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       # taz.de -- Todesfall nach Iberogast-Einnahme: Ermittlungen bei Bayer
       
       > Der Konzern hatte lange nicht vor seltenen Leberschäden durch das
       > Medikament Iberogast gewarnt. Jetzt besteht Verdacht auf fahrlässige
       > Tötung.
       
   IMG Bild: Das rezeptfreie Magenmittel Iberogast
       
       Berlin taz | Die Staatsanwaltschaft Köln ermittelt [1][im Zusammenhang mit
       dem Magenmittel Iberogast von Bayer] wegen fahrlässiger Tötung.
       Beschuldigter ist ein ehemaliger Verantwortlicher von Bayer Vital, der
       Bayer-Sparte für rezeptfreie Medikamente wie Iberogast. Es besteht der
       Anfangsverdacht, dass der mangelhafte Beipackzettel zum Tod einer
       56-jährigen Frau führte.
       
       Iberogast ist ein bekanntes pflanzliches Arzneimittel für
       Magen-Darm-Beschwerden, das seit sechs Jahrzehnten hergestellt wird. Nach
       Medienangaben erzielt Bayer damit einen Jahresumsatz von rund 120 Millionen
       Euro. Der ursprüngliche Hersteller Steigerwald war 2013 von Bayer Vital
       übernommen worden.
       
       Das flüssige Präparat enthält unter anderem Schöllkraut, das den
       Weitertransport von Nahrung in den Dünndarm fördern soll. Seit über 15
       Jahren sind dem Bundesinstitut für Arzneimittel (BfArM) Meldungen von
       Ärzten bekannt, dass schöllkrauthaltige Arzneien zu Leberschäden führen
       könnten. Das BfArM nahm daraufhin im Jahr 2008 hoch dosierte
       Schöllkraut-Medikamente vom Markt und verlangte bei Mitteln mit wenig
       Schöllkraut Warnhinweise in den Beipackzetteln.
       
       Hersteller Steigerwald und später Bayer hielten Iberogast jedoch für
       ungefährlich und legten gegen die auferlegte Warnpflicht Widerspruch ein.
       Das BfArM ließ den Fall erst einmal liegen. Es befürchtete eine Niederlage
       vor Gericht, weil die 48 damals bekannten Fälle nicht Iberogast, sondern
       andere schöllkraut-haltige Medikamente betrafen.
       
       ## Ermittelt wird auch in zehn weiteren Fällen
       
       Erst 2016 gab es vier gut dokumentierte Fälle zu Iberogast-Nebenwirkungen.
       Nun lehnte das BfArM den Widerspruch von Bayer gegen die Warnpflicht ab,
       wogegen Bayer beim Verwaltungsgericht Köln klagte. Der Beipackzettel von
       Iberogast warnte also weiter nicht vor Leberschäden.
       
       Im Juli 2018 starb dann die Frau in Leipzig. Sie hatte Leberschäden, die
       möglicherweise auf Iberogast zurückzuführen sind und starb an den
       Komplikationen einer Lebertransplantation. Nun erst änderte Bayer den
       Beipackzettel, in dem es jetzt unter anderem heißt: „Bei bestehenden
       Lebererkrankungen (...) darf das Arzneimittel nicht eingenommen werden.“
       
       Seit 2019 ermittelte die Kölner Staatsanwaltschaft wegen fahrlässiger
       Tötung, zunächst gegen unbekannt, dann gegen zwei ehemalige Manager von
       Bayer Vital. Inzwischen ist noch ein Beschuldigter übrig, der andere soll
       nun doch nicht als Verantwortlicher infrage kommen. Die Staatsanwaltschaft
       nennt noch keine Namen, da es sich erst um einen Anfangsverdacht handele.
       Gegenstand der Ermittlungen sind auch zehn weitere Fälle, bei denen es zu
       nicht-tödlichen Komplikationen mit Iberogast kam.
       
       Bayer wollte nicht mitteilen, ob der beschuldigte Ex-Manager von Bayer
       Vital entlassen wurde oder ob er eine andere Position im Bayer-Konzern
       eingenommen hat. Es handelte sich um ein laufendes Verfahren.
       
       Im Oktober bringt Bayer mit Iberogast Advance eine Variante ohne
       Schöllkraut auf den Markt, für häufigeren Gebrauch bei wiederkehrenden
       Beschwerden. Das klassische Iberogast (mit Schöllkraut) soll aber weiter
       verkauft werden, so eine Bayer Sprecherin, „für akute Beschwerden“. Es habe
       sich „bei der Verwendung durch mehr als 90 Millionen Patienten bewährt als
       wirksames und sicheres Medikament mit sehr geringem Nebenwirkungsrisiko.“
       
       21 Sep 2020
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.presseportal.de/pm/66749/4708752
       
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