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       # taz.de -- Vergiftung von Alexei Nawalny: Schluss mit nationalen Egoismen
       
       > Putin lässt seine Kritiker vergiften. Was Deutschland jetzt tun kann?
       > Nord Stream 2 stoppen. Und zwar sofort.
       
   IMG Bild: Alexei Nawalny (hier im März 2019) wird in der Charité zu seiner Sicherheit bewacht
       
       Es ist bekanntermaßen immer gut, wenn es noch Luft nach oben gibt. Doch
       nun, da ein Labor der Bundeswehr zu dem Ergebnis gekommen ist, dass der
       russische Oppositionspolitiker [1][Alexei Nawalny] einem [2][Anschlag mit
       Nowitschok] zum Opfer gefallen ist, bekommt selbst Angela Merkel
       Schnappatmung. Gar nichts geht mehr. Von einem „versuchten Giftmord“
       spricht die Kanzlerin, jetzt stellten sich sehr schwerwiegende Fragen, die
       Moskau beantworten müsse. Wieso eigentlich erst jetzt?
       
       Schon vor über einer Woche hatten Ärzte der Berliner Charité Spuren von
       Gift in Nawalnys Körper nachgewiesen, die ihre russischen Kollegen trotz
       aller Bemühungen nicht entdecken konnten. Der einzige Unterschied, beileibe
       kein geringer, ist, dass der chemische Nervenkampfstoff Nowitschok nicht
       mal eben auf irgendeinem Moskauer Basar erhältlich ist. Damit erhärtet sich
       zwangsläufig der Verdacht, dass der russische Staat hinter dieser
       abscheulichen Tat steckt – wenngleich noch unklar ist, ob die Spur direkt
       in den Kreml führt.
       
       Und jetzt? Die Ankündigung Moskaus, zu voller Kooperation mit Berlin bereit
       zu sein, kann man getrost als schlechten Scherz verbuchen. Der Abschuss der
       MH 17 über der Ostukraine, der [3][Mord im Berliner Tiergarten], war das
       was? Eben. Stattdessen dreht Russland jetzt den Spieß auch noch um und
       wirft Deutschland mangelnde Kooperation vor. Ganz zu schweigen von den
       kruden Einlassungen eines Andrei Lugowoi. Der Ex-KGB-Mitarbeiter und
       heutige Dumaabgeordnete behauptet allen Ernstes, Nawalny könne nur in der
       Charité vergiftet worden sein.
       
       Und der Westen? Empörung und vollmundige Worte. Das Verbrechen gegen
       Nawalny richte sich „gegen die Grundwerte und Grundrechte, für die wir
       eintreten“, sagt Merkel. Wie wahr. Wahr ist aber leider auch, dass zum
       Beispiel jemand wie Ungarns Regierungschef Viktor Orbán seine ganz eigenen
       Wertvorstellungen hat. Damit ist das Dilemma benannt: Die Antwort auf die
       Kausa Nawalny muss eine europäische sein. Die wird es aber so lange nicht
       geben, wie nationale Egoismen, oft von wirtschaftlichen Interessen
       getrieben, im Umgang mit Moskau Priorität haben. An die Adresse Berlins
       gerichtet heißt das: Nord Stream 2 stoppen, und zwar sofort. Die Zeit dafür
       ist reif. Wenn nicht jetzt, wann dann?
       
       3 Sep 2020
       
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   DIR Barbara Oertel
       
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