# taz.de -- Streit ums Grundwasser: Lüneburger gegen Coca-Cola
> Coca-Cola will seine Mineralwasserproduktion in Lüneburg verdoppeln.
> Dagegen regt sich Widerstand.
IMG Bild: Auch für Mineralwasser braucht man Wasser – und das soll aus einem neuen Brunnen kommen
Hannover taz | Es ist der dritte Dürresommer in Folge, in manchen Kommunen
werden die Bürger aufgefordert, Wasser zu sparen, ihre Pools nicht mehr zu
befüllen, ihren Rasen nicht zu sprengen – und in der Nähe von Lüneburg will
[1][Coca-Cola einen dritten Brunnen bauen], um 1.000 Jahre altes
Tiefengrundwasser anzuzapfen, in Plastikflaschen zu füllen und kreuz und
quer durch die Republik zu fahren.
Vor diesem Hintergrund ist es wahrscheinlich kein Wunder, wenn eine
Online-Petition mit dem Titel [2][„Unser Trinkwasser gehört uns – nicht
Coca-Cola“] aus dem Stand heraus 69.000 Unterzeichner findet. Gestartet hat
diese Petition Karina Timmann, Klimaschutzmanagerin in Uelzen, die hier
aber privat agiert, weil sie mit ihrer Familie in Lüneburg lebt. Sie greift
mit der Petition ein Anliegen auf, das die Bürgerinitiative „Unser Wasser“
seit Anfang des Jahres mit wachsender Medienresonanz verficht.
Doch so charmant die Erzählung vom Widerstand gegen den global agierenden
Konzern ist – das Problem ist ein klein wenig komplexer. Das betonen auch
die Gründerinnen der BI, Bettina Schröder-Henning und Cornelia Höllger,
immer wieder: „Es geht nicht nur um Coca-Cola.“ Das Problem sind die
Bestimmungen zur Wasserentnahme, die nicht mehr zeitgemäß seien.
In Lüneburg hat das für einige Verwerfungen gesorgt. Die Coca-Cola-Tochter
Apollinaris Brands hat zunächst einmal eine Probebohrung und einen
Pumpversuch beantragt. Der Lebensmittelkonzern betreibt schon zwei Brunnen
in Lüneburg, aus denen jährlich 350.000 Kubikmeter Wasser für die
Mineralwassermarke Vio, Vio Saftschorlen und Biolimonaden gefördert und
abgefüllt werden.
## Probebohrung oder Fakten schaffen?
Seit einiger Zeit ist Apollinaris auf der Suche nach einem Standort für
einen dritten Brunnen, um die Menge zu verdoppeln. Die Wahl fiel auf Gut
Brockwinkel in der Gemeinde Reppenstedt. Auf das Grundwasservorkommen in
200 Meter Tiefe ist Coca Cola auch deshalb so scharf, weil es uralt und
praktisch frei von menschlicher Kontamination ist. In den Proben finden
sich weder Antibiotika- noch Pestizidrückstände.
Um abschätzen zu können, wie sich die Förderung auf das
Grundwasservorkommen in der Gegend auswirken würde, muss Coca Cola nun
einen Pumpversuch anstrengen. Die Bedingungen unter denen das passiert,
haben aber erst recht für Unmut gesorgt: Um den Betrieb unter realen
Bedingungen abbilden zu können, wird der Brunnen gleich komplett gebaut –
für die Anwohner sieht das nach „Fakten schaffen“ aus.
Das Gutachten, mit dem die Auswirkungen betrachtet werden, muss von Coca
Cola in Auftrag gegeben und bezahlt werden. Und: Das hochgepumpte Wasser,
immerhin 118 Millionen Liter im Laufe von 70 Tagen, wird ungenutzt in einem
nahe gelegenen Wasserlauf „entsorgt“. Weil das Ganze aber eben nur ein
Versuch ist, ist eine Beteiligung der Öffentlichkeit nicht vorgesehen.
Seit die lokale „[3][Landeszeitung]“ davon Wind bekam, reißt die
öffentliche Debatte aber nicht ab. Und die sehr umtriebige Bürgerinitiative
„Unser Wasser“ lässt nichts unversucht, um auf allen zuständigen Ebenen –
Rat, Kreistag, Landtag und Landesregierung – für ein klügeres und
nachhaltigeres Grundwassermanagement zu werben und den Brunnen doch noch zu
verhindern. Für Freitag, 28. August, haben sie in Lüneburg eine große
Demonstration angemeldet – mit eigens bedruckten Regenschirmen als
Corona-Abstandshalter.
23 Aug 2020
## LINKS
DIR [1] /Zukunft-des-Trinkwassers/!5701905&s=Apollinaris/
DIR [2] https://www.change.org/p/l%C3%BCneburg-unser-trinkwasser-geh%C3%B6rt-uns-nicht-coca-cola
DIR [3] https://www.landeszeitung.de/
## AUTOREN
DIR Nadine Conti
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