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       # taz.de -- Kürzungen wegen Corona in Berlin: Erstmal aufatmen, aber...
       
       > Der Jugendarbeit in Neukölln drohten durch coronabedingte Einsparungen
       > massive Kürzungen. Die wurden abgewendet – aber die Bedrohung bleibt.
       
   IMG Bild: Projekte für Kinder und Jugendliche müssen mit jedem Cent rechnen
       
       Berlin taz | Nach dem Schrecken der letzten zwei Wochen heißt es für die
       Neuköllner Jugendeinrichtungen zunächst: Aufatmen. Anfang der Woche hatte
       [1][die taz berichtet], dass den freien Trägern des Bezirks Kürzungen von
       mehr als 850.000 Euro drohen – in einem ohnehin chronisch unterfinanzierten
       Bereich. Im Jugendhilfeausschuss am Donnerstagabend konnte der zuständige
       Jugendstadtrat nun vermelden: Die Kürzungen im Jugendbereich sind für das
       Jahr 2021 vom Tisch. Es bleibt dennoch ein großes Aber.
       
       Aufgrund der millionenschweren, vor allem coronabedingten
       Steuermindereinnahmen und Mehrausgaben kommen auf den Landeshaushalt und
       auf alle Berliner Bezirke magerere Zeiten zu. In den Bezirken betrifft das
       vor allem Bereiche, die nicht komplett regelfinanziert sind, also nicht in
       der regulären Kosten- und Leistungsrechnung des Bezirks enthalten sind.
       
       Ein prominentes Beispiel ist der Jugendbereich in Neukölln. Hier steht seit
       vielen Jahren deutlich zu wenig Geld in der Regelfinanzierung zur
       Verfügung, die gesetzlich vorgesehenen Plätze in
       Jugendfreizeiteinrichtungen können damit nicht ansatzweise finanziert
       werden. So fehlen im Bezirk laut der Landesarbeitsgemeinschaft offene
       Kinder- und Jugendarbeit Berlin (LAG) – einer berlinweiten
       Interessenvertretung freier Träger – rund 2.300 der benötigten 5.400
       Plätze. Dabei wurde der Bereich in den vergangenen Jahren bereits mit
       zusätzlichen Geldern aus Haushaltsüberschüssen finanziert, sonst wäre die
       Lage noch fataler.
       
       Als diese zusätzlichen Gelder wegen Steuermindereinnahmen nun für 2021
       gekürzt werden sollten, war der Aufschrei der freien Träger entsprechend
       groß. Mehr als 850.000 Euro Kürzung – das hätte die Schließung mehrerer
       Einrichtungen bedeutet, wie die LAG und auch Jugendstadtrat Falko Liecke
       (CDU) bestätigten.
       
       Letzterer konnte nun zumindest für 2021 Entwarnung geben: Eingespart werde
       woanders – etwa bei der geplanten Anmietung zusätzlicher Dienstbüros, aber
       auch bei der Schulausstattung. Ein 2021 entstehendes Haushaltsdefizit werde
       zunächst vom Senat übernommen. „Zumindest das absolut Notwendige können wir
       so in 2021 weiterfinanzieren“, sagte Liecke der taz am Freitag. Kommenden
       Dienstag soll im Bezirk eine entsprechender Beschluss gefasst werden. Der
       vorgesehene Etat für die fast 60 Projekte freier Träger in der Kinder-,
       Jugend- und Familienarbeit bleibe 2021 komplett erhalten. Das betrifft etwa
       Mädchentreffs, Jugendclubs an Schulen, Straßensozialarbeit mit Jugendlichen
       oder Spielmobile.
       
       „Für 2021 haben wir das Problem gelöst, aber wir wissen nicht, wie das 2022
       weitergeht“, so Liecke. Finanzsenator Matthias Kollatz (SPD) habe bereits
       signalisiert, dass es dann auch für die Regelfinanzierung weniger Geld
       gebe.
       
       Mit Erleichterung habe man das Ergebnis für 2021 aufgenommen, sagt Osman
       Tekin von der AG 78, einer bezirklichen Vertretung der freien Träger und
       öffentlichen Einrichtungen der Jugendhilfe. Bei den freien Trägern ist die
       Jugendarbeit meist nur mit Jahresverträgen finanziert: Hier lässt es sich
       bei knappen Kassen schnell kürzen, indem Verträge einfach nicht verlängert
       werden.
       
       „Wir haben etwas Zeit gewonnen“, so Tekin. Aber die ganze Schließung von
       Einrichtungen – auch das sei bei der Sitzung am Donnerstagabend klar
       geworden – sei längst nicht vom Tisch.
       
       18 Sep 2020
       
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