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       # taz.de -- Anthropologie des Badezimmers: Wo zum Teufel ist der Mülleimer?
       
       > Badezimmer sagen viel über die Menschen aus, denen sie gehören: von
       > verkalkten Zahnbürsten-Gläsern, künstlichen Zimmerpflanzen und
       > 5-1-Duschgels.
       
   IMG Bild: Jedes Badezimmer macht sein eigenes Gesicht
       
       Ich habe schon viele Badezimmer gesehen. Nicht so, wie ihr denkt. Auch
       Bäder von Freund:innen, Kolleg:innen und Bekannten (Hallo Mama!). Gerade
       bei Menschen, die man nicht so gut kennt, kann [1][ein Blick ins Bad] sehr
       aufschlussreich sein. Hier die drei Badezimmer-Typen, die mir in meinen
       anthropologischen Feldforschungen am häufigsten begegnet sind.
       
       ## Hat keinen Mülleimer
       
       Es gibt eine Pflanze auf der Fensterbank, die den Zugang zum Fenster
       erschwert (was problematisch ist, wenn man gestresst frische Luft
       reinlassen will) und sich bei näherem Hinsehen als künstlich entpuppt. Der
       Badezimmervorleger ist grau, die Handtücher ebenfalls und alles riecht nach
       aggressiver Neutralität. Wie jeder weiß, sind alle anderen Farben und
       [2][Düfte in Männerbadezimmern] illegal.
       
       Es gibt eine 5-in-1-Dusche-Shampoo-Conditioner-Flasche (Duft: „Aggressive
       Wind“ oder wie solche Pflegeprodukte heißen) auf der Ablage und das war’s
       auch schon. Das wichtigste Detail ist eines, das durch Abwesenheit glänzt:
       Es gibt keinen Mülleimer.
       
       Wie du deine Tampons, Wattepads oder Q-Tipps entsorgen sollst, scheint ihn
       nicht zu kümmern. Wie Fast-Food-Restaurants ist dieses Badezimmer nicht
       dazu gedacht, dass du dich hier wohl fühlst.
       
       ## Halbes Spa
       
       Dieses Badezimmer ist eine Reise. Und zwar eher ein Kurztrip aus einem
       Jochen-Schweizer-Katalog als eine Zeit-Studienreise nach Nepal. Eine Wand
       mit einem interessanten Palmenmotiv auf der einen Seite und eine riesige
       Monstera-Pflanze auf der anderen.
       
       Es riecht nach sechs verschiedenen Düften gleichzeitig, und alle Dinge des
       täglichen Bedarfs, die üblicherweise in greifbarer Nähe sind, sind in
       kleinen goldenen Schalen untergebracht.
       
       Bei vielen Schälchen wird dir nicht klar sein, ob es loser Tee ist oder
       Potpourri. Nur Klopapier suchst du vergeblich, bis dir nach sechs langen
       Minuten [3][ein dekorativer Klopapierschutz] auffällt, hinter dem sich
       einlagiges Toilettenpapier verbirgt, das wirklich an Folter grenzt.
       
       ## 11er-WG-Klo mit Duschkabine
       
       In diesem Badezimmer gibt es von allem zu viel. Na ja, von Platz und
       frischen Handüchern mal abgesehen. Im Waschbecken sind getrocknete
       Zahnpastestreifen und im Zahnputzbecher sind ungefähr acht Zahnbürsten, die
       ohne Mindestabstand fast Kopf an Kopf ein verkalktes Ikeaglas ihr Zuhause
       nennen.
       
       Die Vermutung liegt nahe, dass die eine oder andere Zahnbürste einem
       Mitbewohner gehört, der schon vor Monaten nach Brüssel zog für einen Job.
       
       Neben dem Klo liegt natürlich die alte, zerflederte Titanic-Ausgabe, damit
       du auch weißt, dass Humor in dieser Wohnung wichtig ist. Daneben noch eine
       Brand Eins, die der BWLer, der mal ein halbes Jahr in der WG gewohnt hat,
       neben einem gescheiterten Putzplan zurückließ.
       
       23 Sep 2020
       
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       ## AUTOREN
       
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