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       # taz.de -- Oppositionelle in Belarus: Verwirrung um Maria Kolesnikowa
       
       > Die Oppositionsführerin wurde nach Angaben des belarussischen
       > Grenzschutzes festgenommen. Zuvor war die Rede davon, dass sie in die
       > Ukraine ausgereist sei.
       
   IMG Bild: Maria Kolesnikowa am Sonntag, den 30. August in Minsk
       
       Minsk dpa | Nach ihrem Verschwinden ist die Oppositionspolitikerin
       [1][Maria Kolesnikowa] in Belarus nach Angaben des Grenzschutzes
       festgenommen worden. Über ihren genauen Aufenthaltsort herrschte aber am
       Dienstagvormittag noch Unklarheit. Zuvor hatte es Berichte gegeben, wonach
       sie sich in der Ukraine aufhalten sollte. Die 38-Jährige ist eine der
       wichtigsten Anführerinnen der Proteste gegen den autoritären Staatschef
       Alexander Lukaschenko. Seit Montag [2][fehlte von ihr jede Spur].
       
       Wie die Grenzschützer der Staatsagentur Belta zufolge mitteilten, wollte
       Kolesnikowa in die Ukraine ausreisen. Kolesnikowa sei zusammen mit ihrem
       Mitarbeiter Iwan Krawzow und ihrem Sprecher Anton Rodnenkow mit einem Auto
       zu dem Kontrollpunkt gekommen, hieß es weiter. Die beiden Männer hätten die
       Grenze passiert. Das bestätigte auch die ukrainische Seite. Zuvor hatte es
       Berichte gegeben, dass alle drei in die Ukraine ausgereist seien. Die
       Angaben der Behörden lassen sich nicht unabhängig überprüfen.
       
       Dem Koordinierungsrat der Demokratiebewegung lagen am Morgen nach eigenen
       Angaben noch keine Informationen vor, wo sich Kolesnikowa aufhielt. Sie
       gehört diesem Gremium der Zivilgesellschaft in Belarus an. Ebenso wusste
       der Rat nicht, wo sich die beiden Mitarbeiter aufhielten. „Wir können nur
       die Tatsache bestätigen, dass Maria Kolesnikowa Belarus nicht freiwillig
       verlassen wollte.“
       
       Der Vize-Innenminister der Ukraine, Anton Geraschtschenko, schrieb bei
       Facebook von einer versuchten Abschiebung. „Maria Kolesnikowa konnte nicht
       aus Belarus abgeschoben werden, da diese mutige Frau durch ihre Handlungen
       ihre Deportation über die Grenze unmöglich machte.“ Medien schrieben unter
       Berufung nicht näher genannter Quellen, dass die Oppositionelle ihren Pass
       zerrissen haben soll.
       
       ## Tichanowskaja spricht von Geiselnahme
       
       Seit Montagvormittag gab es von ihr kein Lebenszeichen. Der
       Koordinierungsrat ging davon aus, dass Kolesnikowa im Zentrum der
       Hauptstadt Minsk von Unbekannten entführt worden war. Das Innenministerium
       hatte erklärt, die Oppositionelle nicht festgenommen zu haben. In den
       vergangenen Wochen gab es in dem zwischen Russland und Polen gelegenen Land
       bei Protesten Tausende Festnahmen. Unklar war zunächst, wo sich Kolesnikowa
       am Montag aufgehalten hatte.
       
       Die [3][Oppositionelle Swetlana Tichanowskaja] forderte die sofortige
       Freilassung ihrer Mitstreiterin. „Aufgabe des Koordinierungsrats ist es,
       eine Plattform für Verhandlungen zu sein“, meinte die 37-Jährige, die gegen
       den Staatschef kandidiert hatte und sich im EU-Land Litauen aufhält. „Es
       gibt keine andere Lösung, und Lukaschenko muss dies erkennen.“ Er könne
       nicht einfach Menschen als Geiseln nehmen.
       
       Die 38-Jährige arbeitet für den ehemaligen Bankchef Viktor Babariko, der um
       das Präsidentenamt kandidieren wollte. Lukaschenko ließ ihn aber vor der
       Wahl verhaften. Das Strafverfahren gilt als politisch motiviert. Gemeinsam
       mit Babariko hat sie eine neue Partei gegründet.
       
       Kolesnikowa trat immer wieder bei Protestaktionen auf und wurde dabei von
       den Demonstranten bejubelt. Ihr Markenzeichen: Bei ihren Auftritten formte
       sie mit den Fingern ein Herz und hielt es den Uniformierten entgegen. Sie
       lebte viele Jahre in Stuttgart.
       
       Hintergrund der Proteste ist die Präsidentenwahl vor mehr als vier Wochen.
       Lukaschenko hatte sich danach mit 80,1 Prozent der Stimmen zum Sieger
       erklären lassen. Die Opposition hält dagegen Tichanowskaja für die wahre
       Siegerin. Die Abstimmung steht international als grob gefälscht in der
       Kritik.
       
       8 Sep 2020
       
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