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       # taz.de -- Anti-Corona-Protest in Argentinien: Mit Nationalflaggen gegen das Virus
       
       > Auf Argentiniens Straßen richtet sich der Protest gegen die Quarantäne
       > seit 150 Tagen – und die linke Politik von Präsident Alberto Fernández.
       
   IMG Bild: Nach Verlängerung der Coronamaßnahmen protestieren Tausende in Buenos Aires
       
       BUENOS AIRES taz | Das Hellblau und Weiß der argentinischen Nationalflagge
       dominierte am Montag die Straßen von Buenos Aires, als Tausende gegen die
       gemäßigt-linke Regierung von Präsident Alberto Fernández demonstrierten.
       Vor allem Angehörige der Mittel- und Oberschicht waren dem Aufruf in den
       sozialen Medien zum „Flagge zeigen“ gefolgt. Kritisiert wurden dabei die
       Einschränkungen durch [1][die seit über 150 Tage andauernde Quarantäne].
       
       Was die Protestierenden jedoch vor allem einte, war die Furcht, die
       Regierung werde die Pandemie und ihre Folgen für die [2][Durchsetzung einer
       linkspopulistischen Politik] nutzen. Beweis dafür sei die beabsichtigte
       Justizreform, mit der die Regierung die Justiz unterwerfen wolle. „Wenn das
       Vaterland in Gefahr ist, ist alles erlaubt, außer es nicht zu verteidigen“,
       twitterte Patricia Bullrich, die Vorsitzende der konservativen Partei
       [3][des ehemaligen Präsidenten Mauricio Macri]. Bullrich zitierte
       Argentiniens großen Befreiungshelden José de San Martín, dessen 170.
       Todestag auf diesen Montag fiel.
       
       Obwohl die Zahl der täglich gemeldeten Neuinfektionen mit dem Coronavirus
       aktuell so hoch ist wie nie zuvor, schneidet Argentinien im regionalen
       Vergleich noch recht gut ab. Bis Montag waren knapp 300.000 Infektions- und
       5.814 Todesfälle registriert. 217.850 der Infizierten sind wieder genesen.
       Dennoch ist der anfänglich 80-prozentige Rückhalt der Bevölkerung für den
       Präsidenten und seine Maßnahmen inzwischen erheblich geschrumpft.
       
       In der Woche zuvor hatte Präsident Alberto Fernández die Maßnahmen bis zum
       30. August verlängert: Wie bisher tat er es wieder vor laufender Kamera,
       verdeutlichte mit Grafiken und Statistiken die Situation und leitete daraus
       die erlassenen Schritte ab. Durch die Lockerungen beim Transport- und
       Individualverkehr habe sich das Virus vom Zentrum in nahezu alle Landeteile
       ausbreiten können, erklärte Fernández. Die Hauptstadt und ihr Großraum
       seien nicht mehr die alleinigen Hotspots.
       
       ## Ein Impfstoff für Lateinamerika
       
       Für die einen [4][ist Fernández ein guter Kommunikator und Administrator
       der Pandemie]. Für die anderen ein autoritärer Oberlehrer, der ihnen
       Freiheiten entzieht. Ein Großteil der Bevölkerung hält sich schlicht nicht
       mehr an die strikten Vorgaben der Regierung. Deshalb beließ es der
       Präsident bei den schon zuvor erlassenen Lockerungen. Geschlossen oder
       stark eingeschränkt bleibt, wo die Regierung die Regeln auch durchsetzen
       kann: Universitäten, Schulen, Kindergärten, Fernbus- und Flugverkehr,
       Sportstätten und Fitnesscenter sowie jegliche Großveranstaltungen mit
       Publikum.
       
       Erstmals gab Fernández auch Anlass zur Hoffnung: Gemeinsam mit Mexiko werde
       Argentinien mit der [5][Produktion eines Impfstoffs] beginnen, mit dem vor
       allem Lateinamerika versorgt werden soll, kündigte er an. Dabei handelt es
       sich um den Impfstoff, der von der Universität Oxford und dem
       schwedisch-britischen Pharmaunternehmen Astra Zeneca entwickelt wurde.
       
       Von diesem sollen in den ersten Monaten des kommenden Jahres 150 Millionen
       Dosen in Argentinien und Mexiko hergestellt werden. Der Einzelpreis werde
       zwischen 3 und 4 Dollar liegen, erklärte der Präsident.
       
       Flankiert wurde Fernández vor der Kamera wieder vom konservativen
       Hauptstadtbürgermeister Horacio Rodríguez Larreta und dem linken Gouverneur
       der Provinz Buenos Aires, Axel Kicillof. Die beiden sind nicht nur
       zuständig für die Área Metropolitana, in der 16 Millionen der 45 Millionen
       Argentinier leben und die in absoluten Zahlen die meisten Fälle aufweisen.
       
       Sie zeigen auch, dass in Sachen Corona eine parteiunabhängige Allianz der
       verantwortlichen Amtsträger besteht. Er werde sich am Montag an keinerlei
       Protestaktion beteiligen, hatte Horacio Rodríguez Larreta erklärt.
       
       18 Aug 2020
       
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