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       # taz.de -- Kataloniens Regionalregierung: Der streitbare Regionalpräsident
       
       > Er wollte seinem Amtsvorgänger Carles Puigdemont aus der Patsche helfen.
       > Nun wurde Kataloniens Regionalpräsident Quim Torra seines Amtes enthoben.
       
   IMG Bild: Nach Regieren war dem katalanischen Regierungschef Quim Torra nie wirklich zumute
       
       Mit Quim Torra enthob das Oberste Gericht Spaniens am Montag den wohl
       ungewöhnlichsten „President de la Generalitat“ wegen Ungehorsams seines
       Amtes. Der Chef der katalanischen Autonomieregierung, der 2019 den
       Anweisungen der Wahlbehörde, ein Transparent vom Balkon seines Amtssitzes
       zu entfernen, nicht sofort nachkam, zieht mit einem Eilantrag gegen dieses
       Urteil vor das spanische Verfassungsgericht. Torra war vor seiner Wahl zum
       Abgeordneten im katalanischen Parlament im Dezember 2017 nie ernsthaft in
       der Parteipolitik tätig. Auch war er nicht die erste Wahl für das Amt des
       Regierungschefs.
       
       Der alles andere als charismatische 57-jährige Jurist, Verleger und Autor
       kandidierte aus Freundschaft zu seinem im Brüssler Exil lebenden
       Amtsvorgänger Carles Puigdemont auf dessen Liste „Gemeinsam für Katalonien“
       (JxCat). Puigdemont beteuerte damals den Wunsch, selbst wieder
       Regierungschef werden zu wollen, konnte aber wegen eines Haftbefehls wegen
       Rebellion in Zusammenhang mit dem verbotenen Unabhängigkeitsreferendum im
       Oktober 2017 nicht nach Spanien zurück. Die Nummer zwei auf der Liste saß
       wegen der gleichen Vorwürfe in U-Haft und ein dritter Kandidat wurde
       zwischen der ersten und zweiten Abstimmung im katalanischen Parlament in
       Untersuchungshaft genommen.
       
       Torra trat schließlich an, um Puigdemont aus der Patsche zu helfen. Nach
       Regieren war ihm aber nie wirklich zumute. Der in der wohl
       nationalistischsten Region Kataloniens – der Provinz Girona – als Sohn
       eines leitenden Angestellten in einem Industriebetrieb geborene Torra
       arbeitete nach einem Jurastudium in einem Versicherungsunternehmen. Nach
       seiner Entlassung im Rahmen einer Umstrukturierung 2007 wurde aus ihm nach
       und nach der Torra, den in Katalonien, als er Regierungschef wurde, viele
       kannten, der aber im restlichen Spanien ein völlig Unbekannter war.
       
       Der verheiratete Vater dreier Kinder gründete einen Verlag und begann
       selbst zu schreiben. Bald schon wurden seine Texte von unzähligen
       Journalisten auf Zitate durchstöbert, die die Fremdenfeindlichkeit des
       Regierungschefs gegenüber allem Nichtkatalanischen belegen sollten.
       
       ## Proteste heizte er an
       
       2011 wurde Torra in den Vorstand der Katalanischen Nationalversammlung
       (ANC) und kurz darauf zum stellvertretenden Vorsitzenden der Kulturvereins
       Òmnium Cultural gewählt. Damit bewegte er sich endgültig im harten Kern der
       Unabhängigkeitsbewegung. Während er in seinen beiden Regierungsjahren nicht
       einmal einen Haushalt auf den Weg brachte, ließ er keine Möglichkeit aus,
       um gegen Spanien zu protestieren.
       
       Das Transparent in Solidarität mit den in Zusammenhang mit dem
       Unabhängigkeitsreferendum inhaftierten und exilierten Politikern und
       Aktivisten, das ihm jetzt zum Verhängnis wurde, ist nur ein Beispiel. Torra
       reiste nach Brüssel zu Puigdemont und heizte die Proteste gegen Repression
       und für die Unabhängigkeit Kataloniens an. „Macht Druck. Ihr seid die
       einzige Hoffnung, um aus dem tiefen Loch herauszukommen“, sagte er, als er
       seinen Amtssitz verließ.
       
       29 Sep 2020
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Reiner Wandler
       
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