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       # taz.de -- das portrait: Hat es als Klimaaktivistin in China schwer: die 17-jährige Howey Ou
       
       Während die meisten Schüler*innen hierzulande schon lange nicht mehr jeden
       Freitag fürs Klima streiken, steht Howey Ou nach wie vor vor dem ehemaligen
       Regierungsgebäude in ihrer Heimatstadt Guilin im Südosten Chinas und hält
       ein Protestplakat in die Höhe. „Schulstreik fürs Klima“ steht dort auf
       Chinesisch und auf Englisch. Howey Ou war wohl die erste Jugendliche in
       China, die an den Fridays-for-Future-Klimastreiks teilnahm. Seit Mai 2019
       geht sie für die Zukunft des Planeten auf die Straße – und zwar nicht nur
       freitags. Denn vor über einem Jahr ist die heute 17-Jährige wegen ihres
       Klimaaktivismus von der Schule geflogen – seither streikt sie Vollzeit.
       
       Howey Ou spricht genauso ernst, wie sie in die Kamera blickt. Die dunklen
       Haare sind kinnlang. Ihre wissenschaftlich monotone Sprechweise erinnert
       ein wenig an die ihres großen Vorbilds: Greta Thunberg. Auf den ersten
       Blick wirkt Howey schüchtern. Doch der Schein trügt. Hinter der Fassade
       steckt eine furchtlose junge Frau, die sich den Kampf für das Klima zum
       Lebensinhalt gemacht hat.
       
       „Ich habe das Gefühl, wir sind auf einem untergehenden Schiff, und trotzdem
       machen alle weiter, als wäre nichts“, erklärt sie im britischen Guardian.
       Ihre Schlussfolgerung: „Wenn niemand daran etwas ändert, muss ich das tun.“
       Howey musste jedoch schnell feststellen, dass ein Klimastreik im
       autoritären China nicht so einfach zu machen ist wie in Europa.
       
       Kurz nachdem Howey Ou zum ersten Mal vor dem früheren Regierungsgebäude in
       ihrer Heimatstadt Guilin streikte, war auch schon Polizei vor Ort. Einmal
       wurde sie vier Stunden lang verhört. Ein Brief ihrer Schuldirektorin mit
       dem Ultimatum folgte: Entweder gebe sie ihren Klimaaktivismus auf – oder
       sie würde von der Schule verwiesen. Howey entschied sich für Letzteres.
       
       Mit ihrer Entscheidung steht Howey Ou in China besonders allein da. Denn
       während in Europa Klimaaktivismus fast schon zum Trend geworden ist,
       bestreitet Howey Ou weiterhin einen einsamen Kampf. Selbst Freundinnen
       haben sich nicht getraut, mehr als ein paar Mal mitzustreiken.
       
       „Ich habe keine Angst“, sagt Howey Ou. Um ihre Familie mache sie sich
       allerdings Sorgen. Einmal wurden ihre Eltern mehrere Stunden von der
       Polizei befragt. Sie werden unter Druck gesetzt, um den Aktivismus der
       Tochter zu stoppen und Interviews mit ausländischen Medien zu unterbinden.
       
       Doch Howey Ou lässt sich nicht beirren. Nachdem ihr die chinesischen
       Behörden untersagt hatten, weiter zu streiken, pflanzte sie über 300 Bäume
       rund um Guilin. „Ich werde nicht damit aufhören“, sagt sie entschlossen.
       „Die Menschen müssen verstehen, wie ernst die Klimakrise ist.“
       
       Aus der Ferne unterstützen sie mittlerweile auch Klimaaktivist*innen wie
       Greta Thunberg oder Vanessa Nakate, eine Fridays-for-Future-Aktivistin aus
       Uganda. In Guilin jedoch kämpft Howey Ou nicht allein gegen den
       Klimawandel, sondern auch gegen einen autoritären Staat. Ganz alleine.
       Céline Weimar-Dittmar
       
       11 Sep 2020
       
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