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       # taz.de -- Krankheiten in Indien: Der Monsun und die Mücken
       
       > Die Regenzeit in Indien ist auch die Saison von Malaria und Dengue. Dabei
       > kämpft das Land noch immer gegen Corona.
       
   IMG Bild: Sieht aus, als würde es brennen: Gemisch aus Insektizid und Wasser wird in Mumbai versprüht
       
       Ein Mann in hellbrauner Uniform zieht am Morgen um den Häuserblock. In der
       Hand hält er ein großes silbernes Gerät, das ein wenig an einen Auspuff
       erinnert, der an einem Schultergurt hängt. Er verschwindet in hellen
       Nebelschwaden. Aus der Entfernung sieht es aus, als würde es brennen.
       
       Der Mann geht behutsam von einem Hauseingang zum nächsten. Er wartet ein
       paar Sekunden und läuft Wasserstellen ab. Vom Schweiß hat sich sein Hemd am
       Rücken dunkel gefärbt.
       
       Hanuman ist Mitarbeiter der städtischen Schädlingsbekämpfung in der
       indischen Westküstenmetropole Mumbai. Mit der geruchlosen Nebelaktion hat
       er es vor allem auf Aedes aegypti abgesehen, die unter den Namen
       Gelbfiebermücke, Ägyptische Tigermücke oder auch Denguemücke bekannt ist.
       Sie ist kaum sichtbar und kann dennoch großen Schaden anrichten, denn sie
       überträgt das Denguefieber.
       
       Die Mücken werden durch das Gemisch aus Insektizid und Wasser, das mit der
       Nebelmaschine in der Luft verteilt wird, außer Gefecht gesetzt. Für die
       BewohnerInnen Mumbais ist ein solcher Einsatz während der Regenzeit normal.
       Sie öffnen ihre Fenster, damit der Nebel bis in die Wohnungen zieht und
       auch dort Moskitos erwischt.
       
       ## Heftige Überschwemmungen
       
       Allerdings stellt die Regenzeit in diesem Jahr für die Angestellten der
       Stadt, für ÄrztInnen und KrankenpflegerInnen eine enorme Herausforderung
       dar: Über viele Wochen hinweg schon sind die Einrichtungen vor allem mit
       der Versorgung von CoronapatientInnen beschäftigt. Über 8.000 Menschen sind
       in Mumbai in Verbindung mit dem Coronavirus gestorben.
       
       Gleichzeitig nahm in den Sommermonaten die Gefahr der Monsun-Krankheiten
       Malaria und Dengue zu, die durch Mückenstiche übertragen werden. Das
       feuchtwarme Klima ist ideal für die Mücken. Sie brauchen Wasser, damit aus
       den Eiern Larven schlüpfen – und Wasser bekommen Insekten und Menschen hier
       von Juli bis Mitte September mehr als genug.
       
       Für die Mumbaikars bedeutet der Monsun, dass es jährlich zu heftigen
       [1][Überschwemmungen] kommt. In diesem Jahr passierte das hier Anfang
       August. Gerade stehendes Wasser gilt als Mückenbrutstätte. Dabei haben die
       Insekten davon profitiert, dass der Fokus der GesundheitsmitarbeiterInnen
       und Kommunen monatelang auf dem Kampf gegen das Coronavirus lag.
       
       „Für uns ist immer Moskitosaison“, sagt Schädlingsbekämpfer Hanuman, der
       jetzt seine silberne Maschine abgelegt hat und eine Trinkpause macht. Noch
       vor ein paar Monaten waren er und seine Kollegen aber nicht wie sonst jedes
       Jahr üblich im Einsatz gegen die Moskitos. Stattdessen desinfizierten sie
       Wohnungen und Sanitäreinrichtungen in Corona-Brennpunkten der Stadt. Der
       erste Corona-Tote in Mumbais berüchtigtem Slum Dharavi Anfang April
       versetzte die Behörden in höchste Alarmbereitschaft.
       
       Reisende und InderInnen, die aus Europa und dem Nahen Osten nach Indien
       zurückkamen, waren unter den Ersten, die positiv auf Covid-19 getestet
       wurden. Der erste Fall in Indien aber war [2][eine Studentin], die aus
       Wuhan zurückkehrte. Nachdem die Zahl der Fälle auch in Indien stieg,
       kündigte die Regierung Ende März einen harten Lockdown an, um den Ausbruch
       zu begrenzen. Dieser wurde erst im Juni schrittweise wieder gelockert.
       
       Trotz der Beschränkungen wurden Metropolen, die viel internationalen
       Flugverkehr verzeichnen – wie die Hauptstadt Delhi, die südindische
       Millionenstadt Chennai oder Mumbai –, schnell zu Hotspots. Die Krankheit,
       die Reiche einschleppten, verbreitete sich in Hochhäusern, danach in Slums
       und hat mittlerweile auch die Dörfer Indiens erreicht. Neuinfektionen
       erreichen zum Teil einen Rekordstand von über [3][90.000 am Tag]. In Mumbai
       steckten sich mehr als 1.000 MitarbeiterInnen aus dem Gesundheitsbereich
       an.
       
       Mittlerweile ist das Virus vor allem in den ländlichen Regionen eine große
       Herausforderung. Dort, wo die Gesundheitsversorgung weniger stark ausgebaut
       ist. Indien hat die Marke von [4][5 Millionen Covid-19-Infektionen]
       überschritten. Nach bisheriger Datenlage ist die Todesrate in Indien
       allerdings geringer als in vielen westlichen Ländern. Ein Grund könnte die
       junge Bevölkerung des Landes sein.
       
       In Indiens größtem Slum, Dharavi, das sich in Mumbai befindet, ist die
       Coronalage unter Kontrolle gebracht. Dennoch werden die Aufgaben in Mumbai
       nicht weniger. Die Maßnahmen gegen Mücken, die sonst im Frühjahr zunehmen,
       rücken wieder in den Fokus.
       
       Dafür sind mehr als 2.000 Personen unter der Leitung von Rajan Naringrekar,
       dem Hauptschädlingsbekämpfer der Stadt Mumbai, im Einsatz. „Die Anwendung
       der Nebelmaschine ist dabei die letzte Lösung“, sagt Naringrekar am
       Telefon. „Überall, wo Wasser für den täglichen Gebrauch benötigt und
       aufbewahrt wird, bitten wir darum, die Speicher mückensicher zu machen“,
       sagt er.
       
       In Mumbai ist Frischwasser knapp und kommt nur ein- bis zweimal am Tag aus
       dem Hahn. Viele der kleineren und älteren Häuser haben deshalb Wassertanks.
       Manche direkt über ihrer Dusche, andere auf dem Dach – letztere müssen
       kontrolliert werden.
       
       Neben der Tigermücke breitet sich die Malariamücke Anopheles stark aus,
       wenn sie viele Wasserstellen für ihre Brut findet. Doch Naringrekar zufolge
       soll es nicht so weit kommen, dass Larven in Massen schlüpfen. Verhindern
       lässt sich das aber nicht immer. Naringrekar selbst hatte in den letzten
       Jahren drei Mal Dengue und in diesem Jahr fielen immer wieder Mitarbeiter
       durch Corona-Infektionen aus. Die meisten haben sich erholt und traten
       wieder zum Dienst an. Todesfälle gab es aber auch in seinem Team. Zuletzt
       erholte sich Naringrekar selbst von einer Covid-19-Erkrankung.
       
       Der 54-Jährige ist wieder fit – und er hat gerade viel zu tun: die
       Kontrolle von Wassertanks oder möglichen Pfützen in Fischerbooten.
       Naringrekar packt mit an und klärt auf. Tigermücken bevorzugen im Gegensatz
       zu Anopheles Frischwasser, dennoch gäbe es ein paar einfache Regeln, die
       gegen beide helfen: Wasseransammlungen vermeiden, Regentonnen abdecken und
       andere Wasserbehältnisse restlos entleeren. Stehendes Wasser, das sich
       nicht einfach entleeren lässt, behandeln sie chemisch, wenn sich Larven
       feststellen lassen. Manchmal [5][kommen auch Fische zum Einsatz], die die
       Larven verspeisen.
       
       Manche Denguemücken machen es sich aber auch in Wohnungen unter Möbeln
       bequem. Ihre Eier legen sie [6][direkt in Klimaanlagen] oder die
       Feng-Shui-Pflanzen der Reichen. Nach rund zwei Wochen schlüpft ihr
       Nachwuchs. Deshalb treten die gefährlichen Stiche auch in den besseren
       Gegenden auf, nicht nur in Slums. Alte Reifen oder Staunässe auf den
       unzähligen Baustellen in Mumbai können zum Verhängnis für so manche/n
       BewohnerIn werden. Seit dem Bauboom im Süden Mumbais haben dort die
       Malaria-Hotspots zugenommen. „Alle verlassen sich darauf, dass wir uns um
       die Mücken kümmern“, sagt Naringrekar. „Trotz all der Aufklärungsarbeit ist
       die Beteiligung der Bevölkerung sehr gering.“
       
       In diesem Jahr kommen verlassene Wohnungen in Slums mit vollen Wassereimern
       dazu, in denen sich Mücken ungehindert vermehren können. Hier hat auch das
       Gesundheitsamt keinen Zugriff. Der zwischenzeitliche Dauerregen
       verschlimmerte die Lage. Und dennoch ist der Niederschlag lebenswichtig für
       Mumbai, damit sich die Speicher für die städtische Trinkwasserversorgung
       wieder füllen.
       
       Indienweit kommen die verheerenden Stiche überwiegend auf dem Land vor.
       Doch über die Jahre hinweg hat sich die Ägyptische Tigermücke bestens an
       urbane Zentren angepasst: Seit 2012 haben die Denguefälle die
       Malariainfektionen in Mumbai überholt. Die Eier der Denguemücke können
       Trockenphasen überdauern, bis sie unter Wasser gesetzt werden. Ob es sich
       um eine Denguemücke handelt, erkennt man an ihren dunklen weiß gestreiften
       Beinen. Die Weibchen stechen vorwiegend morgens und nachmittags, teilweise
       auch durch die Kleidung. Dabei können sie Dengueviren übertragen, die eine
       fieberhafte Erkrankung mit Kopf- und Gliederschmerzen auslösen.
       
       Nicht auf jeden Stich folgt eine Dengue-Infektion. Das ist nur der Fall,
       wenn das Insekt bei der vorigen Mahlzeit einen infizierten Wirt hatte. Die
       Krankheit kann aber tödliche Verlaufsformen annehmen, vor allem Kleinkinder
       und Zweitinfizierte sind gefährdet. Betroffene beschreiben, dass die
       fiebrige Infektion sich wie Knochenbrüche anfühle. Laut Regierung
       erkrankten 157.315 Menschen im vergangenen Jahr daran. In diesem Jahr ist
       es durch die Coronapandemie nur eine Herausforderung von vielen.
       
       „Corona hat uns eine harte Lektion erteilt“, sagt der Gesundheitsminister
       des Bundesstaates Maharashtra, dessen Hauptstadt Mumbai ist. 17.000 Stellen
       in den öffentlichen Krankenhäusern sind unbesetzt. ÄrztInnen und
       KrankenpflegerInnen verließen Mumbai und gingen in ihre
       Heimat-Bundesstaaten zurück. Es kam zu Protesten, da die klammen Kommunen
       ihre Angestellten nicht bezahlen konnten.
       
       Malariafälle steigen unterdessen vor allem in Süd- und Zentral-Mumbai. Im
       Juli dieses Jahres haben sie sich im Vergleich zum Vorjahr verdoppelt –
       auch wenn die SchädlingsbekämpferInnen Tausende Verdachtsstellen gesichtet
       und 35.000 Dengue- und 8.500 Malaria-Brutplätze vernichtet haben.
       
       „Malaria ist gefährlich, aber in Mumbai ist es nur eine Krankheit unter
       vielen“, sagt Ayaan Siddiqui, der eigentlich anders heißt. Anfang August
       bekam er plötzlich starkes Fieber. „Ich wusste nicht, was es ist: Malaria,
       Dengue oder eine Corona-Infektion“, sagt der Mitte Dreißigjährige. Sein
       Arzt riet ihm zu einem Bluttest, der Klarheit brachte: Er hatte Malaria,
       eine Anopheles-Mücke muss ihn gestochen haben.
       
       Diese Mücken werden kurz nach der Dämmerung aktiv und schlagen bis
       Sonnenaufgang zu. Verursacht wird Malaria von tierischen Einzellern, die
       über Mückenspeichel auf den Menschen übertragen werden. In den roten
       Blutkörperchen vermehren sich die Parasiten. Der Körper reagiert mit
       Wechselfieber, Kopfschmerzen und Übelkeit. Wichtig ist eine frühzeitige
       Behandlung.
       
       Wo genau sich der Werbekaufmann angesteckt hat, weiß er nicht. „Ich habe
       draußen warme Mahlzeiten an Familien verteilt, die in und vor den
       Krankenhäusern auf ihre Angehörigen, die an Corona erkrankt sind, warten“,
       erzählt Siddiqui, der vor Kurzem seinen Job verloren hat. Mit den strengen
       Coronamaßnahmen in Indien sind die Werbeeinnahmen der Medienhäuser
       eingebrochen. Massenentlassungen folgten. Siddiqui entschloss sich, anderen
       zu helfen, er hatte nun genügend Zeit.
       
       Aber dann bekam er Fieber. „Ich hatte Kopfschmerzen und keinen Hunger
       mehr“, erzählt er. Die Nebenwirkungen der Medikamente waren stark. Schwäche
       und Schwindelgefühl ließen langsam nach. Erst nach zwei Wochen war er
       wieder gesund. „Ich bin erleichtert, dass es nicht Corona war“, sagt er.
       Die Sorge wäre groß gewesen, seine Familie anzustecken. Bei Malaria ist das
       gewöhnlich nur durch Mückenstiche möglich.
       
       Neben Siddiqui haben sich in diesem Jahr in Mumbai über 3.000 Menschen mit
       Malaria angesteckt, zwei sind gestorben. Eine schwere Malaria kann Niere
       und Milz schädigen. Malariafälle treten in Mumbai weniger häufig als in
       anderen Regionen auf, dennoch besteht auch außerhalb der Regenzeit ein
       Risiko. Das liegt daran, dass es an der Westküste nie richtig kalt wird,
       dafür aber meistens feuchtwarm ist.
       
       Besonders hohes Risiko für die gefürchtete Tropenkrankheit gilt in Gebieten
       im Nordosten, Uttar Pradesh (Norden) und Osten Indiens. Feuchtgebiete sind
       besonders heikel. Die Krankheit ist auch als „Sumpffieber“ bekannt. 2018
       steckten sich laut WHO in Indien schätzungsweise 6,7 Millionen Menschen an.
       Registriert wurden von indischen Behörden 2018 430.000 Malariafälle. Damit
       hat das Land seine Fälle schon erheblich reduziert. Laut WHO-Bericht sanken
       neben der Infektionsrate 2018 ebenfalls die Todesfälle. Ein Erfolg, aber
       noch ist Indien nicht am Ziel, malariafrei zu sein. Das soll in den
       nächsten zehn Jahren erreicht werden.
       
       Zu der Zeit, als Indien unabhängig wurde, 1947, soll es laut indischem
       Gesundheitsministerium insgesamt 75 Millionen Malariafälle und 800.000 Tote
       jährlich gegeben haben. 1953 wurde ein nationales Malaria-Kontrollprogramm
       eingeführt, das 50 Jahre später mit anderen Tropenkrankheiten
       zusammengelegt wurde. Leiter Neeraj Dhingra ist trotz der Coronapandemie
       optimistisch. „Wir sind in Kontakt mit Bundesstaaten, die an der Prävention
       arbeiten“, sagt er am Telefon. Viele GesundheitsmitarbeiterInnen waren zwar
       mit dem Coronavirus beschäftigt, doch die Mückenzeit fange jetzt erst
       richtig an.
       
       Die Verbreitung der von Mücken übertragenen Krankheiten beschreibt er als
       unberechenbar. Viele Faktoren müssten zusammenfallen, damit sich ideale
       Brutbedingungen ergeben. Manchmal kann wenig Regen gerade schlecht sein und
       starker Regen von Vorteil, da sie Mückeneier wegspülen. Zum Teil wanderte
       die Malaria auch. Das ist nach Dhingra der Grund für einen schweren
       Malaria-Ausbruch in Mumbai in den 1990ern. Die Krankheit sei mit
       WanderarbeiterInnen aus Ostindien mitgereist. Andere sehen die Resistenz
       von Moskitos gegen Insektizide als Ursache für große Ausbrüche.
       
       Indiens Großoffensive gegen Malaria wurde über die letzten Jahrzehnte
       hinweg oft angepasst. In besonders gefährdeten Gebieten auf dem Land werden
       als Schutzmaßnahme direkt Mückennetze verteilt. Doch der Erfolg ist
       maßgeblich abhängig von Gesundheitshelferinnen, die Aufklärungsarbeit
       leisten. Etwa die „Accredited Social Health Activists“, kurz ASHA. Sie
       registrieren, wo es zu Krankheitsfällen kommt und vermitteln zwischen
       Behörden und BewohnerInnen. Entlohnt werden sie für ihre Arbeit auf dem
       Land aber nur mit einer Entschädigung – wie in der Stadt auch.
       
       Eine der knapp 4.000 Ehrenamtlerinnen in Mumbai ist die 57-jährige Ashwini
       Kamble, die im Vorort Bandra lebt. Seit knapp 30 Jahren unterstützt sie
       Gesundheitskampagnen. „Wenn die Behörden durch uns erfahren, dass es an
       einem bestimmten Ort Dengue- oder Malariapatienten gibt, untersuchen sie
       die Gegend rasch“, sagt sie. In der Nachbarschaft werde nach weiteren
       Fällen gesucht und die Kollegen rücken mit der Nebelmaschine an, damit die
       Mücken die Erreger nicht weiterverbreiten können.
       
       Ihre ASHA-Kolleginnen auf dem Land sind ausgebildet, Malariatests selbst
       durchzuführen. „Durch die Schnelldiagnostik kann die Behandlung sofort
       beginnen“, sagt Neeraj Dhingra vom nationalen Kontrollprogramm. Der
       Bluttest brauche zehn Minuten, um die Krankheit nachzuweisen und den
       Malariaparasiten zu bestimmen. Früher habe es an dieser Stelle große
       zeitliche Verzögerungen gegeben. Auch deshalb sind ASHA besonders auf dem
       Land wichtig, wo die Gesundheitsinfrastruktur wenig ausgebaut ist.
       
       Wie für Ashwini Kamble sind es für viele GesundheitsmitarbeiterInnen harte
       Zeiten. „Zuerst hat Corona meinen Alltag sehr verändert“, sagt sie. Zuletzt
       hätten sie Tür-zu-Tür-Befragungen zu Coronasymptomen durchgeführt und bei
       Älteren den Sauerstoffgehalt im Blut gemessen. Die Angst vor Corona war und
       sei da, aber ihre Aufgabe sei es, sich um Menschen zu kümmern.
       
       Die 20-Millionen-Metropole versucht, Corona in den Griff zu bekommen: Es
       gibt temporäre Fieberkliniken und Quarantänezentren. In der Anfangszeit
       half auch das Schädlingsbekämpfungs-Team von Rajan Naringrekar bei der
       Desinfektion.
       
       ## Die Krankheiten kommen
       
       Die kleinen Arztpraxen haben wieder geöffnet und entlasteten die
       Krankenhäuser. Die dicht besiedelten 800 Slums in Mumbai, in denen
       besonders viele ArbeitsmigrantInnen unterkommen, leerten sich. Viele
       machten sich auf den Weg in die Dörfer, wo seit einiger Zeit die
       Covid-19-Infektionen steigen. In manchen Gebieten erwartet sie wie in
       Mumbai starke Regenschauer: Auch in diesem Jahr wurden weite Teile im
       Norden und Süden kurzzeitig geflutet.
       
       „Wir müssen uns auch auf die Vermeidung von Moskitokrankheiten
       konzentrieren“, sagt Kamble. Die Krankheiten, die mit dem Monsun kommen,
       lassen ÄrztInnen und MitarbeiterInnen im Gesundheitswesen kaum eine andere
       Wahl. Gerade erst wurden Coronabetten für normale Patienten freigegeben, um
       Handlungsspielraum für Dengue, Malaria und die von Ratten übertragene
       Infektion Leptospirose freizuhalten.
       
       Ärzte in Mumbai berichten aber [7][auch von PatientInnen], die sich sowohl
       mit Corona als auch Malaria infiziert haben. Bisher wurden zwei Todesfälle
       gemeldet. Die Ärzte sind vertraut mit den Symptomen der Monsunkrankheiten.
       Wie bei dem Coronavirus wird bei Malaria an einer Impfung geforscht. Bis es
       so weit ist, müssen nicht nur die Mumbaikars vorsichtig sein. „Zurzeit
       werden große Mengen von Mückenlarven im Wasser gefunden“, warnt die
       Stadtverwaltung.
       
       In den meisten Wohnungen rattern unterdessen ununterbrochen die
       Deckenventilatoren gegen die Hitze, aber auch um Mücken in Schach zu
       halten. Wer das Geld hat, besorgt sich einen elektrischen Insektenstecker,
       brennt Räucherspiralen ab oder cremt sich mit dem weitverbreiteten
       indischen Mückenmittel Odomos ein. Doch alleine helfen diese Mittelchen
       nicht. Auch wenn viele Infektionen heute nicht mehr zum Tod führen: Die
       Monsunzeit bleibt wie in jedem Jahr Mückenzeit, und die Mücken können schon
       in der nächsten Kokosnussschale oder in den Wasseransammlungen unter dem
       Kühlschrank warten.
       
       20 Sep 2020
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Ueberschwemmung-in-Indien/!5699072/
   DIR [2] https://www.business-standard.com/article/current-affairs/india-s-first-coronavirus-case-kerala-student-in-wuhan-tested-positive-120013001782_1.html
   DIR [3] https://www.ndtv.com/coronavirus?pfrom=home-mainnavgation
   DIR [4] https://www.mohfw.gov.in/
   DIR [5] https://indianexpress.com/article/cities/delhi/in-gurgaon-prep-lags-for-dengue-malaria-6539696/
   DIR [6] https://www.hindustantimes.com/pune-news/ac-temp-between-24-c-and-28-c-can-lead-dengue-mosquitoes-breeding-in-your-home-climate-expert-warns/story-Nx5BO7Ti1kC6EWYRdHhA1L.html
   DIR [7] https://timesofindia.indiatimes.com/city/mumbai/mumbai-malaria-cases-up-enemy-lurks-in-slums-construction-sites-abandoned-in-lockdown/articleshow/77384892.cms
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Natalie Mayroth
       
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