# taz.de -- US-Sanktionen gegen Chefanklägerin: USA versus internationales Recht
> Die US-Regierung verkündet Sanktionen gegen die Chefanklägerin des
> Internationalen Strafgerichtshofs. Das stößt weltweit auf harsche Kritik.
IMG Bild: Chefanklägerin Fatou Bensou in Den Haag, 2016
Berlin taz | Die am Mittwoch verhängten [1][Sanktionen] der US-Regierung
gegen Mitarbeiter*innen des Internationalen Strafgerichtshofes (IStGH) sind
international auf scharfe Kritik gestoßen. US-Außenminister Mike Pompeo
hatte gegen Chefanklägerin Fatou Bensouda, den Leiter der IStGH-Abteilung
für internationale Zusammenarbeit, Phakiso Mochochoko, sowie weitere
namentlich nicht genannte Mitarbeiter*innen Einreisesperren, die
Beschlagnahmung von möglichen Besitztümern in den USA und weitere nicht
näher bezeichnete „Maßnahmen“ verkündet.
Er begründete das mit den Ermittlungen des IStGH zu mutmaßlichen von
US-Soldaten und CIA-Mitarbeitern begangenen Kriegsverbrechen und Verbrechen
gegen die Menschlichkeit in Afghanistan und in [2][US-Geheimgefängnissen]
in Polen, Rumänien und Litauen in den Jahren 2003 bis 2014.
Den seit 2002 tätigen Strafgerichtshof mit seinen 123 Mitgliedsstaaten
beschimpfte der US-Außenminister als „durch und durch kaputte und korrupte
Institution“.
„Diese Sanktionen sind schwere Angriffe gegen das Gericht und die
Rechtsstaatlichkeit und ein erneuter Versuch der USA, in die Unabhängigkeit
des Gerichtes einzugreifen“, erklärte ein IStGH-Sprecher am späten
Mittwochabend. Der Präsident der Versammlung der 123 Mitgliedsstaaten des
IStGH, O-Gon Kwon, verurteilte die Maßnahmen der USA als „beispiellos und
unakzeptabel“. UN-Generalsekretär António Guterres äußerte seine
„Besorgnis“ über die Schritte der US-Regierung. Die
Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch kritisierte die Sanktionen
als „völlig fehlgeleitet“.
## Sanktionen waren von Trump schon angekündigt
In Deutschland verurteilten die für Außenpolitik zuständigen
Bundestagsabgeordneten der Grünen, Omid Nouripour und Jürgen Trittin, den
„rücksichtslosen und schockierenden Angriff der Trump-Administration nicht
nur gegen den IStGH, sondern gegen das gesamte Völkerrecht“. Sie forderten
„die Bundesregierung und die internationale Gemeinschaft“ auf, „jeden
Versuch der Druckausübung auf den Gerichtshof und seine Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter entschieden zurückzuweisen“. Eine „starke und einheitliche
Reaktion“ auf die Maßnahmen der Trump-Administration müsse „dringende
praktische Maßnahmen umfassen, um die Auswirkungen der Sanktionen auf das
Personal und die Operationen des Gerichtshofs zu negieren“.
Aus der Bundesregierung und den Koalitionsparteien CDU/CSU und SPD gab es
zunächst keine Reaktion auf die US-Sanktionen.
Im März hatte eine Vorprüfungskammer des IStGH grünes Licht gegeben für
[3][Ermittlungen] zu mutmaßlichen Verbrechen gegen die Menschlichkeit und
Kriegsverbrechen in Afghanistan in den Jahren 2003 bis 2014. Dabei geht es
um mögliche Verbrechen der radikalislamischen Taliban und afghanischer
Regierungstruppen, aber auch ausländischer Militärs – besonders von
US-Soldaten und CIA-Angehörigen. Die Ermittlungen beziehen sich auch auf
die US-Geheimgefängnisse in Rumänien, Polen und Litauen, in denen von den
USA des Terrorismus Verdächtigte inhaftiert, gefoltert und ermordet wurden.
Afghanistan und die drei europäischen Staaten sind Mitglieder des IStGH.
Laut Statut kann der Gerichtshof wegen mutmaßlicher Verbrechen auf
Territorien seiner Mitgliedsländer auch gegen US-Staatsbürger*innen
ermitteln, obwohl die USA dem IStGH nicht beigetreten sind.
Im Juni hatte US-Präsident Donald Trump per Dekret die jetzt von
Außenminister Pompeo verkündeten Sanktionen bereits angedroht.
3 Sep 2020
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## AUTOREN
DIR Andreas Zumach
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