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       # taz.de -- Filmfestspiele von Venedig: Goldener Löwe für Chloé Zhao
       
       > Eine junge chinesische Regisseurin bekam bei den Filmfestspielen von
       > Venedig den Hauptpreis. Weitere Preise gingen nach Mexiko, Japan und
       > Indien.
       
   IMG Bild: Der Goldene Löwe in Venedig geht 2020 an das US-Drama „Nomadland“ von Regisseurin Chloé Zhao
       
       Venedig dpa | Eine junge Regisseurin aus China hat bei den
       [1][Internationalen Filmfestspielen Venedig] Geschichte geschrieben. Das
       US-Drama „Nomadland“, der in Peking geborenen Chloé Zhao, gewann am
       Samstagabend den Goldenen Löwen für den besten Film. Es ist erst das fünfte
       Mal seit 1949, dass der Hauptpreis des Festivals an das Werk einer
       Regisseurin geht. Die letzte Frau, die diese Auszeichnung erhielt war 2010
       Sofia Coppola. Sie bekam den Goldenen Löwen für ihr Drama „Somewhere“.
       
       In ihrem Spielfilm „Nomadland“ erzählt die 38 Jahre alte Zhao von einer
       Frau, die nach dem wirtschaftlichen Kollaps einer kleinen Stadt in Nevada
       ihre Sachen in ihr Auto packt und als Nomadin lebt. In der Hauptrolle als
       Fern ist [2][Oscarpreisträgerin Frances McDormand] („Fargo“, „Three
       Billboards Outside Ebbing, Missouri“) zu sehen.
       
       „Wir können die Dinge nicht nur aus einer Perspektive sehen“, sagte Zhao
       nach der Preisverleihung über die Wichtigkeit von Filmemacherinnen. „Ich
       habe viel Hoffnung für die Zukunft – für mehr Regisseurinnen.“ Wegen der
       Corona-Pandemie konnte sie nicht nach Venedig reisen und wurde online zum
       Filmfest geschaltet. Im Festivalprogramm hatte sie vorab erklärt, sie
       selbst sei in Städten in China und England aufgewachsen und habe sich von
       weiten Straßen schon immer angezogen gefühlt. „Eine Idee, die ich als
       typisch amerikanisch empfinde – die endlose Suche nach dem, was jenseits
       des Horizonts liegt.“
       
       Die deutschen Hoffnungen wurden bei dem Festival dagegen enttäuscht:
       [3][Das Politdrama „Und morgen die ganze Welt“ von Julia von Heinz] über
       eine junge, linke Aktivistin ging leer aus – genauso wie die deutschen
       Koproduktionen „Quo vadis, Aida?“ der in Berlin lebenden Regisseurin
       Jasmila?banic über das Massaker in Srebrenica sowie die Gesellschaftssatire
       „Never Gonna Snow Again“ der polnischen Regisseure Malgorzata Szumowska und
       Michal Englert.
       
       ## Traumatische Kindheit im Italien der 1970er
       
       Der Große Preis der Jury, die zweitwichtigste Auszeichnung des Festivals,
       ging an „Nuevo orden“. Der mexikanische Regisseur Michel Franco entwirft
       darin ein düsteres Bild seines Landes in der nahen Zukunft und fokussiert
       auf die Kluft zwischen Arm und Reich.
       
       Als beste Schauspielerin ehrte die Jury die 32 Jahre alte Britin Vanessa
       Kirby für „Pieces of a Woman“. In dem Drama des ungarischen Regisseurs
       Kornél Mundruczó spielt sie eine Frau, die ihr Kind Momente nach der Geburt
       verliert. Die Auszeichnung für den besten Schauspieler ging an den
       Italiener Pierfrancesco Favino für seine Leistung in „Padrenostro“, das von
       einer traumatischen Kindheit im Italien der 70er Jahre erzählt.
       
       Mit dem Silbernen Löwen für die beste Regie wurde der Japaner Kiyoshi
       Kurosawa für das 1940 spielende Drama „Spy no Tsuma (Wife of a Spy)“
       geehrt. Den Preis für das beste Drehbuch bekam der indische Filmemacher
       Chaitanya Tamhane für „The Disciple“ über einen jungen Musiker. Das in
       Schwarzweiß gedrehte „Dorogie Tovarischi! (Dear Comrades!)“ des russischen
       Regisseurs Andrei Konchalovsky erhielt den Spezialpreis der Jury.
       
       ## Jurypräsidentin Cate Blanchett lobt Corona-Disziplin
       
       In diesem Jahr konkurrierten 18 Beiträge im Wettbewerb um die Hauptpreise.
       Die Auszeichnungen wurden von einer internationalen Jury unter Vorsitz der
       australischen Schauspielerin Cate Blanchett vergeben. Zur Jury gehörten
       auch der deutsche Regisseur Christian Petzold sowie der US-amerikanische
       Schauspieler Matt Dillon. Das Filmfestival Venedig ist das älteste Filmfest
       der Welt.
       
       Es war außerdem das erste der weltweit großen Festivals, das seit Beginn
       der Corona-Pandemie wie geplant stattfand. Es galten strenge Regeln: So
       musste etwa auf dem Gelände ein Mund-Nasen-Schutz getragen werden, auch die
       gesamte Zeit im Kino. Jurypräsidentin Blanchett lobte nach der
       Preisverleihung die Organisation. Es sei alles reibungslos gelaufen, auch
       an das Tragen der Masken habe man sich schnell gewöhnt. „Eine gute
       Diskussion ist eine gute Diskussion – mit Maske oder ohne“, sagte sie über
       die Gespräche der Jury.
       
       Im vergangenen Jahr hatte der Psychothriller „Joker“ des US-Amerikaners
       Todd Phillips und mit Joaquin Phoenix in der Hauptrolle den Goldenen Löwen
       der Festspiele gewonnen.
       
       13 Sep 2020
       
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