# taz.de -- Paritätsgesetz in Brandenburg: Mein Laden, meine Leute
> In Brandenburg verhandelt das Verfassungsgericht über das Paritätsgesetz.
> Die Argumente der Quotengegner zeugen von Scheinheiligkeit.
IMG Bild: Parité tut nicht weh, finden die Befürworter:innen
Mal angenommen, die Inhaberin der Lieblingskneipe nebenan wird vom Staat
kurzerhand dazu verpflichtet, 50 Prozent des Personals mit Frauen und 50
Prozent mit Männern zu besetzen − man kann sich ausmalen, dass sie dies als
bevormundenden Akt auffasst, auch wenn sie selbst Parität womöglich sogar
gut findet. Doch es bleibt ein harter Eingriff in das, was man
unternehmerische Freiheit nennt.
Die eigene Freiheit beschränkt, als Opfer staatlicher Schikane − so haben
sich am Donnerstag auch die Beschwerdeführer des [1][Paritégesetzes vor dem
Brandenburger Verfassungsgericht] inszeniert. Die rechtsextreme
Splitterpartei NPD und ihre große etablierte rechtspopulistische Schwester
AfD klagen dort gegen die Frauenquote, die im brandenburgischen
Landeswahlrecht seit Kurzem gilt. Die Pflicht, künftig alle
Listenkandidaten abwechselnd mit Männern und Frauen zu besetzen, geißelten
sie als grobe Verletzung der Parteienfreiheit.
Gewiss, jede Form des staatlichen Eingreifens muss gut begründet sein. In
Sachen [2][Frauenquote] werden im Herbst die Potsdamer Richter entscheiden.
Doch davon abgesehen offenbart diese Argumentation die Bigotterie der
Paritätsgegner. Sie berufen sich auf das hohe Gut der Parteienfreiheit, in
Wahrheit geht es ihnen aber vor allem darum, die Quote unbedingt zu killen,
weil es für ihre Männerclubs – in der AfD ist nicht mal jedes fünfte
Mitglied weiblich – sonst ziemlich düster aussähe. Paritätische Wahllisten
kriegen sie nicht so leicht voll. Womit deren eigene Defizite offengelegt
sind.
Ziemlich treffend ist, was die Rechtsvertreterin der Parité-Regelung am
Donnerstag im Gerichtssaal gesagt hat: „Parteien sind keine Privatvereine.“
Nur: Genau als solche verstehen sich die Quoten-Gegner, als eine Mischung
aus Sportverein und Debattierclub. Mein Laden, meine Leute, meine Satzung,
da will ich mir doch nicht in die Listenaufstellung reinreden lassen. Schon
gar nicht von ganz oben.
## Keine autonom wurschtelnden Gebilde
Doch anders als die Kneipe nebenan sind Parteien nicht irgendwelche
Gebilde, die völlig autonom vor sich hin wurschteln können. Als staatliche
Akteure haben sie einen eindeutigen Partizipationsauftrag, oder, um das
Parteiengesetz zu bemühen: „Sie fördern die Teilnahme von Bürgern am
politischen Leben.“
Idealerweise sorgen sie selbst dafür, dass die Werte, die im Grundgesetz
verankert sind, geschützt respektive gefördert werden. Menschenwürde,
Toleranz, Freiheit. Bei der Geschlechtergerechtigkeit ist bis heute viel
Luft nach oben, wie der Blick in die Parlamente hierzulande zeigt. Darüber
täuschen auch die längst praktizierte paritätische Listenaufstellung von
Grünen und Linken nicht hinweg. Ebenso wenig die [3][CDU], die inzwischen
mit einer parteiinternen Frauenquote liebäugelt. Wenn alle Parteien ihrem
pluralistischen Auftrag gerecht würden, etwa durch freiwillige Quoten,
bräuchte es kein Paritätsgesetz. Und schon gar nicht die scheinheiligen
Verhinderungsversuche seiner Gegner.
21 Aug 2020
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## AUTOREN
DIR Daniel Godeck
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