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       # taz.de -- Coach über Krise im Eisschnelllauf: „Viel Veränderung nötig“
       
       > Shorttracktrainer Leon Kaufmann-Ludwig erklärt, was trotz einiger
       > Bedenken für Matthias Große als Eisschnelllauf-Präsidenten spricht.
       
   IMG Bild: Bis vor Kurzem Athletensprecher der Shorttracker: Leon Kaufmann-Ludwig 2015 auf der Bahn in Dresden
       
       taz: Herr Kaufmann-Ludwig, am kommenden Freitag wird der umstrittene
       Berliner Immobilienunternehmer Matthias Große mit sehr hoher
       Wahrscheinlichkeit in Frankfurt am Main zum Präsidenten der Deutschen
       Eisschnelllauf-Gemeinschaft gewählt. Wie beurteilen Sie das bisherige,
       recht umfangreiche Maßnahmen-Paket von ihm? 
       
       Leon Kaufmann-Ludwig: Matthias Große hat zum Anfang seiner kommissarischen
       Amtszeit einige für uns Athletensprecher umstrittene, inzwischen aber auch
       einige sinnvolle Entscheidungen getroffen. Gut und wichtig war es, dass er
       sich bald mit den Athleten getroffen und sich ihrer Probleme angenommen
       hat. Es war auch wichtig, dass ich gemeinsam mit Aktivensprecher Moritz
       Geisreiter die Möglichkeit hatte, den offenen und direkten Diskurs mit ihm
       zu starten. Durch die versprochenen Sponsoren werden außerdem künftig
       finanzielle Mittel zur Verfügung stehen, die in den vergangenen Jahren an
       einigen Stellen fehlten und – sofern richtig eingesetzt – jetzt einige
       Türen öffnen können.
       
       Also alles gut? 
       
       [1][Die bisherigen Maßnahmen] sind aus meiner Sicht bisher nur ein Anfang
       der notwendigen Umstrukturierungen und Veränderungen, die wir seit vielen
       Jahren gefordert haben. Daher ist es für mich nun noch zu früh, Bilanz zu
       ziehen.
       
       Sie galten durchaus als Kritiker des neuen, vorsichtig gesagt etwas
       hemdsärmeligen Präsidenten, treten nun aber einen kürzlich ausgeschriebenen
       Posten als Assistenztrainer im Shorttrack an. Wie kam es zu diesem – für
       Außenstehende möglicherweise widersprüchlichen – Schritt? 
       
       Die Gespräche zwischen mir und dem Verband über eine mögliche Anstellung
       als Assistenztrainer sind bereits unmittelbar nach meinem Karriereende im
       Mai dieses Jahres angelaufen, einige Zeit bevor Matthias Große zum
       kommissarischen Präsidenten kooptiert wurde. Diese Gespräche waren schon im
       Mai sehr positiv und sind nun auf dieser Basis mit Matthias Große und
       seiner Generalbevollmächtigten Nadine Seidenglanz weitergeführt und
       erfolgreich abgeschlossen worden. Wir haben in den Gesprächen schnell
       festgestellt, dass wir eine große Übereinstimmung in unseren sportlichen
       Vorstellungen und Zielen sehen und eine Zusammenarbeit daher auf guten
       Füßen stehen kann.
       
       Sie sehen also keinen Widerspruch? 
       
       Nein, für mich ist dieser Schritt per se nicht zwingend widersprüchlich.
       Sportliches und Sportpolitisches sind für mich verschiedene Themen, die
       separat betrachtet werden sollten. Auch wenn Matthias Große und ich bei
       einigen Themen anderer Meinung waren und es möglicherweise weiter sein
       werden, ist es wichtig, sich einem konstruktiven Diskurs zu stellen. Dabei
       haben wir schnell erkannt, dass wir das gleiche übergeordnete Ziel haben –
       [2][die sportliche Lücke zu den Top-Nationen der Welt] zu schließen und den
       deutschen Shorttrack langfristig international konkurrenzfähig zu machen.
       Das war bereits mein Ziel als aktiver Sportler und als Aktivensprecher –
       und das ist es nun auch als Assistenz-Bundestrainer.
       
       Trotz der Bemühungen von Matthias Große, auch Skeptiker mitzunehmen bzw.
       einzubinden: Ordnet sich der Verband nicht auf Gedeih und Verderb einer
       einzigen Person unter? 
       
       Im Sport wird man am Erfolg gemessen. Das gilt für die Aktiven, die Trainer
       und auch für die Funktionäre. Matthias Große ist nach meiner Kenntnis
       bislang der Einzige, der sich bereit erklärt hat, als Präsident zu
       kandidieren. Es ist wahrlich keine dankbare Aufgabe, die Verantwortung in
       diesem Verband zu diesem Zeitpunkt zu übernehmen, daher ist verständlich,
       dass sich nicht viele Leute um diese Aufgabe reißen. Insofern verdient
       seine Kandidatur zunächst mal Respekt. Bei der Wahl wird sich zeigen, ob
       die Mitglieder ihm, seinem Konzept und seinen Versprechungen vertrauen. Ich
       denke, in den kommenden Wochen und Monaten werden noch einige Veränderungen
       auf den Verband zukommen, an denen der Erfolg von Matthias Großes Maßnahmen
       gemessen werden kann. Er wird die Verantwortung dafür übernehmen müssen. So
       oder so.
       
       14 Sep 2020
       
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