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       # taz.de -- Anführer der Militärjunta in Mali: Ein ganz Spezieller
       
       > Assimi Goita ist der Präsident der Militärjunta. Die Karriere des Chefs
       > einer Spezialeinheit ist eng mit dem Krieg gegen Terror verknüpft.
       
   IMG Bild: Malis Juntachef: Oberst Assimi Goita bei seinem ersten Auftritt vor der Presse, Mittwoch
       
       Berlin taz | Wie der geborene Chef sah Oberst Assimi Goita nicht aus, als
       er am späten Mittwoch in Malis Hauptstadt Bamako vor die Presse trat. „Ich
       bin Oberst Assimi Goita“, hob er an und erklärte, er sei der Präsident des
       neugebildeten „Nationalkomitees zur Rettung des Volks“ (CNSP) – des
       Gremiums hoher Militärs, die [1][am Vortag Malis Präsidenten Ibrahim
       Boubacar Keïta gestürzt hatten]. Mali stecke in der Krise, so der frisch
       gekürte 40-jährige Juntachef. „Wir haben kein Recht mehr auf Irrtum“, fuhr
       er fort und schloss mit den Worten: „Mali zuerst.“
       
       Goita war zunächst der unbekannteste der fünf Putschführer gewesen, aber
       dann machten sie ihn zum Anführer. Denn Goita ist nicht irgendein Soldat.
       Er kommandiert die wichtigste Eliteeinheit von Malis Armee: das „Autonome
       Bataillon der Spezialkräfte“ (BAFS).
       
       Laut [2][Gründungsdekret] vom Mai 2018 gehören zu den Aufgaben des
       Bataillons unter anderem „Planung, Koordination und Ausführung von
       Spezialoperationen“ sowie „Supervision und Koordination der in Operationen
       engagierten Spezialeinheiten“. Es ist die Spezialeinheit der
       Spezialeinheiten.
       
       Nach sieben Jahren Krieg gegen den Terror gelten Spezialkräfte heute als
       effektivstes Mittel gegen islamistische Kampfgruppen in den Savannen und
       Wüsten von Mali. Die USA verlassen sich ausschließlich auf solche
       Elitetruppen, Frankreich hat dafür vergangenes Jahr die [3][Operation
       „Takouba“] ins Leben gerufen und setzt auch seine Fremdenlegion ein. Doch
       zum effektiven Einsatz benötigen die Ausländer kompetente malische
       Begleiter – und für die Gewährleistung dessen steht das BAFS.
       
       Das Spezialbataillon vertritt Mali auch im US-Training für afrikanische
       Spezialkräfte im Rahmen der jährlichen Manöver „Flintlock“: 2019 in Burkina
       Faso, 2020 in Mauretanien. Bei der 2019er Übung stand das malische
       Bataillon, unterwiesen von tschechischen Spezialkräften, im Fokus, wie ein
       [4][Bericht des US-Außenministeriums] ausführt: „Die Tschechen sagten, dass
       sie viel lieber mit motivierten Soldaten wie BAFS zusammenarbeiten als mit
       Soldaten, deren Einstellung gleichgültig ist.“
       
       Auch das Programm „Spirit of America“, in dem US-Veteranen
       US-Auslandseinsätze begleiten können, war dabei. Sein
       Westafrika-Projektleiter Andy Duhon veröffentlichte [5][ein Foto von sich
       mit Goita] und schrieb: „Bei Flintlock konnte ich Oberstleutnant Assimi
       Goita wiedersehen, ein Schlüsselpartner und Freund, an dessen Seite ich
       seit 2016 arbeiten durfte. Zusammen haben wir gewalttätigen Extremismus in
       Mali bekämpft.“
       
       Stationiert ist die BAFS in der Region Mopti in Zentralmali, einer
       besonders von ethnischer Gewalt im Zuge der Bekämpfung islamistischer
       Milizen durch lokale Gegenmilizen betroffenen Gegend. In ihrem jüngsten
       [6][Menschenrechtsbericht wirft die UN-Mission in Mali (Minusma)] den
       malischen Streitkräften in Mopti „Racheakte gegen die Zivilbevölkerung“
       sowie „extralegale Hinrichtungen“ vor, ohne zu präzisieren, welche
       Einheiten verantwortlich seien.
       
       Es wäre verkürzt, Malis Putsch als Staatsstreich der Spezialeinheiten zu
       sehen. Die Putschführer vertreten alle Abteilungen der malischen
       Streitkräfte. Die Armee insgesamt hat gehandelt. Doch indem sie den Chef
       der Spezialkräfte an ihre Spitze setzt, stellt sie klar, dass sie in der
       Terrorbekämpfung ebenso wie in den Staatsgeschäften für größtmögliche
       Effektivität stehen will.
       
       Goita gehört wie auch andere der Putschisten zu jener Generation malischer
       Offiziere, die im Krieg gegen Tuareg-Rebellen 2012 ihre ersten Erfahrungen
       machten. Einem Bericht zufolge wurde er bei der Schlacht von Tessalit, der
       schwersten Niederlage von Malis Armee gegen die Tuareg-Separatisten,
       gefangengenommen. Erst der islamische Führer Imam Dicko habe ihn durch
       Verhandlungen freibekommen. Heute ist Dicko die wichtigste Führungsfigur
       der zivilen Proteste gegen Malis gestürzte Regierung – und Goita führt die
       daraus entstandene Militärregierung.
       
       21 Aug 2020
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Staatsstreich-in-Mali/!5702846&s=Mali/
   DIR [2] http://ekladata.com/vedOQq7QS_h-V7z05QIVNP39EbE.pdf
   DIR [3] https://club.bruxelles2.eu/wp-content/uploads/decl-creation-task-force-takuba@def200327.pdf
   DIR [4] https://www.state.gov/the-interagency-assessment-team-iat-takes-part-in-dod-exercise-flintlock-2019/
   DIR [5] https://spiritofamerica.org/blog/flintlock-2019-helping-us-troops-strengthen-partnerships-across-west-africa
   DIR [6] https://minusma.unmissions.org/sites/default/files/note_trimestrielle_tendances_des_violations_et_abus_de_dh_avril-juin_2020_final_version.pdf
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Dominic Johnson
       
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