URI: 
       # taz.de -- Doping während Corona: Prima Zeit zum Körper-Tuning
       
       > Die Anti-Doping-Agenturen haben während der Pandemie deutlich weniger
       > getestet als sonst. Das öffnet Türen für Betrug.
       
   IMG Bild: Fanden in letzter Zeit nicht ganz so oft statt: Dopingkontrollen
       
       Am Dienstag sagte die deutsche Boxerin Nadine Apetz anlässlich eines
       sogenannten Journalisten-Workshops der Nationalen Anti-Doping-Agentur
       (Nada): „Ich persönlich war schon sehr verunsichert durch die [1][fehlenden
       Tests].“ Die Athletensprecherin der Boxer vermisste die regelmäßigen
       Dopingkontrollen, war aber vor allem besorgt, weil sie sich ausmalen
       konnte, wie andere Athleten mit der coronabedingten Testpause umgehen:
       Womöglich nutzten sie den Freiraum, um sich straffrei unerlaubte
       Medikamente zuzuführen.
       
       In der Hochphase der Viruspandemie war das [2][problemlos möglich]. Die
       Nada stellte das Testen zwischen dem 23. März und dem 16. Mai komplett ein,
       wie sie am Dienstag bestätigte. In diesen gut sieben Wochen war es für
       Ausdauersportler durchaus machbar, eine Epo- oder Anabolikakur einzulegen,
       deren Nutzen noch Monate später spürbar ist. So gesehen sollte bei der
       diesjährigen Tour de France die Skepsis im doppelten Sinne mitfahren.
       „Mittlerweile sind wir, was die Trainingskontrollen anbelangt, wieder auf
       Vorjahresniveau“, sagte Andrea Gotzmann, Vorsitzende der Nada.
       
       Das liegt vor allem daran, dass seit Ende Juni über dem Niveau des
       Vorjahres getestet wird. Das betrifft allerdings nicht die Zahl der
       Wettkampfkontrollen, die noch immer recht niedrig ist. Noch eindrücklicher
       sind die Zahlen, die Tom May, Mitarbeiter der Welt-Anti-Doping-Agentur
       Wada, präsentierte: Während im April des Vorjahres etwa 25.000 Dopingtests
       von 180 Testagenturen weltweit durchgeführt worden sind, waren es im selben
       Monat dieses Jahres gerade mal 576 Tests – und nur 33 Test-Agenturen waren
       beteiligt.
       
       ## Zwei neue Problemstoffe
       
       Es wurden also in diesem Zeitraum 97 Prozent weniger Tests vorgenommen. Im
       Juli erreichte die Wada immerhin wieder zu 62 Prozent das Niveau des
       Vorjahres – mit 11.000 Tests von 110 Dopingtest-Agenturen. „Das System
       erholt sich, wir bewegen uns langsam wieder in Richtung Normalität“, sagte
       May.
       
       Gotzmann wollte angesichts der Zahlen, die natürlich Tür und Tor für
       Spekulationen öffnen, „Sportler vor unberechtigten Dopingvorwürfen
       schützen“. Schlagzeilen wie „Paradies für Doper“ halte sie für verfehlt,
       sagte sie, allerdings ist nicht von der Hand zu weisen, dass jene Sportler,
       die nicht nur Graubereiche des Dopings auszuloten bereit sind, sondern die
       Grenze zum Betrug auch überschreiten, die Zeit prima zum
       Stoffwechsel-Tuning nutzen konnten.
       
       So eine Gelegenheit bietet sich wohl nur einmal in einer Sportlerkarriere,
       es wäre also angemessen, das Betrugspotenzial im Sport realistisch
       einzuschätzen und nicht allzu blumig den moralischen Mehrwert von
       Präventionsmaßnahmen zu preisen, die wegen Corona nun auch zu einem
       erheblichen Teil (über 170 Veranstaltungen) von der Nada abgesagt werden
       mussten.
       
       Die Medizin-Chefin der Nada, Anja Scheiff, äußerte sich derweil über zwei
       Problemstoffe, die (noch) nicht auf der [3][Verbotsliste der Wada] stehen.
       Zum einen: Cannabidiol, das in der Sportszene immer größere Verbreitung
       findet. Zum anderen: Ketone, die laut einem Bericht der Boulevardzeitung
       Mail on Sunday im britischen Sport zum Einsatz gekommen sein sollen;
       angeblich steigern Keton-Ester das Leistungsvermögen um 1 bis 2 Prozent.
       
       Seit 2012 sollen Ketone im Leistungssport verbreitet sein. „Die Wada
       bekommt das auch mit“, sagte Scheiff, „manchmal dauert diese Beobachtung
       aber Jahre.“ Dann ist meist schon wieder ein neuer Stoff im Umlauf.
       
       2 Sep 2020
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.spiegel.de/sport/doping-kontrollen-in-der-corona-krise-der-do-it-yourself-test-a-00000000-0002-0001-0000-000170716213
   DIR [2] https://www.sportschau.de/doping/Doping-kaum-kontrolliert-in-Corona-Krise-100.html
   DIR [3] https://www.leichtathletik.de/verband/anti-doping/wada-verbotsliste-und-medikamente
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Markus Völker
       
       ## TAGS
       
   DIR Schwerpunkt Coronavirus
   DIR Doping
   DIR Anti-Doping-Agentur
   DIR Covid-19
   DIR Doping im Spitzensport
   DIR Doping
   DIR Tour de France
   DIR Tour de France
   DIR Tour de France
   DIR American Pie
   DIR Doping im Spitzensport
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Enthüllungen beim Dopingprozess: James Bond packt aus
       
       Beim Münchner Dopingprozess gegen den Erfurter Arzt Mark Schmidt kommen
       neben kuriosen Tarnnamen Details zu dessen Netzwerk ans Licht.
       
   DIR Machtwechsel bei der Tour de France: Sehnsucht nach den Altstars
       
       Der Gesamtsieg bei der Tour de France ist für die Gewinner der letzten
       Jahre, das Team Ineos, bereits außer Sichtweite. Das löst einige Debatten
       aus.
       
   DIR Bergetappen bei der Tour de France: Schüchterner Bergfex
       
       Trotz Sturzblessuren möchte ein gereifter Emanuel Buchmann die besten
       Radprofis bei der Tour de France herausfordern. In guter Form ist er.
       
   DIR Neue Hierarchie bei der Tour de France: Verschiebung der Kräfte
       
       Primoz Roglic und sein Team Jumbo Visma demonstrieren früh und
       eindrucksvoll ihre Stärke. Neigt sich die Ära der Dominanz von Team Ineos
       dem Ende zu?
       
   DIR Tour de France und Doping: Menschliche Maschinen
       
       Leistungssteigernde Substanzen gehörten von Anfang an zur Tour de France,
       verboten wurden sie erst später. Vielen Fahrern fehlt dafür das
       Verständnis.
       
   DIR Doping-Verdacht in der Leichtathletik: Ein Sprinter als Premium-Shopper
       
       Christian Coleman ist Weltklasseläufer, aber häufig nicht da, wenn die
       Dopingkontrolleure bei ihm klingeln. Das sorgt für Ärger in der Szene.
       
   DIR Antidopinggesetz der USA: Streit unter Saubermachern
       
       Die USA planen ein Gesetz, mit dem auch Funktionäre aus dem Ausland
       verfolgt werden können. Gedroht wird auch der Weltantidopingagentur.