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       # taz.de -- Linke für Preisbegrenzung bei Ackerland: Neue Wege gegen Landgrabbing
       
       > Ein Gutachten zeigt, wie man Konzerne aus der Landwirtschaft fernhalten
       > kann. Die Linkspartei will Preise für Agrarland stärker begrenzen.
       
   IMG Bild: Wem gehört das Land? Flächen gehen zunehmend an vermögende Investoren
       
       Berlin taz | Bei Grund und Boden, sagt Amira Mohamed Ali,
       Fraktionsvorsitzende der Linken im Bundestag, gehe es „auch um die
       Nahrungssicherheit“. Die sei in Gefahr, weil immer mehr Landwirt*innen von
       ihrer Scholle verdrängt würden, da sie die gestiegenen Pachten nicht mehr
       zahlen könnten. [1][„Landgrabbing“] nennen Aktivisten das.
       
       Die Preise würden drastisch steigen, seitdem immer mehr „extrem reiche
       Vermögensbesitzer“ in Agrarland investierten, so Mohamed Ali. Die
       Linksfraktionen von Bund und Ländern stellten deshalb am Mittwoch ein
       Gutachten vor, das Gesetzesänderungen empfiehlt, um den Zugang zu Grund und
       Boden für möglichst viele Bauern aus der Region zu erhalten.
       
       Das [2][Gutachten] des Hamburger Rechtsanwalts Thomas Rüter schlägt zum
       Beispiel vor, dass die Behörden künftig auch bestimmte Käufe von Anteilen
       an Firmen mit landwirtschaftlichen Flächen verhindern dürfen.
       
       Eine Genehmigung solcher „Share Deals“ soll laut Gutachten dann
       erforderlich sein, wenn mehr als 30 Prozent des Unternehmens verkauft wird
       und das Vermögen der Firma zu über 40 Prozent aus Agrarland besteht. Bisher
       können die Ämter bei Transaktionen von solchen Firmenanteilen anders als
       bei direkten Verkäufen von landwirtschaftlichen Flächen nicht mitreden.
       
       ## Behörden-Veto bei Großgrundbesitzern
       
       Ihr Veto einlegen können soll die Behörde, wenn dem Käufer in einem
       Bundesland mindestens 500 Hektar Landwirtschaftsfläche gehören. Der
       durchschnittliche Hof in Deutschland hat nur rund 60 Hektar.
       
       Auch Verkäufe zu sehr hohen Preisen will Rüter leichter gestoppt wissen.
       Bislang könnten die Ämter Nein sagen, wenn das Land für mehr als 150
       Prozent des regionalen Verkehrswertes den Besitzer wechseln soll. Diese
       Schwelle müsse auf 130 Prozent gesenkt werden, so der Gutachter.
       
       Wenn die Behörden einen Agrardeal untersagen, haben anschließend Landwirte
       ein Vorkaufsrecht, die die Flächen für ihren Betrieb benötigen. Nicht
       mitbieten dürfen bislang aufgrund ihrer juristischen Konstruktion
       Solidarische Landwirtschaften, in denen sich Verbraucher in einem Verein
       zusammenschließen, um zusammen mit örtlichen Landwirten ihre Nahrungsmittel
       zu erzeugen. Ausgeschlossen sind auch [3][gemeinwohlorientierte
       Gesellschaften wie die Regionalwert AGs], die örtlichen Biobauern Land zur
       Verfügung stellen. Solche Organisationen müssen dem Gutachten zufolge
       künftig das gleiche Vorkaufsrecht wie normale Bauern haben.
       
       ## Initiative auf Länderebene
       
       Derartige Gesetze können laut Rüter nur die Bundesländer beschließen. Das
       Gutachten solle der Linkspartei daher auf Landesebene ermöglichen, jeweils
       Agrarstrukturgesetze auf den Weg zu bringen, sagte Susanne Hennig-Wellsow,
       Fraktionschefin der Partei in Thüringen, wo die Partei stärkste Kraft ist.
       Die Politikerin sprach sich für einen niedrigeren Preisdeckel nicht nur
       bei Verkäufen wie bisher, sondern künftig auch für Pachten aus.
       
       „150 Prozent über dem örtlichen Bodenwert ist zu viel. Bei uns geht die
       Diskussion eher in Richtung 110, 120 Prozent“, sagte Hennig-Wellsow der
       taz. Nicht so streng will sie offenbar bei der Obergrenze für den
       Grundbesitz sein, bis zu der Land zugekauft werden kann. Über die vom
       Gutachten vorgeschlagenen 500 Hektar „müssen wir in Thüringen noch ein
       bisschen diskutieren“, so die Fraktionsvorsitzende. Der durchschnittliche
       als juristische Person organisierte Betrieb dort habe immerhin 255 Hektar
       Land. Sie könne sich eher eine Spanne „zwischen 250 und 1.500 Hektar“
       vorstellen.
       
       Gerade ostdeutsche Landesbauernverbände bremsen solche Vorhaben oft –
       offenbar auch weil mehrere aktuelle oder ehemalige Funktionäre der
       Organisationen von Agrarlandverkäufen profitieren.
       
       1 Oct 2020
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Landgrabbing/!t5011738
   DIR [2] https://www.die-linke-thl.de/fileadmin/lv/galerie/2020/Gutachten_Bodenmarkt_final_12_August_2020.pdf
   DIR [3] /Solidarische-Landwirtschaft/!5591682
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jost Maurin
       
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