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       # taz.de -- Streit um Staudamm in Afrika: Mehr Wasser, weniger Kohle
       
       > Das Staudammprojekt am Oberlauf des Nils sorgt international für Streit.
       > Nun kürzen die USA ihre Millionenhilfen für Äthiopien.
       
   IMG Bild: Satellitenaufnahme des umstrittenen Staudammprojekts in Äthiopien vom 12. Juli 2020
       
       Nairobi taz | Die USA halten 100 Millionen US-Dollar an Hilfsgeldern für
       Äthiopien zurück. Grund ist [1][der umstrittene Riesenstaudamm], den das
       Land am Oberlauf des Nils baut. Während es in den Verhandlungen mit den
       Nil-Anrainer-Ländern Sudan und Ägypten noch immer keine Fortschritte in der
       Frage gibt, wie viel Wasser durch den Fluss strömen soll, hat Äthiopien im
       Juli bereits begonnen, das Staubecken zu füllen.
       
       Ägypten und Sudan befürchten nun, dass sie – vor allem in Zeiten der Dürre
       – weniger Wasser abbekommen. Der Nil ist für beide Länder bedeutsam für die
       Trinkwasserversorgung sowie für die Bewässerung in der Landwirtschaft.
       
       Von „einer vorübergehenden Pause“ der Hilfszahlungen an Äthiopien spricht
       das US-Außenministerium. Der Schritt zeige „unsere Sorgen über Äthiopiens
       einseitigen Beschluss, das Staubecken zu füllen, bevor eine Übereinstimmung
       erreicht ist und alle notwendige Sicherheitsmaßnahme für den Damm
       realisiert sind.“ Die US-Regierung interveniert nur selten in
       Angelegenheiten in Afrika, ein Kontinent den Präsident Donald Trump noch
       nicht besucht hat und über den er auch nur selten spricht.
       
       Der Konflikt um die sogenannte Grand-Ethiopian-Rennaissance-Talsperre
       (GERD), [2][der sich Beobachtern zufolge zu einem Wasserkrieg ausweiten
       könnte], ist den Amerikanern aber wichtig. Offenbar wollen sie nun
       finanziellen Druck ausüben auf die Regierung in Addis Abeba. Zuvor hatte
       Washington versucht zu vermitteln, was Äthiopien aber ablehnte. Addis Abeba
       ist der Ansicht ist, dass die USA in dem Konflikt auf der Seite Ägyptens
       stehen. Nun werden Verhandlungen unter der Schirmherrschaft der
       Afrikanischen Union geführt.
       
       Äthiopien hat die USA um eine Erklärung für die Suspendierung der Hilfen
       gebeten, aber in der äthiopischen Bevölkerung hat die Nachricht bereits für
       Empörung gesorgt. Diese hat teilweise nicht nur Geld gespendet für den Bau
       des Damms, sondern betrachtet ihn auch mit einem gewissen Nationalstolz.
       Äthiopische Musiker preisen ihn in speziell dafür komponierten Liedern.
       Einer der populärsten Sänger des Landes, Teddy Afro, hat ein Lied
       veröffentlicht unter dem Titel „Demo Le Abbay“. Darin wird Ägypten
       kritisiert, das lernen müsse, das Wasser des Nils zu teilen.
       
       Ein Abkommen aus der britischen Kolonialzeit, das 1959 aktualisiert wurde,
       sieht 90 Prozent des Nilwassers für Ägypten und den Sudan vor. Schon seit
       zehn Jahren fordern neun andere Länder im Nilbecken eine neue Verteilung.
       Neben Äthiopien sind das Eritrea, Kenia, Tansania, Uganda, Burundi, Ruanda,
       Kongo und der Südsudan. Der Nil entspringt als Blauer Nil in Äthiopien und
       als Weißer Nil im Viktoriasee. Beide kommen zusammen bei der sudanesischen
       Hauptstadt Khartum.
       
       GERD soll das größte hydroelektrische Kraftwerk Afrikas werden. Es soll
       nicht nur Strom generieren für die eigene Bevölkerung, sondern auch für den
       Export in Nachbarländer. Der äthiopischen Regierung zufolge wird der Damm
       die Armut im Land massiv lindern. Die nun suspendierten 100 Millionen
       US-Dollar sind normalerweise eine wichtige finanzielle Hilfe für das arme
       Land.
       
       Der äthiopische Botschafter in den USA, Fitsum Arega, [3][sagte] gegenüber
       der britischen Tageszeitung Financial Times, er hoffe, dass die USA ihre
       Meinung ändern. „Wir haben darum gebeten, das noch einmal zu überdenken und
       warten nun ab“, so Arega am Mittwoch. „Wir hoffen, dass eine Angelegenheit,
       die nichts mit den beiden Ländern zu tun hat, nicht den 117 Jahre alten
       diplomatischen Beziehungen schadet.“
       
       4 Sep 2020
       
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