# taz.de -- Streit über den Brexit: Der „No Deal“ rückt näher
> Großbritannien droht offen, die Gespräche mit der EU scheitern zu lassen.
> Am Dienstag beginnt die nächste Brexit-Verhandlungsrunde.
IMG Bild: Non, no, noooo: Großbranniens Brexit-Unterhändler David Frost in Brüssel hat was in der Tasche
Brüssel taz | Im Streit über den Brexit und ein neues Handelsabkommen mit
Großbritannien ist die EU unter Beschuss geraten. Die britische Regierung
drohte am Wochenende offen mit einem „No Deal“, einem Scheitern der
Verhandlungen. Kurz vor der nächsten Gesprächssrunde am Dienstag stehen die
Zeichen auf Sturm.
Für Irritationen in Brüssel sorgte indes ein Bericht des Daily Express, dem
zufolge EU-Chefunterhändler Michel Barnier abgelöst werden solle. Die
französische Regierung und der deutsche EU-Vorsitz dementierten prompt:
„Wer mit der EU beim Brexit vorankommen will, muss mit Barnier ins Geschäft
kommen“, erklärte ein deutscher Sprecher.
Am Sonntag legte der britische Chef-Unterhändler David Frost nach: Anders
als die Regierung unter Theresa May werde London diesmal nicht blinzeln,
sagte er der Mail on Sunday. Die EU müsse verstehen, „dass wir meinen, was
wir sagen, und sie sollten unsere Position ernst nehmen.“
Man sei bereit, die Verhandlungen platzen zu lassen. Großbritannien werde
sich nicht zum „Klientelstaat“ degradieren lassen, sagte Frost mit Blick
auf die Forderung, Brüssel eine Art Vetorecht für britische Gesetze
einzuräumen. In London seien bereits Vorbereitungen für den „No Deal“
getroffen worden. „Ich glaube nicht, dass wir davor auch nur irgendwie
Angst haben.“
Frost widersprach damit der auch in Berlin verbreiteten Auffassung,
Großbritannien habe bei einem „No Deal“ mehr zu verlieren als die EU.
Deutsche Diplomaten verweisen gerne darauf, dass der Handel mit Europa für
die Briten überlebenswichtig sei, während die Bedeutung Großbritanniens für
Deutschland abnehme.
## Sorgen um deutsche Wirtschaft
Ein „No Deal“ würde jedoch auch das größte EU-Land treffen. „Der deutschen
Wirtschaft bereitet es große Sorge, dass die Brexitverhandlungen auf der
Stelle treten“, sagte Martin Wansleben, Hauptgeschäftsführer des Deutschen
Industrie- und Handelskammertags (DIHK). Ohne Handelsabkommen drohten ab
2021 die Einführung von Zöllen und die Unterbrechung von Lieferketten.
Pessimistisch äußerte sich auch Barnier. Die Briten zeigten zu wenig
Bereitschaft, auf EU-Forderungen einzugehen. Neben dem Fischfang sorgt das
sogenannte „Level Playing Field“ für Streit. Die EU fordert von
Großbritannien, auch in Zukunft auf Dumping bei Steuern, Löhnen oder im
Umweltschmutz zu verzichten. In London wird dies als Versuch interpretiert,
das Land auf Dauer an die Union zu ketten.
6 Sep 2020
## AUTOREN
DIR Eric Bonse
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