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       # taz.de -- Nach Rücktritt von Phil Hogan: Politik aus der Steueroase
       
       > Der Lette Valdis Dombrovskis wird neuer EU-Handelskommissar.
       > Finanzkommissarin wird ausgerechnet die Irin Mairead McGuinness.
       
   IMG Bild: Ihre Heimat Irland gilt als Steuerparadies: Mairead McGuinness
       
       Brüssel taz | Fast ein Jahr nach ihrem Amtsantritt hat
       EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ihr Brüsseler Team
       umgebildet. Die deutsche CDU-Politikerin hat den konservativen Letten
       Valdis Dombrovskis für den Posten des Handelskommissars nominiert. Die
       ebenfalls konservative Irin Mairead McGuinness soll neue Finanzkommissarin
       werden.
       
       Die Umbildung war nötig geworden, nachdem der bisherige irische
       Handelskommissar Phil Hogan von seiner Regierung zum Rücktritt gedrängt
       worden war. [1][Hogan hatte gegen nationale Coronaregeln verstoßen] und war
       deshalb in Dublin in Ungnade gefallen. Von der Leyen blieb nichts anderes
       übrig, als das politische Schwergewicht zu entlassen.
       
       Schon das sorgte in Brüssel für Aufsehen. Die Kommissionschefin ist nicht
       an Weisungen aus den Hauptstädten gebunden; über die Mitglieder ihrer
       Behörde soll sie allein entscheiden. Hogans Rücktritt war als Bruch mit
       dieser Regel gedeutet worden – aber auch als Versuch, die Kommission zu
       einem vorbildlichen Verhalten zu verpflichten.
       
       Die beiden Neubesetzungen sind ebenfalls ein Politikum. Zunächst entschied
       sich von der Leyen für eine Frau – neben McGuiness hatte Irland auch einen
       Mann für Brüssel nominiert. Damit signalisiert sie, dass das [2][Prinzip
       der Geschlechterparität] weiter hochgehalten wird. In der Brüsseler Behörde
       arbeiten nun 14 Männer und 13 Frauen.
       
       ## Kommissarin aus dem Steuerparadies
       
       Politische Signalwirkung geht aber auch von der Zuteilung der
       Aufgabenbereiche aus. Vizepräsident Dombrovskis bekommt noch mehr Macht:
       Denn neben dem Handelsressort behält er auch die Zuständigkeit für die
       Wirtschaftspolitik und die Eurogruppe. Auch die Verteilung der
       EU-Milliarden aus dem neuen Corona-Hilfsfonds soll er überwachen.
       
       Die neue EU-Kommissarin McGuiness, bisher Vizepräsidentin des
       Europaparlaments, soll sich dagegen um Finanzdienstleistungen kümmern. Das
       ist pikant, denn ihre Heimat [3][Irland gilt als Steuerparadies für
       Hightech- und Finanzkonzerne] aus den USA.
       
       „Mairead McGuiness muss beweisen, dass sie nicht nur die Interessen des
       Finanzplatzes Dublin vertritt“, sagt der CSU-Europaabgeordnete Markus
       Ferber. Auch Dombrovskis muss sich bei den nun fälligen Anhörungen im
       Europaparlament auf kritische Fragen einstellen.
       
       „Er steht vor der gigantischen Aufgabe, die EU-Handelspolitik neu
       auszurichten und endlich an den Green Deal anzupassen“, meint Anna
       Cavazzini, handelspolitische Sprecherin der Grünen. Mit einem Veto der
       Abgeordneten wird jedoch nicht gerechnet.
       
       8 Sep 2020
       
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   DIR Eric Bonse
       
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