# taz.de -- Coronaleugner in Berlin: Gegenprotest stößt an Grenzen
> Rund tausend Menschen stellten sich am Samstag den Coronaleugner*innen
> entgegen. Andere versuchen es mit „kontaktloser Positionierung“.
IMG Bild: An den Treppen zum Reichstag ist es wieder ruhig
Berlin taz | Die „Omas gegen Rechts“ aus Hamburg – sie kamen am vergangenen
Samstag nicht zum Gegenprotest anlässlich der Demo gegen Coronamaßnahmen
nach Berlin. Zu groß sei das Ansteckungsrisiko für die älteren Frauen
gewesen, hieß es in dem Grußwort von „Oma Maya“ aus Hamburg-Süd, das eine
ältere Dame aus Berlin stellvertretend verlas. „Wir danken euch für euren
Mut, euch heute dem Mob entgegen auf die Straße zu stellen“, hallte es über
den Bebelplatz im Berlin-Mitte, wo sich etwa 1.000 Gegendemonstrant*innen
versammelt hatten. „Das ist ein wichtiges Zeichen.“
Das Statement beschreibt das Dilemma, in dem sich antifaschistische Gruppen
gerade befinden, denn nicht nur Berufspolitik und Polizei haben
Schwierigkeiten, mit den „Coronademos“ umzugehen. Auch die weitaus
ressourcenschwächeren zivilgesellschaftlichen Initiativen Berlins, die seit
Beginn der Proteste im April den Gegenprotest organisieren, geraten an ihre
Grenzen.
Während die rechte Mobilisierung in die Hauptstadt anhält, sind die
Bedingungen für den Gegenprotest nach wie vor schwierig. Denn Bündnisse wie
„Aufstehen gegen Rassismus“ wollen sich in der Pandemie verantwortlich
zeigen und Covid-19-Risikogruppen schützen, gerade deshalb verzichten sie
auf bundesweite Aufrufe zu Gegendemonstrationen. Vielmehr erproben die
engagierten Berliner*innen vermehrt die „kontaktlose Positionierung“, etwa
durch Banner im öffentlichen Raum und Kampagnen in den sozialen Medien.
Am Samstag bewiesen die Bündnisse „Omas gegen Rechts“, „Aufstehen gegen
Rassismus“, Einzelpersonen und Linksautonome jedoch auch, dass
verantwortungsvoller Gegenprotest vor Ort möglich ist.
Vorbereitungen auf den 3. Oktober
Denn wer auf den Bebelplatz in Berlin-Mitte wollte, konnte dies nur mit
einem Mund-Nasen-Schutz tun – dafür sorgten die Ordner*innen. Auch wurde in
den zahlreichen Redebeiträgen die Maske als politisches Symbol für den
„Abstand gegen rechts“ erklärt. Regelmäßig wurde zudem auf den gebotenen
Abstand hingewiesen, auch trugen viele Teilnehmer*innen zwei Meter lange
rot-weiße Bänder an den Handgelenken, um das richtige Maß an Abstand zu
demonstrieren. Ausreichend Platz für die etwa 1.000 Demonstrierenden gab
es.
Ursprünglich sollte diese zentrale Gegenkundgebung vor dem Denkmal für die
im Nationalsozialismus ermordeten Sinti und Roma Europas gegenüber dem
Reichstagsgebäude stattfinden. Eine unklare Sicherheitslage und
Polizeitaktik hatten aber zu der Entscheidung geführt, stattdessen am
Bebelplatz zu demonstrieren. Auch Drohungen von Nazis und
Verschwörungstheoretiker*innen, die Kundgebung am Denkmal zu überfallen,
hätten zu dieser Entscheidung geführt, sagt Ulf Balmer von der Plattform
„Berlin gegen Nazis“. Die Ereignisse am Reichstag zeigten, das die Sorge
begründet gewesen sei.
Dennoch: „Im Gegensatz zum Aufmarsch am 1. August mussten sich die
Gegendemonstrant*innen diesmal nicht gedemütigt fühlen“, erklärt
Balmer der taz. „Auch wenn die Initiativen sich bewusst gegen einen
Überbietungswettbewerb mit den Rechten entschieden haben, war der
Gegenprotest diesmal deutlich sichtbar.“ Auch kleine linke Spontan- und
Fahrraddemonstrationen habe es an verschiedenen Punkten in der Stadt
gegeben, in Prenzlauer Berg etwa.
Am 3. Oktober, so Balmer, stehe der nächste Gegenprotest an. Und am
kommenden Freitag schon treffen sich die „Omas gegen Rechts“ zu ihrer
monatlichen Mahnwache am Alexanderplatz. Unermüdlich.
31 Aug 2020
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DIR Stefan Hunglinger
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