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       # taz.de -- Maskenpflicht auf Demos: Geisels „ja, aber“
       
       > Der Senat schreibt für größere Demonstrationen künftig Masken vor. Bleibt
       > abzuwarten, wie das durchgesetzt werden wird.
       
   IMG Bild: Geht mit gutem Beispiel voran: Berlins Innensenator Andreas Geisel (SPD)
       
       Wem nutzt ein Mund-Nasen-Schutz in Coronazeiten? Der Chefvirologe der
       Charité, Christian Drosten, hat sich am Dienstag nach langer Pause wieder
       in einem Podcast zu Wort gemeldet und ist dabei zu einem klaren „Ja, aber“
       – oder besser: „Aber ja“ – gekommen: Es gebe zwar Schwächen der
       Alltagsmasken darin, die für die Übertragung des Coronavirus zu verhindern.
       Dennoch könnten sich Menschen mit Masken nicht so schnell infizieren wie
       ohne. Offen bleibt die Frage, wie zentral die Rolle von Aerosolen für die
       Verbreitung des Virus ist.
       
       Innensenator Andreas Geisel (SPD) beantwortet die Maskenfrage – in seinem
       Fall mit Blick auf Demonstrationen – mit einem „Ja, aber“. Der Senat
       verankerte am Dienstag unter anderem auf Geisels Initiative eine Pflicht,
       bei öffentlichen Versammlungen mit mehr als 100 TeilnehmerInnen einen
       Mund-Nasen-Schutz zu tragen. Sollte dabei skandiert oder gesungen werden,
       gilt dies auch für kleinere Zusammenkünfte.
       
       Geisel reagiert damit auf eine massive Polizeipanne bei dem Großauflauf von
       CoronaleugnerInnen und Neonazis am vergangenen Samstag, als es rund 400
       ReichsbürgerInnen und Co. gelang, die Treppe vor dem Reichstag zu stürmen,
       vorbei an Absperrungen und der Polizei. Die Bilder von Rechten mit
       Reichsflaggen gingen um die Welt.
       
       Für den Innensenator war das gleich eine doppelte Niederlage: Er hatte das
       Verbot der Demonstration massiv unterstützt, obwohl er das zwei Wochen
       zuvor im taz-Gespräch noch kategorisch ausgeschlossen hatte. Doch zwei
       Gerichte kassierten das Verbot. Der Aufmarsch verlief dann genauso, wie
       Geisel es erwartet hatte: Niemand hielt sich an die Hygieneauflagen,
       Neonazis und Gewalttäter prägten das Geschehen. Mit der Maskenpflicht
       könnte die Polizei solche Demonstrationen nun früher auflösen; sie müsste
       nicht erst langwierig an die Auflagen erinnern.
       
       Nun kommt das „Aber“ ins Spiel: Es ist fraglich, ob die Polizei – hätte das
       Vermummungsgebot schon gegolten – massiv auf die anfangs friedliche
       Demonstration mit knapp 40.000 TeilnehmerInnen eingewirkt hätte und ob sie
       dafür mit den über den Tag verteilt insgesamt 3.000 eingesetzten
       PolizistInnen überhaupt in der Lage gewesen wäre. Andererseits hat die
       Polizei während der Coronapandemie viele friedliche linke Demonstrationen
       bedrängt, in denen wie selbstverständlich von der großen Mehrheit Masken
       getragen wurden.
       
       Es zeigt sich also: Masken helfen. Aber sie sind eben nur ein Mittel, nicht
       die Lösung. Das gilt auch für den Innensenator und den Umgang mit
       rechtsoffenen Coronademonstrationen. Auch wenn die nächste am 3. Oktober
       geplante von Berlin wegverlegt wurde: Es wird weitere solcher Proteste
       geben. Mal sehen, ob sie verboten werden – und bleiben.
       
       5 Sep 2020
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Bert Schulz
       
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