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       # taz.de -- Putin trifft Lukaschenko: Milliarde für den Buddy
       
       > Russlands Staatschef Wladimir Putin hat Belarus einen Kredit angeboten.
       > Nun wird gerätselt, welche Zusagen Machthaber Lukaschenko gemacht hat.
       
   IMG Bild: „Lupenreine Demokraten“ unter sich: Lukaschenko und Putin
       
       Mönchengladbach taz | [1][1,2 Milliarden Euro] erhält Alexander Lukaschenko
       von Russland. Und das nur, weil Russlands Staatschef Wladimir Putin einem
       Freund, der Probleme hat, unter die Arme greifen will. Das ist eines der
       wichtigsten Ergebnisse des Treffens der beiden am Montag in Sotschi.
       
       Lukaschenko hatte sich viel Mühe gegeben, seinen Gesprächspartner
       freundlich zu stimmen. Russland sei der große Bruder, mit dem man „in allen
       Fragen“ enger zusammenarbeiten müsse, hatte er erklärt. Putin erinnerte
       seinen Counterpart daran, dass 50 Prozent des belarussischen Warenumsatzes
       aus dem Handel mit Russland komme. Vier Stunden und 20 Minuten hatten die
       beiden konferiert. Ein Hauptanliegen Putins war die von Lukaschenko
       geplante Verfassungsreform.
       
       In den Kreisen in Belarus, die mit der Opposition sympathisieren, ist man
       irritiert, dass die russischen Zusagen öffentlich wurden, die
       belarussischen nicht. „Jetzt weiß Lukaschenko endlich, wie er seine
       [2][Omon-Sonderpolizei] bezahlen kann“, kommentierte die Minsker
       Radioingenieurin Alexandra Kondratiewa das Treffen gegenüber der taz.
       
       „Ansonsten finde ich die ganzen Lobhudeleien Lukaschenkos gegenüber Putin
       geradezu peinlich.“ erzählt sie weiter. „Sogar Putin war das peinlich, der
       hat dabei immer nervös an seiner Krawatte gezupft.“
       
       ## Covid-Impfstoff für Belarus
       
       Sofort nach dem Treffen der beiden Staatschefs hatte Putin angekündigt,
       Belarus Impfstoff gegen Covid19 zukommen zu lassen.„Ich habe das Gefühl,
       mit der laxen Haltung gegenüber der Covid19-Bedrohung ist es nach Sotschi
       vorbei. Und so ganz nebenbei wird man, angeblich wegen der Pandemie, noch
       härter gegen die Demonstrationen vorgehen“, so die Ingenieurin.
       
       Gegenüber dem ukrainischen Dienst der BBC erinnert der Politologe Jurij
       Tschaussow an ein Treffen von Lukaschenko mit dem früheren russischen
       Präsidenten Boris Jelzin. Jelzin hatte Lukaschenko Schulden erlassen und
       die kostenlose Nutzung zweier russischer Militärstützpunkte zugesagt
       bekommen. Tatsächlich läuft diese Zusicherung 2021 aus. Tschaussow glaubt,
       dass Lukaschenko nun Putin ein ähnliches Angebot gemacht haben könnte.
       
       Maxim Samorukow vom Carnegie-Institut findet es gegenüber dem
       belarussischen Portal tut.by erstaunlich, wie wichtig dem Kreml eine
       Verfassungsreform in Belarus sei. Diese sehe zwar eine Beschränkung von
       Lukaschenkos Vollmachten und mehr Macht für Parlament und Regierung vor,
       sei aber nicht als Schritt zu einer Demokratisierung geplant.
       
       Und außerdem müsse sich Belarus bei dieser Reform mit Russland abstimmen.
       Letztendlich sei es Moskau nicht wichtig, wer in Belarus Chef sei. Wichtig
       sei nur, das Belarus weiterhin Satellit bleibe.
       
       ## Wieder frei
       
       Unterdessen wurden am Montag die TV-Journalisten Denis Dudinski und Dmitri
       Kochno nach einer 12-tägigen Arreststrafe freigelassen. Am selben Tag
       wurden in Gomel die Journalistinnen Marina Drobyschewskaja und Jewgenija
       Merkisa festgenommen.
       
       „Wir brauchen unsere Journalistinnen auch nicht mehr“ kommentiert die
       Lehrerin Sveta sarkastisch. „Jetzt wird unser Fernsehen ja von russischen
       Journalistinnen beherrscht.“ Diese hätten Moskauer Akzent, was sie unter
       anderem an einer stärkeren Betonung des „o“ erkenne.
       
       Doch mit der weitgehenden Übernahme des staatlichen Fernsehens durch
       russische Journalistinnen erreiche die Macht das Gegenteil. „Auf dem Dorf
       meiner Eltern, wo man immer nur das staatliche weißrussische Fernsehen
       sieht, kommt das nicht gut an“, so die Lehrerin. Ebenfalls am Montag wurde
       Konstantin Titow vom Koordinierungsrat verhaftet, berichtet das Portal
       naviny.by.
       
       Auch am Montag gab es Proteste. Hunderte von Studierenden der
       Belarussischen Universität für Transportwesen waren in rot-weißer Kleidung
       zu den Vorlesungen erschienen, um gegen die Festnahme des Historikers
       Jewgeni Malikow zu protestieren. In Schodino gingen Dutzende Frauen auf die
       Straße. Ein Milizionär hatte eine Demonstrantin so hart geschlagen, dass
       diese gestürzt war.
       
       15 Sep 2020
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Bernhard Clasen
       
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   DIR Swetlana Alexijewitsch
       
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