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       # taz.de -- Steuerausfälle in Hamburg: Lange Jahre der Dürre
       
       > Die Hamburger Steuereinnahmen brechen 2020 zwar nicht so stark wie
       > befürchtet ein, aber dafür hält die Einnahmekrise länger an.
       
   IMG Bild: Muss Durchhalteparolen ausgeben: Hamburgs Finanzsenator Andreas Dressel (SPD)
       
       Hamburg taz | Die Steuerausfälle, die Hamburg coronabedingt verkraften
       muss, sind wesentlich höher als bislang erwartet. Zwar muss die Stadt im
       laufenden Jahr weniger Einnahmeeinbußen hinnehmen, als noch in der
       [1][Mai-Steuerschätzung] prognostiziert, dafür dauert die Steuerflaute viel
       länger als erwartet an. Die geschätzten Steuerausfälle für die fünf Jahre
       2020 bis 2024 belaufen sich auf insgesamt 4,9 Milliarden Euro, teilte
       [2][Finanzsenator Andreas Dressel] (SPD) am Dienstag in Hamburg mit.
       
       „Der Einbruch in 2020 fällt zwar etwas weniger dramatisch aus, dafür sind
       die Einschnitte in den Jahren 2021 bis 2023 tiefer als bislang angenommen“,
       erklärte der Finanzsenator und fügte hinzu: „Corona wird in der
       Finanzplanung unserer Stadt viele Jahre gravierende Spuren hinterlassen.“
       2019 verbuchte Hamburg noch Steuereinnahmen in der Höhe von 12,9 Milliarden
       Euro. Im laufenden Jahr werden nur noch etwa 11,3 Milliarden Euro in das
       Stadtsäckel gespült. Und selbst 2023 wird das Steuervolumen von 2019 noch
       nicht wieder erreicht sein.
       
       Zwar fällt die Schätzung für das laufende Jahr um 343 Millionen Euro besser
       aus als noch im Mai, doch nimmt Hamburg von 2021 bis 2023 voraussichtlich
       600 Millionen Euro weniger Steuern ein, als noch im Frühjahr
       prognostiziert. „Die heutigen Zahlen sind eine schwere Hypothek für die
       Aufstellung des Haushalts 2021/22“, prophezeit der Finanzsenator.
       
       Dazu komme, dass die Länder und Kommunen obendrauf noch durch
       Steuerrechtsänderungen und Bundesgesetze belastet würden – vor allem durch
       das [3][Familienentlastungsgesetz], das Hamburg ab 2022 jährlich etwa eine
       Viertelmilliarde Euro abverlangen wird. Dieses Geld ist in der aktuellen
       Steuerschätzung noch nicht eingepreist.
       
       ## Erst 2024 werden die Steuern den alten Stand erreichen
       
       Die Mindereinnahmen sollen weniger durch Einsparungen als durch
       Zusatzkredite kompensiert werden. Um das zu ermöglichen, wird der Senat die
       Haushaltsnotlage, in der die Schuldenbremse ausgebremst werden darf, bis
       2022 verlängern und so die Aufnahme von weiteren 1,5 Milliarden Euro
       Schulden ermöglichen. Sehr zum Ärger des Bundes der Steuerzahler, der dem
       Senat vorwirft, er würde damit „die Geld-Schleusen öffnen, als gäbe es kein
       Morgen“.
       
       Während die CDU in die gleiche Kerbe schlägt und es als „falschen Weg“
       bezeichnet, „die Schuldenbremse offen in Frage zu stellen und neue Kredite
       in Rekordhöhe aufzunehmen“, findet die Linkspartei es richtig, Staatsknete
       in Konjunkturmaßnahmen zu pumpen. Allerdings müssten die Besserverdienenden
       zur Kasse gebeten werden, um das zu finanzieren.
       
       Teil eines solchen Konjunkturprogramms ist der „Hamburger
       Stabilisierungs-Fonds“, dessen Auflage der Senat am Dienstag beschlossen
       hat. Mit einem Gesamtvolumen von einer Milliarde Euro sollen
       mittelständische Unternehmen der Stadt gestützt werden, die durch Corona in
       die Krise geraten sind. Zwei Maßnahmen stehen dabei im Vordergrund:
       Bürgschaften und sogenannte „stille Beteiligungen“, bei denen der Staat
       sich in das Unternehmen für eine Zeitlang einkauft, ohne in Folge Einfluss
       auf die unternehmerischen Entscheidungen zu nehmen.
       
       Profitieren können davon Unternehmen mit 50 bis 250 Beschäftigten und einem
       Jahresumsatz zwischen 10 und 50 Millionen Euro. Das trifft laut
       Wirtschaftssenator Michael Westhagemann (parteilos) auf etwa 1.000
       Unternehmen in Hamburg zu, von denen sich voraussichtlich 50 bis 100 für
       diese Form der Unterstützung interessieren dürften. Wichtig dabei: Firmen,
       die schon vor der Pandemie ins Straucheln gerieten, sollen nicht gefördert
       werden.
       
       16 Sep 2020
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.hamburg.de/pressearchiv-fhh/13938994/2020-05-26-fb-hamburger-mai-steuerschaetzung-2020/
   DIR [2] /Kronprinz-verzichtet-auf-Scholz-Nachfolge/!5487844/
   DIR [3] /Geschenke-fuer-die-Mittelschicht/!5513776/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Marco Carini
       
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