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       # taz.de -- Nach Brand im Geflüchtetenlager Moria: Der Druck auf Seehofer wächst
       
       > Politiker*innen und Verbände fordern vom Innenminister, die Aufnahme von
       > Geflüchteten zu ermöglichen. Sogar aus der Union werden solche Stimmen
       > laut.
       
   IMG Bild: Blockiert die Hilfsangebote von einzelnen Bundesländern: Innenminister Horst Seehofer
       
       Berlin afp/dpa | Vertreter*innen von Parteien, Verbänden und Kirchen machen
       Druck auf Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU), die rasche Aufnahme von
       Geflüchteten aus dem [1][zerstörten Lager Moria in Griechenland] zu
       ermöglichen. Der Geschäftsführer der Hilfsorganisation Pro Asyl, Günter
       Burkhardt, kritisierte es am Donnerstag, 10. September, als
       „Ablenkungsmanöver“, dass Seehofer die Aufnahme von einer europäischen
       Einigung zur Verteilung geflüchteter Menschen abhängig mache. „Wer hier von
       einer europäischen Lösung fabuliert, spielt auf Zeit und sucht ein Alibi
       für das Nichthandeln.“
       
       Auch der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Heinrich
       Bedford-Strohm, rief dazu auf, nicht auf eine [2][EU-Einigung zur
       Flüchtlingsverteilung] zu warten. Eine solche Einigung wäre zwar
       wünschenswert – aber „wenn das nicht möglich ist, muss Deutschland mit den
       Ländern, die dazu bereit sind, vorangehen“, sagte Bedford-Strohm der
       Passauer Neuen Presse vom Donnerstag.
       
       Der Koalitionspartner SPD warf Seehofer eine Blockadehaltung vor.
       Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) forderte Seehofer auf,
       aufnahmebereiten Kommunen und Bundesländern freie Hand zu lassen. Es müsse
       möglich sein, dass diejenigen, „die sich bereit erklärt haben, Flüchtlinge
       aufzunehmen, dass die auch helfen dürfen“, sagte Giffey den Sendern RTL und
       n-tv. „Wir können nicht warten, bis sich alle europäischen Partnerländer
       geeinigt haben. Das wird Wochen und Monate dauern.“
       
       Seehofer müsse die rasche Aufnahme von Geflüchteten ermöglichen, „um diesen
       armen, verzweifelten Menschen, vor allem den Familien und Kindern zu
       helfen“, sagte SPD-Chefin Saskia Esken in der ARD-Sendung „Maischberger.Die
       Woche“. Deutschland könne zwar nicht alle 13.000 Menschen aus dem Lager
       Moria aufnehmen – „aber wir werden einen maßgeblichen Beitrag dazu
       leisten“.
       
       ## Sogar in der CDU gibt es Bewegung
       
       Mehrere [3][Bundesländer und Kommunen hatten angeboten], im Alleingang
       Menschen aus Moria aufzunehmen. Das Bundesinnenministerium muss
       Aufnahmeprogrammen der Bundesländer aber zustimmen, es besteht auf einem
       europäischen Mechanismus zur Verteilung.
       
       Auch in der Union wurden bereits Stimmen laut, die eine Aufnahme von
       geflüchteten Menschen forderten. Bundesentwicklungsminister Gerd Müller
       (CSU) etwa plädierte für die Aufnahme von 2.000 Personen aus Moria in
       Deutschland. Der CDU-Menschenrechtsexperte Michael Brand schlug die
       Aufnahme von 5.000 Geflüchteten vor. CSU-Chef Markus Söder schrieb auf
       Twitter: „Ganz Europa und auch Deutschland müssen handeln und helfen.
       Sollte die Bundesregierung entscheiden, Menschen aufzunehmen, wird sich
       Bayern selbstverständlich daran beteiligen.“
       
       CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak forderte immerhin eine rasche Entscheidung
       über Hilfe für die auf Lesbos betroffenen Menschen. „Wir müssen im
       Interesse der Menschen vor Ort schnell handeln. Die humanitäre Versorgung
       sowie die Unterbringung der Kinder und Erwachsenen muss gewährleistet
       sein“, sagte Ziemiak der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. Die CDU
       unterstütze die Bundesregierung ausdrücklich dabei, Griechenland in dieser
       schwierigen Situation zu helfen.
       
       Ziemiak verlangte zugleich, endlich über ein langfristiges europäisches
       Konzept zum Umgang mit Menschen auf der Flucht und Geflüchteten zu
       entscheiden. „Die jetzige Situation zeigt wieder, dass wir dringend ein
       abgestimmtes Vorgehen in Europa brauchen, um den Menschen zu helfen“, sagte
       der Generalsekretär.
       
       10 Sep 2020
       
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