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       # taz.de -- Angst um usbekischen Journalisten: Bedrohliche Abschiebung
       
       > Bobomurod Abdullaev wird von Kirgisien nach Usbekistan ausgeliefert.
       > Nicht zum ersten Mal droht ihm Haft wegen angeblicher Umsturzversuche.
       
   IMG Bild: Bobomurod Abdullaev während seines Aufenthalts in Deutschland
       
       Berlin taz | Für Bobomurod Abdullaev ist es ein Alptraum: Vor wenigen Tagen
       wurde der usbekische Journalist von kirgisischen Behörden nach einem
       entsprechenden Begehren an sein Heimatland ausgeliefert. Das kirgisische
       Komitee für nationale Sicherheit (GKNB) teilte mit, es habe von usbekischer
       Seite die Zusicherung erhalten, dass Abdullaev nicht misshandelt werde.
       
       Der 47-jährige [1][war am 9. August in der kirgisischen Hauptstadt Bischkek
       festgenommen worden]. Einen Tag später entschied ein Gericht, dass er bis
       zum 8. September in Gewahrsam bleiben müsse. Solange dauere es, das
       Auslieferungsgesuch zu prüfen. Nach Angaben seiner Anwälte hätten sie
       während Abdullaevs Isolationshaft keinen Zugang zu ihrem Mandanten
       erhalten. Zur Begründung habe es geheißen, die Quarantäne-Regeln während
       der Corona-Pandemie ließen dies nicht zu.
       
       In Usbekistan wird gegen Abdullaev, der derzeit noch auf freiem Fuss ist,
       das Land aber nicht verlassen darf, wegen „Angriffen auf den Präsidenten“
       sowie „Angriffen auf die verfassungsrechtliche Ordnung Usbekistans“
       strafrechtlich ermittelt. Im Fall einer Verurteilung drohen ihm bis zu 20
       Jahre Haft.
       
       Möglicherweise stehen die Ermittlungen in Zusammenhang mit einer Reihe
       kritischer Artikel über Usbekistans Präsidenten Shavkat Mirzijojew und
       dessen Politik, die Abdullaev für den Telegram-Kanal Qora Mergan verfasst
       haben soll. Abdullaev betreitet dies, genauso wie Qora Mergan. Mtarbeiter
       des Kanals erklärten, in keinerlei Beziehung zu dem Journalisten zu stehen.
       
       ## Erfahrung mit Folter
       
       Abdullaev ist den usbekischen Behörden schon seit längerem ein Dorn im
       Auge. So wurde die unabhängige Nachrichtenseite Ozod Ovoz (Freie Stimme),
       die er gegründet hatte, 2005 geschlossen.Unter dem Pseudonym Usman
       Chaknazarow schrieb er über ein Jahrzehnt gegen illegale Waffengeschäfte
       und Korruption sowie massive Repressionen gegen die politische Opposition
       und Religionsvertreter unter dem damaligen autoritären Präsidenten Islam
       Karimow an.
       
       2017 flog sein Pseudonym auf und Abdullaev wurde festgenommen. Der Vorwurf
       lautete auf Versuch eines gewaltsamen Umsturzes der Verfassungsordnung
       Usbekistans. Während seiner fast achtmonatigen Untersuchungshaft wurde
       Abdullaev gefoltert. Unter den Folgen leidet er heute noch.
       
       Im Mai 2018 erging die Gerichtsentscheidung: Wegen des Versuchs, über
       Medien einen Regierungssturz herbeizuführen, wurde Abdullaev dazu
       verurteilt, drei Jahre lang 20 Prozent seines Einkommens an den Staat zu
       zahlen. Das Gefängnis durfte er verlassen.
       
       Im Herbst vergangenen Jahres erhielt er ein dreimonatiges Stipendium in
       Berlin, das unter anderem die Nichtregierungsorganisation Reporter ohne
       Grenzen (RoG) sowie die taz Panter-Stiftung ermöglicht hatten. Im Anschluss
       reiste er via Kasachstan nach Kirgisien, wo er ein Training an der
       Amerikanischen Universität in Zentralasien (AUCA) absolvierte. Der Ausbruch
       von Covid-19 verhinderte eine Weiterreise nach Usbekistan.
       
       Dass sich Usbekistan an seine Zusicherung halten wird, glaubt keiner der
       Menschenrechtsaktivisten. „Das Risiko, dass Abdullaev erneut gefoltert
       wird, wenn er er nach Usbekistan geschickt wird, ist sehr hoch“, sagte
       Nadeschda Atajewa, Präsidentin des Vereins für Menschenrechte in
       Zentralasien. RoG forderte die usbekischen Behörden auf, alle
       Anschuldigungen gegen Abdullajew sofort fallen zu lassen und ihm die
       sichere Ausreise nach Deutschland zu ermöglichen. „Wir befürchten, dass
       unser Stipendiat erneut verhaftet werden könnte, sobald die internationale
       Aufmerksamkeit für den Fall nachlässt“, sagte RoG-Geschäftsführer Christian
       Mihr. Seine Organisation hat Abdullaev bereits ein weiteres Stipendium
       angeboten.
       
       Die Ängste sind begründet. Obwohl sich [2][Präsident Shavkat Mirzijojew],
       der 2016 an die Macht kam, gern als Reformer geriert, sind unabhängige
       [3][Medien nach wie vor erheblichem Druck ausgesetzt]. Im vergangenen Juli
       wurden drei Journalisten mehrere Stunden lang verhört. Sie hatten über
       ihren Social Media-Account Informationen von einer Webseite über den
       angeblichen Tod eines Lokalpolitikers geteilt. Wenige Tage später starb der
       Mann tatsächlich.
       
       26 Aug 2020
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Journalist-Bobomurod-Abdullaev-in-Haft/!5702122
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   DIR [3] /Pressefreiheit-in-Usbekistan/!5659015
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Barbara Oertel
       
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