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       # taz.de -- Linken-Parteivorsitzende tritt nicht mehr an: Kipping gibt Vorsitz ab
       
       > Die Vorsitzende der Linkspartei will in Erfurt nicht erneut als
       > Parteichefin antreten. Die Entscheidung sei ihr leicht gefallen.
       
   IMG Bild: Katja Kipping beim Start der Sommertour durch Sachsen am Dienstag in Chemnitz
       
       Berlin taz | Nach acht Jahren als Parteivorsitzende der Linken will Katja
       Kipping den Chefposten abgeben. „Heute mache ich transparent, dass ich bis
       zum Parteitag voll Leidenschaft als Parteivorsitzende tätig bin, doch in
       Erfurt nicht erneut als Parteivorsitzende kandidiere“, schreibt Kipping in
       einer Erklärung an ihre Genoss:innen und Freund:innen, die der taz
       vorliegt.
       
       Sie gebe das Amt aus Respekt vor der innerparteilichen Demokratie ab, so
       Kipping. Jedes Amt sei auf Zeit – „und das ist auch gut so.“ Laut
       Parteisatzung der Linken soll kein Amt länger als acht Jahre durch dasselbe
       Mitglied ausgeübt werden.
       
       Die Entscheidung falle ihr auch deshalb leicht, schreibt Kipping, „da wir
       in unserer Partei kluge Genoss*innen haben, die Vorsitz können. Es ist gut,
       wenn das Projekt einer modernen sozialistischen Partei auf mehr Schultern
       verteilt wird.“
       
       Zukünftig wolle sie verstärkt in der Gesellschaft Brücken bauen für einen
       sozial-ökologischen Aufbruch, für neue linke Mehrheiten, erklärt Kipping.
       „In welcher Position ich dies tun werde, darüber wird zu einem späteren
       Zeitpunkt zu sprechen sein.“
       
       ## Linke muss gewinnen wollen
       
       In ihrer Erklärung wirbt Kipping dafür, ein (Mit-)Regierung auch im Bund zu
       wagen. Es gebe bei der nächsten Bundestagswahl ein historisches
       Möglichkeitsfenster, schreibt sie und fordert ihre Genoss:innen auf: „Es
       gilt gewinnen zu wollen und die Konservativen herauszufordern.“ Dazu gelte
       es jetzt Gemeinsamkeiten mit potentiellen Bündnispartner*innen
       herauszuarbeiten.
       
       Das bedeutet die Linke müsste sich auf die oft geschmähte SPD und die
       Grünen einlassen. Ihre Partei sieht die scheidende Vorsitzende gereift und
       bereit dafür. „Wir sind weder eine reine Protestpartei, noch einfach
       Mehrheitsbeschafferin für Rot-Grün“, schreibt Kipping. Ihre Partei sei
       inzwischen eine Zukunftspartei mit inhaltlichem Führungsanspruch. Man sei
       mittlerweile selbstbewusst genug, sich nicht mehr an anderen Parteien
       abarbeiten zu müssen, so Kipping. „Für mich sind das Kämpfe der
       Vergangenheit.“
       
       Kipping war auf dem Göttinger Parteitag 2012 erstmals zur
       Parteivorsitzenden gewählt worden. Seitdem führt sie die Linke zusammen mit
       Bernd Riexinger, der damals, für viele völlig überraschend, vom linken
       Parteiflügel ins Spitzenamt bugsiert wurde.
       
       ## Viele hatten erneute Kandidatur erwartet
       
       Die vergangenen Jahre waren überschattet von innerparteilichen Kämpfen
       zwischen den Unterstützern Kippings und Riexingers und den Anhängern der
       eigenwilligen Ex-Fraktionsvorsitzenden Sahra Wagenknecht. Neben
       persönlichen Reibereien ging es vor allem um die Frage, welchen Kurs die
       Linke in der Migrations- und Flüchtlingspolitik einschlägt und damit
       verbunden, welchen Milieus sie sich zuwendet und welchen Charakter sie
       ausstrahlt. Will man lieber Bionadetrinker oder Bockwurstesser begeistern,
       soll man regieren oder besser opponieren.
       
       Erst der Rückzug Wagenknechts aus ihrem Amt als Fraktionsvorsitzende
       befriedete die Stimmung zwischen den Lagern. Seitdem agiert Kipping
       befreiter, sie knüpfte die Bande zur neuen Fraktionsvorsitzenden Amira
       Mohamed Ali und zum Lager der Reformer von Ko-Fraktionschef Dietmar Bartsch
       neu. Sie setzte Themen und drang damit durch, wie zuletzt die Forderung
       nach einer Vier-Tage-Woche. Auch deshalb hatten wohl viele erwartet sie
       würde erneut kandidieren.
       
       28 Aug 2020
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Anna Lehmann
       
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