# taz.de -- Mercosur-Abkommen und Europäische Union: Berlin setzt auf Verfahrenstricks
> Das EU-Handelsabkommen mit den Mercosur-Staaten steht wegen der
> Brandrodung im Amazonasgebiet vor dem Aus. Die Regierung hält dennoch
> daran fest.
IMG Bild: Eine Vieherde in dem duch Waldbrände zerstörten Regenwald in Brasilien
Brüssel taz | Die Bundesregierung hält sich eine Hintertür für die Rettung
[1][des umstrittenen EU-Handelsabkommens mit den Mercosur-Staaten] offen.
Der Deal könne in mehrere Teile aufgesplittet werden, heißt es in der
Antwort des Bundeswirtschaftsministeriums auf eine Anfrage der Grünen. Dies
würde die Ratifizierung erleichtern.
Bisher steckt der Mercosur-Deal, der aus einem Freihandelsvertrag und einem
Assoziierungsabkommen besteht, im EU-Ministerrat fest. Mehrere EU-Staaten –
darunter Frankreich, Österreich und Irland – haben erklärt, dass sie die
Vereinbarung so nicht mittragen werden. Die Bundesregierung hat den Deal
dagegen zum Schwerpunkt ihrer sechsmonatigen EU-Ratspräsidentschaft
erklärt. Für einen Abschluss braucht es jedoch Einstimmigkeit.
Deshalb wird in der EU-Kommission und beim deutschen EU-Vorsitz über
mögliche Alternativen nachgedacht – etwa eine Aufspaltung in zwei Teile,
die dann jeweils mit qualifizierter Mehrheit verabschiedet werden könnten.
Genau diese Hintertür will sich offenbar auch Bundeswirtschaftsminister
Peter Altmaier offenhalten.
„Falls Überlegungen nach einer Trennung des EU-Mercosur-Abkommens in die
Gremien eingebracht werden sollten, wird die Bundesregierung diese im
Rahmen ihrer neutralen Rolle als EU-Ratspräsidentschaft mit den
Mitgliedstaaten diskutieren.“ Mit diesen Worten beantwortete Altmaier eine
Anfrage der grünen Bundestagsabgeordneten Franziska Brantner.
## Merkel widerspricht sich selbst
Wie genau die Trennung aussehen soll und wer sie vorschlagen könnte, ließ
das Ministerium offen. Unklar ist auch, wie Altmaiers Antwort zu der
Aussage von Bundeskanzlerin Angela Merkel passt, das Mercosur-Abkommen sei
kaum noch zu retten. Die Kanzlerin habe [2][angesichts der Abholzung im
Amazonasgebiet] „erhebliche Zweifel“ an der Umsetzung des Abkommens,
erklärte Regierungssprecher Peter Seibert in der vergangenen Woche, nachdem
Merkel sich mit Greta Thunberg und anderen Klimaktivistinnen getroffen
hatte.
Die Grünen kritisieren nun die widersprüchlichen Aussagen aus Berlin. „Frau
Merkel kann nicht gegenüber Greta Thunberg internationalen Klimaschutz
versprechen und dann durch Verfahrenstricks das klimaschädliche
Mercosur-Abkommen doch noch durchdrücken“, sagte Brantner der taz.
Dies wäre auch ein „politischer Affront gegenüber Frankreich“, das bereits
mit einem Veto gedroht hat. Auf Unverständnis stößt der Vorstoß auch im
Europaparlament. Altmaier stehe „allein auf weiter Flur“, sagte der
Vorsitzende des Handelsausschusses, Bernd Lange. Der Mercosur-Deal gehöre
in den „Kühlschrank“, solange Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro gegen die
Klimaregeln verstoße. Eine Aufspaltung des Abkommens sei mit dem
Europaparlament nicht zu machen, so Lange.
Der Mercosur-Deal war im Juni 2019 kurz vereinbart worden. Der
Handelsrahmen ist Teil eines Assoziierungsabkommens zwischen der EU und den
vier Mercosur-Staaten Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay. Derzeit
wird der Text noch geschliffen und juristisch geprüft. Ende Oktober könnte
er dann zur Verabschiedung in den Rat gehen. Damit der Deal in Kraft tritt,
muss das Europaparlament noch zustimmen. Dies sei aber nur denkbar, wenn
Brasilien die Vereinbarungen zum Klimaschutz einhält, so Lange. Dazu müsse
das Abkommen um eine politische Erklärung und einen Sanktionsmechanismus
ergänzt werden.
28 Aug 2020
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## AUTOREN
DIR Eric Bonse
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