# taz.de -- 3. Weg-Aufmarsch in Hohenschönhausen: Nazis im Regen stehen lassen
> Die neonazistische Partei Der Dritte Weg will am 3. Oktober durch
> Hohenschönhausen demonstrieren. Antifaschisten planen Massenblockaden.
IMG Bild: Aufmarsch des Drtten Wegs in Plauen
Berlin taz | Die Bilder vom 1. Mai 2019 sind noch in Erinnerung: Im
sächsischen [1][Plauen liefen bei einer Demonstration der rechtsextremen
Partei Der Dritte Weg] etwa 500 Teilnehmer*innen in Marschformation,
uniformiert in braun-beigen Shirts, mit Fahnenspalier und Trommeln. Die
Assoziation mit Aufmärschen der SA war gewollt und löste international
Empörung aus.
Die sächsische Polizei hatte darauf verzichtet, diese Inszenierung durch
Auflagen zu unterbinden. Drei Jahre zuvor war es ebenfalls in Plauen bei
einem Aufmarsch der Partei zu schweren Krawallen der Neonazis gekommen.
Am 3. Oktober droht Berlin ein ähnliches Szenario. Die an der NSDAP
orientierte Partei mobilisiert für den Tag der Deutschen Einheit bundesweit
zu einer Demonstration nach Hohenschönhausen. Wie die taz auf Anfrage bei
der Polizei erfuhr, wollen die Neofaschisten ab 14 Uhr vom S-Bahnhof
Wartenberg über die Ribnitzer und Darßer Straße, mit einer
Zwischenkundgebung am Linden Center, über die Zingster Straße zurück nach
Wartenberg laufen.
Über eventuelle Auflagen, etwa zu Uniformierung oder Trommeln will die
Polizei derweil nichts sagen. Die Mobile Beratung gegen Rechtsextremismus
(MBR) befürchtet jedoch, dass mit einem einheitlichen Auftreten „teilweise
uniformiert und gerne in Marschformation unter Trommelschlägen“ gerechnet
werden muss. Angemeldet hat die Partei 100 Teilnehmer*innen. Doch es
könnten mehr werden. Der MBR spricht von einer „überregionalen Anreise von
Rechtsextremen“, aufgrund des Feiertages und der Symbolkraft Berlins.
Für den Dritten Weg ist die Demonstration zudem Ersatz für einen [2][am 1.
Mai abgesagten Aufzug in Erfurt]. Für ihre Verhältnisse entwickelt die in
der Stadt bislang kaum präsente Partei, deren Mitgliedszahl der Berliner
Verfassungsschutz 2019 mit circa 30 Personen bezifferte, derzeit eine
ungewohnte Aktivität; vor allem in den Ost-Bezirken tauchen vermehrt Flyer
und Sticker, vereinzelt auch Banner und Graffiti auf, die den Aufmarsch
bewerben.
Auf einem Bild präsentieren Anhänger*innen ein Transparent mit der
Aufschrift „Berlin erwache“ – angelehnt an den Slogan „Deutschland erwache“
aus dem NS-Sturmlied, dessen Verbreitung unter das Verbot von
Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen fällt.
Ob die gezielten Provokationen der Partei, die 2013 als Auffangbecken für
das später verbotene Kameradschaftsnetzwerk Freies Netz Süd gegründet
wurde, aufgehen, werden sowohl Polizei als auch Gegendemonstrant*innen
bestimmen. Ein Verbot von einheitlicher Kleidung, Fackeln oder Trommeln
kann die Versammlungsbehörde jederzeit verfügen.
Nicht zur Debatte steht dagegen ein Verbot von schwarz-weiß-roten
Reichsflaggen sowie Reichskriegsflaggen, die ein schwarzes Kreuz auf weißem
Grund beinhalten. Ein solches soll nach dem vermehrten Auftreten bei den
Anticoronaprotesten – an denen sich auch der Dritte Weg beteiligte – laut
Innenverwaltung geprüft werden. [3][Bremen hatte diese als erstes
Bundesland verboten].
## Den Aufmarsch verhindern
Deutlich mehr Aktivitäten als bei den Coronademos oder diversen
Neonazi-Demonstrationen in Mitte entfaltet auch die antifaschistische
Szene. Extra gegründet hat sich aus mehreren Antifa-Gruppen das Bündnis „3.
Weg versenken“. Dessen Ziel ist es, den Aufmarsch durch Blockaden zu
verhindern. Auch das Berliner Bündnis gegen Rechts will die Nazis nicht
laufen lassen.
Die letzten erfolgreichen Massenblockaden liegen mehr als zweieinhalb Jahre
zurück. Im Februar 2018 zwangen Tausende den [4][rechtsextremen
Frauenmarsch in Kreuzberg] zur Auflösung, im Sommer davor musste eine Demo
der Identitären Bewegung im Wedding umkehren.
Der Polizei sind bereits ein halbes Dutzend Anmeldungen für Gegenproteste
bekannt. Kundgebungen wird es etwa vom Bunten Wind Lichtenberg geben, einem
Bündnis aus Initiativen aus dem Bezirk sowie vom Bündnis für ein
weltoffenes und tolerantes Berlin. Eine Resolution der
Bezirksverordnetenversammlung Lichtenberg ruft dazu auf, sich dem Dritten
Weg im Rahmen angemeldeter Kundgebungen in den Weg zu stellen.
Schon häufiger hat die Clubszene ihre Mobilisierungsfähigkeit unter Beweis
gestellt. Reclaim Club Culture will mit einem Fahrradkorso und einem Rave
in Hohenschönhausen für eine solidarische Gesellschaft demonstrieren;
parallel sollen auch erneute Anticoronaproteste in Mitte gestört werden.
Infos zu den Protesten: [5][berlin-gegen-nazis.de]
29 Sep 2020
## LINKS
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DIR [4] /Protest-gegen-AfD-Frauenmarsch/!5667862
DIR [5] https://berlin-gegen-nazis.de/breite-proteste-gegen-einen-neonazi-aufmarsch-in-hohenschoenhausen/
## AUTOREN
DIR Erik Peter
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