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       # taz.de -- Fünf Annäherungen an Teig: Kampf und Krampf mit dem Mampf
       
       > Einen Teig gut zuzubereiten gehört zu den Königsdisziplinen in der Küche.
       > Fünf taz-Teigexpert:innen über die Gos und No-Gos beim Backen.
       
   IMG Bild: So wird ein Teig draus!
       
       ## Das Maismehlmonster
       
       Kürzlich begegnete ich meinem Küchenendgegner. Ich hatte nur kolumbianische
       Empanadas machen wollen – mit goldgelbem, knusprigem Teig, ein
       Erinnerungssnack an meine jüngste Reise. Ich ließ mir Ratschläge von
       unserer Kolumbienkorrespondentin geben, kaufte spezielles Mehl aus gelbem
       vorgekochtem Mais, bereitete eine unauthentische Füllung aus Kartoffeln,
       Frühlingszwiebeln und schwarz fermentiertem Knoblauch vor.
       
       Doch als ich den Teig nach dem sehr einfachen Rezept (Maismehl, etwas Salz,
       dazu etwas Öl und Wasser) angerührt hatte, erschien er mir zu flüssig. Ich
       gab also mehr Maismehl dazu. Nachdem die Pampe etwas gestanden hatte,
       erschien sie mir wiederum zu fest. Ich gab also mehr Wasser dazu. Leider
       machte das den Teig wieder zu flüssig, also wieder Maismehl. So ging das
       die ganze Zeit munter weiter.
       
       Am Ende hatte ich ein Monster erschaffen: eine riesige Menge
       Maismehlschmodder, klebrig wie Kleister und zugleich... bröckelig. Die
       Teigmasse pappte an den Händen, sie klebte beim Ausrollen an der zur Hilfe
       genommenen Frischhaltefolie fest – und bröselte gleichsam auseinander,
       sobald ich sie befüllt in die Halbmondform einer Empanada brachte.
       Schwitzend dengelte ich kleine Teigpacken zusammen, fluchend warf ich sie
       ins heiße Fett, es war ein bisschen wie beim Bleigießen: Man brauchte viel
       Fantasie, um in den Gebilden eine Form zu erkennen.
       
       Für einen erneuten Kampf mit Empanada-Teig sammle ich derzeit noch Mut. Eva
       Oer
       
       ## Gut gebuttert
       
       Die Iren sind eine Nation der Keksesser und Weißbrotkonsumenten. Das war
       mein erster Eindruck, als ich Mitte der siebziger Jahre zum ersten Mal auf
       die Grüne Insel reiste. Daran hat sich bis heute nichts geändert, in den
       Geschäften sind noch immer ganze Wände aus Gummibroten aufgestapelt.
       Erleichtert fand ich damals in einem kleinen Ort an der Westküste einen
       deutschen Bäcker. Die Freude währte nur kurz. Der Bäcker war unfreundlich,
       und das Angebot unterschied sich nur marginal von dem in den Supermärkten.
       
       Inzwischen sind zwar auch andere Brotsorten aufgetaucht, aber das Angebot
       ist recht überschaubar. Vielleicht liegt es daran, dass irisches Mehl
       aufgrund des Klimas von nicht sehr hoher Qualität und für lockere Teigwaren
       eher ungeeignet ist. Aber für Sodabrot ist es ideal. Und es ist sehr
       einfach zu backen.
       
       Man benötigt 500 Gramm Mehl, einen halben Liter Buttermilch, drei Esslöffel
       Zucker, einen Teelöffel Natriumbikarbonat, einen Teelöffel Salz und 70
       Gramm Butter. Man mischt alles zusammen, knetet den Teig und formt ihn zu
       einem Laib. Dann schneidet man mit einem scharfen Messer oben ein Kreuz
       hinein. Das ist wichtig, weil dadurch die Feen entkommen können. Außerdem
       wird die Mitte des Brots gleichmäßiger gebacken.
       
       Manche Menschen ersetzen die Buttermilch durch Guinness, aber das sollte
       man lieber trinken, wenn man das Sodabrot mit Country-Butter bestrichen und
       mit irischem Räucherlachs belegt hat. „Eine im Himmel gestiftete Ehe“,
       lautet das passende Sprichwort. Wer braucht da noch Weißbrot? Ralf
       Sotscheck
       
       ## Magie in der Pfanne
       
       Pfannkuchenteig hat etwas Magisches. Ein paar Zutaten in die Schüssel,
       verrühren, in die heiße Pfanne und – Hokuspokus – ist da das wohl beste
       Frühstück der Welt. Ich backe gern Pfannkuchen, weil sie im Gegensatz zu
       Croissants schnell zu Hause zu machen sind und mit Schokolade und Banane
       eine Menge Energie in den Tag pushen. Das Rezept dafür ist schön simpel.
       Und im Laufe der Jahre habe ich gelernt, dass es viel weniger braucht, als
       manche denken.
       
       Früher habe ich zum Beispiel Eier in den Teig gegeben. Aber: Man braucht
       für gute Pfannkuchen keine Eier, weswegen der in manchen Gegenden
       gebräuchliche Begriff „Eierkuchen“ – sorry, Berlin – Quatsch ist. Man
       braucht auch kein Backpulver, wie es in manchen Rezepten steht.
       
       Man nehme 150 g Mehl, [1][200 ml Hafermilch], 100 ml Wasser und eine Prise
       Salz. Umrühren, ein bisschen Öl in die Pfanne, fertig. Der Teig ergibt etwa
       vier große Pfannkuchen und ist beliebig skalierbar. Mit Sprudelwasser wird
       alles ein bisschen fluffiger. Und ganz ehrlich: Es geht auch nur mit
       Wasser, ohne Hafermilch. Mehl, Wasser, umrühren. Und dann kommt die Magie.
       Sebastian Erb
       
       ## Geheimnisvoller Boden
       
       „Die Schokosahne oben kannst du haben, ich ess das unten drunter.“ Diesen
       Satz sage ich jedes Mal zu dem Mann an meiner Seite, wenn ich mit einem
       Stück Schokotorte in die Tür trete. Er will die Sahne aber auch nicht,
       bleibt sie eben liegen. Denn der Clou an dieser französischen Schokotorte
       ist der Boden: ein knusprig-nougatartiges Etwas, leicht wie ein lockerer
       Keks, karamell-nussig wie eine Schweizer Praline.
       
       Diesen Nougat-Krokant-Boden – leider immer mit der Sahne oben drauf – gibt
       es nur in einem sauteuren französischen Laden um die Ecke. Weil ein Stück
       dieser Torte so viel kostet wie anderswo ein ganzer Kuchen, wollte ich den
       Boden nachbacken. So ein Teig ist sicher easy gemacht, dachte ich: Butter,
       Zucker, Ei, Mehl, Nougat und Krokantstückchen. So haben sie es im Laden
       gesagt. Die Mengen sollte ich selbst herauskriegen.
       
       Ich versuchte es einmal, versuchte es zweimal, beim dritten Mal gab ich
       schließlich auf. Ich bekomme es einfach nicht hin. Also lass ich das und
       kaufe weiter in dem französischen Laden. Die Verkäufer kennen mich schon.
       An ihrer Stelle würde ich das Geheimnis dieses Nougat-Krokant-Teigs auch
       für mich behalten. Simone Schmollack
       
       ## Ohne Trichter
       
       Es gibt so viel Unwahres in der Welt. Und im Netz erst, ein Jammertal. Viel
       Wehklagen über dieses Fait accompli ist angebracht, geht es um die delikate
       oberbayerische Straube, dieses filigran gedrechselte, kreisförmige
       Spritzgebäck, rund drei bis vier Zentimeter hoch. Und da geht es auch schon
       los: Weder existiert das leckere Wort Straube nur im Plural, wie Wikipedia
       behauptet, noch wird die Straube mit Puderzucker bestäubt oder gar mit
       Preiselbeermus verzehrt. Jedenfalls nicht dort, wo ich herkomme – aus
       München. Dort hält jede bessere Bäckerei oder Konditorei Strauben mit oder
       ohne Zuckerguss vor.
       
       „Bitte eine Straube“, lautet mein Münchenvers mindestens einmal pro
       Heimatbesuch. Verraten kann ich das Rezept für jenes köstliche
       Brandteigbackwerk leider nicht. Die Wahrheit ist: Ich besitze keinen
       Straubentrichter, um das luftige, vanillige Etwas herzustellen. Ich käme
       auch nicht im Leben drauf, Strauben selbst zuzubereiten. Das ist wie mit
       Espresso trinken: stiller Genuss, ausschließlich außer Haus. 
       
       Falls Sie zu Hause allerdings über einen Straubentrichter verfügen sollten:
       [2][www.eatsmarter.de/rezepte/strauben-8] liest sich lecker. Harriet Wolff
       
       13 Sep 2020
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Trendgetraenk-Hafermilch/!5668424
   DIR [2] http://www.eatsmarter.de/rezepte/strauben-8
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Simone Schmollack
   DIR Ralf Sotscheck
   DIR Harriet Wolff
   DIR Sebastian Erb
   DIR Eva Oer
       
       ## TAGS
       
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