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       # taz.de -- „Tagesthemen“ benennen Kommentar um: Meine Meinung
       
       > Die ARD-„Tagesthemen“ benennen ihre Kommentare um in „Meinung“. Darin
       > spiegelt sich ein Trend aus dem Internet wider.
       
   IMG Bild: Kommentar heißt jetzt Meinung: Caren Miosga im Tagesthemen-Studio
       
       „Heute ist der Tag der Neuerung“, sagte Caren Miosga am Montag in den
       „Tagesthemen“. Das, was bisher „Kommentar“ hieß, also der frontal in die
       Kamera gesprochene, ja, Kommentar, eines Journalisten oder einer
       Journalistin, wird künftig „Meinung“ genannt. „Damit noch deutlicher wird,
       dass dies nicht die Ansicht der gesamten Redaktion ist, sondern die
       persönliche Meinung eines einzelnen Kollegen“, erklärte Miosga.
       
       Der Duden definiert Meinung als „persönliche Ansicht […] die jemand in
       Bezug auf jemanden, etwas hat (und die sein Urteil bestimmt)“. Ein
       Kommentar ist laut Duden eine „persönliche Anmerkung“ oder eine „kritische
       Stellungnahme zu einem aktuellen Ereignis oder Thema (in Presse, Rundfunk
       o. Ä.)“. Es ist gar nicht so einfach, den semantischen Unterschied zwischen
       den beiden zu finden.
       
       Die „Tagesthemen“ folgen mit der Umbenennung einem Trend aus dem Internet.
       In den sozialen Medien schreiben Leute unter Meinungsbeiträge öfters „Meine
       Meinung“.
       
       Also etwa: „Herbst ist doof. Meine Meinung“. Oder „Nazis raus. Meine
       Meinung“. Noch häufiger steht „Meine Meinung“ allerdings unter weniger
       harmlosen Aussagen. Etwa von Leuten, die meinen, „man dürfe gar nichts mehr
       sagen“ und die dann doch allerlei menschenfeindlichen Quatsch sagen.
       Synonym verwenden sie für ihre Meinung den Ausdruck „Unbequeme Wahrheit“.
       
       ## Größtmögliche Distanz
       
       In rechten und Verschwörungskreisen geht der Trend also dahin, sich für
       eine Meinung zu feiern. In der „Tagesthemen“-Redaktion geht der Trend
       offenbar in die andere Richtung: größtmögliche Distanz aufbauen zu einer
       Meinung und deren VertreterIn. Das ist praktisch für den nächsten
       Shitstorm.
       
       Wenn eine Kollegin mal wieder etwas zu flüchtlings- oder klimafreundliches,
       auto- oder fleischesserfeindliches meint (nicht kommentiert!), dann kann
       man immer sagen: „War doch nur eine Einzelmeinung.“
       
       Im Übrigen spiegelt dieser Text auch nur die Meinung der Autorin und nicht
       der gesamten taz-Redaktion wider.
       
       2 Sep 2020
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Anne Fromm
       
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