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       # taz.de -- Verlässt Messi den FC Barcelona?: Fahrstuhl vom Fußballolymp
       
       > Lionel Messis Wechselposse wirft ein grelles Schlaglicht auf den mit
       > Barca verwachsenen Superstar. Kann er auch einen anderen Klub dominieren?
       
   IMG Bild: Träumen von Fußballkarriere: Ein Junge im spanischen Banyoles hat ein großes Vorbild: Messi
       
       Messi ist bekannter als der Papst und Donald Trump. Sein Trikot tragen
       afrikanische Jungs in Guinea und Heranwachsende in Afghanistan. [1][Messi
       ist eine Weltmarke], sein Können eine Small-Talk-Möglichkeit überall auf
       der Welt, selbst im hintersten Winkel. Man braucht nur diese fünf
       Buchstaben zu erwähnen und das Gegenüber wird entweder wissend nicken oder
       den kleinen Argentinier in Worten preisen, die allgemein verständlich sind.
       
       Wenn es eines Beweises bedurfte, dass das ökonomische Prinzip der
       Globalisierung tatsächlich den gesamten Globus erfasst hat, dann braucht
       man nur auf Messi und seine Breitenwirkung zu schauen. Wie passend, dass es
       von Messi dann auch nicht mehr weit zum Messias ist. Er verkörpert
       sozusagen das eschatologische Prinzip auf zwei Beinen und mit
       Stollenschuhen.
       
       Logisch, dass so einer ständig unter Beobachtung steht. Wir wollen ja
       schließlich wissen, was der kickende Heiland so treibt. Derzeit schweigt
       der Mann, der [2][634 Tore für den FC Barcelona] geschossen hat. Er
       schweigt zu seinen Wechselabsichten. Er schweigt zu allem. Er lässt Taten
       sprechen. Messi erschien nicht zu Medizinchecks und zum Training seines
       Klubs, mit dem er symbiotisch verwachsen schien. Der 33-Jährige möchte weg,
       weil er Barca nicht mehr für eine Siegmannschaft hält.
       
       Selbst er mit seinen exzeptionellen Fähigkeiten kann die Blau-Roten aus
       Katalonien, so scheint es, nicht mehr auf ein höheres Niveau heben. Das 2:8
       gegen die Bayern hat vieles verändert, auch Messis Blick auf seinen Klub.
       Wegen seiner Wundertaten haben sich viele Menschen in seinem Umfeld –
       Präsidenten, Trainer und Mitspieler – seinem Willen unterworfen. Man wollte
       den Superstar bei Laune halten, las ihm förmlich die Wünsche von den Lippen
       ab.
       
       ## Gebrochene Übereinkunft
       
       Messi dachte offensichtlich, er könne nach dem üblichen
       Reiz-Reaktions-Schema verfahren: Der Meister verkündet seine
       Wechselabsichten – und alle fügen sich brav. Aber so ist es nicht gekommen.
       Die Übereinkunft – du spielst göttergleich, wir machen vieles möglich – ist
       gebrochen. Messi fährt gerade vom Fußballolymp mit dem Fahrstuhl für
       Normalsterbliche ein paar Etagen tiefer, wo er mit menschlichem Maß
       gemessen wird. Plötzlich ist er unter manchen Barca-Fans sogar verhasst.
       
       Sie nehmen ihm den Treuebruch übel, dabei haben sie ihm in der
       Vergangenheit weit Schlimmeres gnädig verziehen: Steuerhinterziehung und
       Scheinfirmen im Komplex der Panama-Papers. Die Duldsamkeit war groß,
       solange Leo, wie man ihn in Spanien nennt, nur seine Tore schießt. Jetzt
       heizt er immerhin die Spekulationen über seinen Wechsel zu Manchester City
       in die englische Premier League an. Der spanische Boulevard verbeißt sich
       in die Frage: Geht er? Geht er nicht? Darf er ablösefrei gehen? Müsste
       ManCity vielleicht sogar 700 Millionen Euro zahlen?
       
       Und wenn [3][Messis Vater und Manager Jorge ein einziges „Sí“ in ein
       Mikrophon haucht], dann steht die gesamte spanische Sportpresse Kopf, weil
       das ja bedeuten könnte, dass Messi doch in Barcelona bleibt und seinen Ruf
       als Nesthocker bestätigt, der besagt, Messi sei ein One-Club-Player, also
       jemand, der nicht wie seine Superstar-Kollegen Zlatan Ibrahimovic oder
       Ronaldo überall in einem Großklub funktioniert, sondern nur in gewachsenen
       Strukturen.
       
       Wagt er also den Sprung heraus aus der Komfortzone? Wird Messi, der in
       Castelldefels nahe Barcelona eine fürstliche Residenz bewohnt, den
       unbequemen Gang nach England antreten? Oder bleibt er, die weltumspannende
       Supermarke, ein irgendwie kleinbürgerlicher Somewhere, ein „Dagebliebener“?
       Es wäre sozusagen ein Witz der Globalisierung.
       
       4 Sep 2020
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /FC-Barcelona-verliert-Weltfussballer/!5704440
   DIR [2] https://www.youtube.com/watch?v=b9S2up2YGc4&feature=youtu.be&ab_channel=Wouva
   DIR [3] https://www.cuatro.com/deportes/futbol/liga/jorge-messi-reconoce-posibilidad-seguir-barca_18_3005370085.html
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Markus Völker
       
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