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       # taz.de -- Immunitätsausweise in Coronapandemie: Zweiklassengesellschaft? Unsinn!
       
       > Wer Grundrechts- und Freiheitseinschränkungen beklagt, der kann sich
       > nicht ernsthaft Immunitätsausweisen oder Schnelltests verweigern.
       
   IMG Bild: Zuverlässige Schnelltests sind eine Chance auf mehr Freiheit für einen Teil der Bevölkerung
       
       Der Ethikrat ist keine reine Sachverständigengruppe, von der man definitive
       Auskünfte zu wissenschaftlichen oder politischen Fragen erwarten dürfte. Er
       ist ein Repräsentanzgremium, das die Pluralität gesellschaftlicher
       Meinungen widerspiegelt und diese wiederum Regierung wie Parlament
       nahebringt.
       
       Dies muss man sich vor Augen führen, bevor man der Versuchung erliegt,
       darüber zu schimpfen, dass der Ethikrat mit seiner aktuellen Stellungnahme
       zu den umstrittenen [1][Corona-Immunitätsausweisen] leider so gar keine
       Orientierung bietet. Es ist ihm aufgrund seiner Rolle nicht zum Vorwurf zu
       machen, wenn er statt eindeutiger Positionen unterschiedliche Ansichten
       vertritt und der Politik die Entscheidung nicht abnimmt, ob die Tests
       grundsätzlich abzulehnen oder zu befürworten sind. Genau diese
       Grundsatzfrage aber wird die Politik zu beantworten haben, sobald die
       praktisch-technischen Hürden (wie etwa die Unzuverlässigkeit der aktuell
       verfügbaren Tests), die die Ausweise derzeit zu Recht wie eine Schnapsidee
       erscheinen lassen, aus dem Weg geräumt sind. Soll es dann in Deutschland
       Bescheinigungen geben, die attestieren, dass die einen wieder zur Party,
       ins Pflegeheim oder zur [2][Demo dürfen] – und die anderen nicht oder
       höchstens mit Abstand und Mundschutz?
       
       Ja, ruft die eine Hälfte des Ethikrats, und es ist der Politik zu wünschen,
       dass sie dem Ruf dieser Hälfte folgt, sobald die Tests zuverlässig sind.
       Denn wer sich einerseits über die zahlreichen Grundrechts- und
       [3][Freiheitseinschränkungen] beklagt, die uns Corona seit mehr als einem
       halben Jahr abverlangt, der kann sich andererseits nicht ernsthaft
       Immunitätsausweisen oder Schnelltests verweigern. Diese Instrumente würden
       es erlauben, die viel kritisierten Einschränkungen zu lockern – und sei es
       nur für einen Teil der Bevölkerung.
       
       Das Gerede von der vermeintlichen Entsolidarisierung oder gar der
       Zweiklassengesellschaft ist in diesem Zusammenhang kein gutes Argument. Im
       Gegenteil, es wird die Gesellschaft weiter spalten, wenn den Bürgern eine
       verfügbare Möglichkeit vorenthalten wird, die Freiheitseinschränkungen zu
       umgehen, indem sie ihre Ungefährlichkeit für andere nachweisen. Niemandem
       ist allein dadurch geholfen, wenn alle gemeinsam eingesperrt sind.
       Geteiltes Leid ist in diesem Fall kein halbes Leid.
       
       22 Sep 2020
       
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