URI: 
       # taz.de -- Unterbringung Wohnungsloser: Lageso oder LAF?
       
       > Berlin will die Unterbringung von Flüchtlingen und Wohnungslosen
       > zentralisieren. Die Zuständigkeit könnte vom neuen LAF zum alten Lageso
       > zurückkehren.
       
   IMG Bild: Elke Breitenbach bei der Eröffnung einer neuen Flüchtlingsunterkunft in Berlin, 2017
       
       Kommt das Comeback des Lageso? Vor fünf Jahren erlangte das „Landesamt für
       Gesundheit und Soziales“ bundesweit traurige Berühmtheit, als es sich
       unfähig zeigte, die steigende Zahl von Flüchtlingen zeitnah und angemessen
       unterzubringen. Vor vier Jahren wurden dem Amt und seinem Präsidenten Franz
       Allert vom alten rot-schwarzen Senat die Zuständigkeit für diesen Bereich
       entzogen und ein eigenes „Landesamt für Flüchtlingsunterbringung“ (LAF)
       gegründet.
       
       Nun steht die Frage im Raum, das Lageso erneut für die Unterbringung
       zuständig zu machen. Das LAF würde damit einen erklecklichen Teil seiner
       gut 500 MitarbeiterInnen verlieren. In der Frage sei aber noch keine
       Entscheidung getroffen, betonte Sozialsenatorin Elke Breitenbach am
       Mittwoch bei einem Pressegespräch. Sie wolle dazu bis Anfang kommenden
       Jahres einen Vorschlag an Senat und Abgeordnetenhaus machen.
       
       Die Linkspartei-Politikerin widersprach damit einem Bericht der Berliner
       Morgenpost, die vor einigen Tagen über eine angebliche „Zerschlagung“ des
       LAF als feststehende Tatsache berichtet hatte. Der Bericht hatte innerhalb
       des LAF offenbar für viel Unmut gesorgt.
       
       Hintergrund der Umstrukturierung ist ein zentrales Projekt des Senats, das
       die Situation von Wohnungslosen in Berlin elementar verbessern soll.
       Geschehen soll dies durch die so genannte „Gesamtstädtische Steuerung der
       Unterbringung“ (GStU), die den Zuständigkeitswirrwarr bei der Unterbringung
       beenden und für eine gleichbleibend gute Qualität der Unterkünfte sorgen
       soll.
       
       ## Große Qualitätsunterschiede
       
       Bislang sind nach dem Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetz (ASOG)
       die Bezirke zuständig für die Unterbringung von Wohnungslosen, während sich
       das Land – also derzeit das LAF – um die Unterbringung von
       AsylbewerberInnen kümmert. Theoretisch muss damit jeder Flüchtling, der
       sein Asylverfahren beendet hat, aus seinem „LAF-Heim“ ausziehen und vom
       Bezirk mit Wohnraum versorgt werden, also entweder eine Wohnung oder einen
       Platz in einer bezirklichen Einrichtung zugewiesen bekommen.
       
       Weil es aber weder genug Wohnungen noch genügend Heimplätze gibt, bleiben
       die so genannten „Statuswechsler“ in den Flüchtlingsheimen. Aktuell sind
       laut Breitenbach mehr als 50 Prozent der BewohnerInnen in LAF-Heimen
       solche, deren Unterbringung eigentlich in die Verantwortung der Bezirke
       fällt.
       
       Hinzu kommt: Die Qualität der Plätze, vor allem in den Bezirken, ist sehr
       unterschiedlich; teilweise kooperieren die Bezirke auch mit InhaberInnen so
       genannter „Läusepensionen“, wo sie für viel Geld miserable Zimmer ohne
       jegliche Sozialbetreuung anmieten.
       
       Die GStU soll damit Schluss machen: Alle Unterkünfte werden Bett für Bett
       in einer neuen Software erfasst, so dass Bezirke und Land jederzeit einen
       Überblick haben, wo aktuell etwas frei ist. Zudem soll das Programm
       Besonderheiten wie Barrierefreiheit oder die Eignung für Kinder/Familien
       berücksichtigen. Und: Für alle Heime sollen einheitliche Qualitätsstandards
       gelten, deren Einhaltung kontrolliert wird. Laut Staatssekretär Alexander
       Fischer hat das IT-Programm „erste Tests“ bestanden, ab Juni sollte es mit
       einer kleinen Zahl von Unterkünften im Echtbetrieb getestet werden. Dies
       verzögere sich jedoch wegen der Corona-Pandemie um einige Monate, ergänzte
       eine Mitarbeiterin.
       
       ## „Deutlich konsolidiert“
       
       Zur Frage, wer am Ende für die Betreuung der Software, die stadtweite Suche
       nach Unterkünften, die Verträge mit den Betreibern und die
       Qualitätssicherung zuständig sein soll, ist offenbar ein Wettbewerb unter
       den Behörden ausgebrochen. Die fraglichen Stellen sollten – „eigentlich
       intern“ – ihre Entwürfe vorstellen, erklärte Breitenbach mit hörbarem
       Bedauern darüber, dass im Zuge dessen offenbar Papiere an die Mopo
       durchgestochen wurden.
       
       Fischer ließ am Mittwoch eine leichte Präferenz für das Lageso erkennen. Er
       sehe dort „verwaltungsmäßig sehr gute Möglichkeiten“, das Amt habe sich
       „deutlich konsolidiert bei den Verwaltungsprozessen und die Atempause
       genutzt, die es durch die Herausnahme der Flüchtlingsunterbringung“
       gewonnen habe. Zudem betonte er, dass das LAF nur für einen kleineren Teil
       der Wohnungslosen zuständig sei: Aktuell betreue es rund 10.000
       AsylbewerberInnen, wohingegen rund 38.000 Menschen per ASOG untergebracht
       seien.
       
       Breitenbach stellte dagegen klar: „Ich sag nicht, das soll ins Lageso. Ich
       will die Diskussion.“
       
       13 Aug 2020
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Susanne Memarnia
       
       ## TAGS
       
   DIR Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF)
   DIR Elke Breitenbach
   DIR Wohnungslose
   DIR Flüchtlinge
   DIR Obdachlosigkeit
   DIR Wohnungslosigkeit
   DIR Unterbringung von Geflüchteten
   DIR Lageso
   DIR Schwerpunkt Obdachlosigkeit in Berlin
   DIR Bundesrechnungshof
   DIR Lageso
   DIR Schwerpunkt Flucht
   DIR Fachärzte
   DIR Schwerpunkt Flucht
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Lost im Hostel
       
       Private Hostelbesitzer verdienen sich goldene Nasen an Wohnungslosen, weil
       es nicht genug Wohnheimplätze gibt. Drei Bezirke überlegen nun,
       Pleite-Hostels für Wohnungslose zu kaufen
       
   DIR Miete für Geflüchtete: 50 Euro pro Quadratmeter Container
       
       Der Rechnungshof rügt zu hohe Wohnkosten für Geflüchtete. Deren Miete zahlt
       der Bund – wie auch die Miete von Hartz-IV-BezieherInnen.
       
   DIR Ausländische Fachkräfte in Berlin: Approbation bleibt hohe Hürde
       
       Immer mehr junge ÄrztInnen haben im Ausland studiert. Doch nur jeder vierte
       Antrag auf Approbation war 2019 in Berlin erfolgreich.
       
   DIR Versagen einer Berliner Behörde: Kommt drauf an, bei wem man landet
       
       2015 wurde das Berliner LAGeSo zum Symbol für Versagen auf ganzer Linie.
       Inzwischen wurde das Amt umgebaut. Hat sich was geändert?
       
   DIR Probleme mit Approbationen in Berlin: Steine in den Weg gelegt
       
       Ein Zahnarzt aus Syrien darf nach drei Jahren Anstellung nicht mehr
       arbeiten. Die Berufserlaubnis gilt nur drei Jahre. Über einen Berliner
       Sonderweg.
       
   DIR Unterbringung von Flüchtlingen: Beschweren soll einfacher werden
       
       Eine unabhängige Beschwerdestelle soll das Leben in Flüchtlingsheimen
       leichter machen. Klar ist: bei vielen Problemen wird sie nicht helfen
       können.