersbusch ist Journalist, Produzent und zuversichtlich.
       
       Fragen: cas, waam, vag, eaz
       
       30 Aug 2020
       
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