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       # taz.de -- Streit im Gleisdreieckpark: Mit einem Zaun gegen die Partys
       
       > Manche Anwohner:innen wollen wegen der Freiluftpartys den Park umzäunen
       > und nachts abschließen. Ein Runder Tisch könnte vernünftigere Lösungen
       > finden.
       
   IMG Bild: Müll des Anstoßes
       
       Berlin taz | Zwar hat der warme September die [1][Partysaison] noch etwas
       verlängert – generell habe es aber abgenommen, das Wummern der Bässe, das
       Gegröle der Jugendlichen und das Herumfliegen von Müll, sagt Hannes Koch.
       Der 58-Jährige Journalist, der auch für die taz arbeitet, ist Anwohner am
       Park am Gleisdreieck, seit 2014 sitzt er als Bürger:innenvertreter im
       Parkbeirat. Auf die Partys im Sommer schaue er trotz Lärm und Vandalismus
       mit Verständnis zurück: „Durch Corona wollten die Leute draußen feiern, die
       Clubs sind schließlich zu“, sagt Koch.
       
       Doch während sich die Nächte langsam abkühlen, sind die Gemüter mancher
       Park-Anwohner:innen noch immer erhitzt. Es solle endlich Schluss sein mit
       den Partys, heißt es in der Nachbarschaft. In Beiratssitzungen wünschten
       sich manche sogar einen Zaun, um den Park nachts abschließen zu können,
       berichtet Koch. Doch damit wären mitten in Berlin 15 Hektar öffentliche
       Fläche abgeriegelt, samt aller 13 Zugänge. Koch will das verhindern.
       
       „Das ist gerade der schärfste Konflikt, seit ich im Beirat bin“, sagt der
       Bürger:innenvertreter. Entbrannt sei die Diskussion schon im Juni, damals
       war der Park am Gleisdreieck wegen illegaler Partys in den Nachrichten.
       Teilweise versammelten sich bis zu 500 Leute auf der Grünfläche, um zu
       feiern. Daran gestört hätten sich vor allem die Bewohner:innen der
       Neubauten an der Flottwellstraße in Schöneberg und dem neu entstandenen
       Möckernkiez in Kreuzberg, erzählt Koch. Einige haben sich darum zur
       Initiative „Gemeinsam fürs grüne Gleisdreieck“ zusammengetan.
       
       Zwischen dem 1. und 5. Oktober finden die Wahlen für den neuen
       Nutzer:innen-Beirat des Parks stattfinden, dann will nicht nur Koch erneut
       kandidieren, auch Mitglieder der neuen Initiative seien unter den
       Kandidat:innen. Ihre Forderungen lassen sich im Nachbarschaftsblog
       mittendran.de nachlesen – etwa mehr Toiletten, eine Kampagne für mehr
       Rücksicht und Reinhaltung des Parks sowie ein Runder Tisch.
       
       Ziel sei eine „Linderung der Probleme, ohne den Park nachts schließen zu
       müssen“, heißt es weiter. Auch wenn die Forderung nach einem Zaun nicht in
       den Vordergrund gestellt würde, sei Koch dennoch besorgt: „Da wohnen jetzt
       Leute um einen öffentlichen Park in teuren Wohnungen, die ihre Ruhe wollen
       – und alles andere scheint ihnen egal zu sein“, erklärt er.
       
       ## Keine Entscheidungskompetenz
       
       Allerdings: Selbst wenn die Befürworter:innen des Zauns in den Parkbeirat
       gewählt würden, wäre dadurch nichts entschieden. Der Beirat, in dem auch
       Bezirksvertreter:innen, Gewerbetreibende und Investor:innen des
       Hochhausviertels „Urbane Mitte“ vertreten sind, ist lediglich ein
       beratendes Gremium, über eine Entscheidungskompetenz verfügt er nicht. „Ich
       fürchte aber, dass die Initiative irgendwann Druck macht und die Politik
       denkt, dass der Zaun des Tempelhofer Felds ja auch gut funktioniert“, sagt
       Koch.
       
       Doch danach sieht es erst einmal nicht aus. Die Parkverwaltung von Grün
       Berlin will vorerst nur dem Wunsch nach einem Runden Tisch nachkommen, Ende
       Oktober soll er das erste Mal tagen. Und Dorothee Winden, Sprecherin von
       Grün Berlin, stellt schon jetzt klar: „Eine Einzäunung des
       Gleisdreieckparks ist für uns keine Lösung. Sie würde den bestehenden
       Charakter des Parks entscheidend verändern.“
       
       Das zuständige Straßen- und Grünflächenamt (SGA) des Bezirks
       Friedrichshain-Kreuzberg konnte vor Redaktionsschluss der taz zwar keine
       Auskunft geben, allerdings geht aus dem Protokoll einer Beiratssitzung im
       Juli hervor, dass sich der anwesende Leiter des SGA, Felix Weisbrich,
       ebenfalls gegen einen Zaun ausspricht.
       
       Bürger:innenvertreter Koch wirbt indes für einen Kompromiss, Partys
       beispielsweise nur freitags oder an ausgewiesenen Feierzonen im Park zu
       erlauben. Diesen Vorschlag will die Grün Berlin nicht ausschließen, auch
       wenn sich Fragen nach der Einhaltung der Abstandsregeln stellten, so
       Winden. Allerdings dürfte sich hier der Bezirk quer stellen: Die
       Bürgermeisterin Monika Herrmann (Grüne) lehnt solche Feierflächen in ihrem
       Bezirk bisher ab.
       
       Wahrscheinlich scheinen darum niedrigschwelligere Maßnahmen, wie eine
       erhöhte Zahl an Toiletten, die auch nachts geöffnet sind, sagt Koch. Im
       Gespräch sei auch, dass die Parkaufsicht Platzverweise erteilen könne,
       ohne dafür die Polizei rufen zu müssen. Der Runde Tisch hat nun über den
       Winter Zeit, die Streitigkeiten aus dem Weg zu schaffen und eine
       vernünftige Lösung zu finden. Ob diese dann auch funktioniert, wird sich
       danach zeigen. Der nächste Partysommer kommt bestimmt.
       
       22 Sep 2020
       
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