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       # taz.de -- Franz Müntefering übers Altwerden: „So alt fühle ich mich noch nicht“
       
       > Franz Müntefering sagt, er sei „absichtlich 80 geworden“, das Leben
       > findet er eine „einmalige Sache“. Was Corona angeht, wirbt er für
       > Zuversicht. Und konkretere Konzepte.
       
   IMG Bild: Im Alter werde man nicht weise, sondern sonderlich, sagt Franz Müntefering
       
       taz am wochenende: Herr Müntefering, Sie sind 80. Fühlen Sie sich so? 
       
       Franz Müntefering: Ja. Ich fände es auch falsch zu sagen, so alt fühle ich
       mich noch nicht. Das ist alles Quatsch.
       
       Wieso? 
       
       Ich bin ja absichtlich 80 geworden, ich bin jeden Morgen aufgestanden. Ich
       finde, das Leben ist eine einmalige Sache. Ich war Millionen Jahre nicht
       dabei, jetzt lebe ich, habe hoffentlich noch ein paar Jahre, dann bin ich
       nicht mehr, das ist schon eine tolle Kiste. Insofern bin ich
       Existenzialist: Ich freue mich, dabei zu sein.
       
       Hat Corona Ihren Alltag verändert? Als 80-Jähriger gehören Sie zur
       Risikogruppe. 
       
       Ganz massiv. Im vergangenen Jahr habe ich 300 Termine gemacht,
       Veranstaltungen, Gespräche, Besuche. 50 bis 60 Termine habe ich dieses Jahr
       im Kalender, aber die werden teilweise auch abgesagt. Ich bin also viel zu
       Hause. Ich habe ein bisschen aufgeräumt. Und ein paar Tomaten auf dem
       Balkon gezüchtet.
       
       Sie pendeln zwischen Herne und Berlin. Geht das in Zeiten von Corona? 
       
       Erst heute Morgen bin ich mit dem Zug gekommen, vor mir saß keiner, hinter
       mir keiner. Man sitzt stundenlang unter der Maske, muss aber sein. Ich bin
       ja nicht besonders betroffen von den Einschränkungen. Die Familien, die
       Menschen in Pflegeheimen, das Pflegepersonal, die haben ganz andere Sorgen.
       Eine meiner Töchter wurde auf Kurzarbeit gesetzt. Sie rief an: „Ist ja ganz
       fürchterlich, da wachst du morgens auf, hast nichts zu tun und machst dir
       Sorgen, wie es alles weitergeht.“
       
       Ohne Arbeit ist schlecht. 
       
       Ja, das merkt man erst, wenn man keine Arbeit mehr hat. Wobei meine Tochter
       bald wieder gut zu tun hatte, sie ist bei einer Firma für Grillgeräte. Alle
       wollten im Coronasommer grillen, da war große Saison. Ich selbst habe
       sofort mit meinem neuen Buch angefangen. Ohne Corona hätte ich das sicher
       nicht geschrieben. Für mich ist die Frage, ob 2020 als Katastrophenjahr
       abgehakt wird oder ob man mit einem Stück Zuversicht aus dem Jahr
       herauskommt.
       
       Was glauben Sie? 
       
       Das Land hatte schon vorher große Probleme, die Radikalisierung der
       Rechten, das zunehmende Gefälle zwischen Arm und Reich. Bei der
       Pflegeversorgung gibt es große Lücken. Das ist alles noch da. Und da kommt
       Corona obendrauf, existenziell für Leib und Leben. Das muss zusammengefügt
       werden, da muss man jetzt Konzepte machen. Der Mensch ist nicht allmächtig,
       aber auch nicht ohnmächtig, Menschen haben Einfluss. Ich werbe für
       Zuversicht im Coronajahr, aber wir müssen schon etwas dafür tun.
       
       Sie haben vor dem Coronabuch über das Älterwerden geschrieben. Wie schafft
       man es, gut zu altern? 
       
       Man muss das Leben mögen. Das ist eine Erziehungs- und eine
       Einstellungsfrage und hängt auch davon ab, ob man Menschen hat, die einem
       wichtig sind. Ich hatte und habe das Glück. Ich werbe immer für die drei L:
       Das erste ist Laufen, sich bewegen. Bewegung der Beine ernährt das Gehirn.
       Das zweite ist Lernen. Du musst neugierig bleiben. Es gibt immer Menschen
       und Dinge, die spannend sind. Das dritte ist Lachen, das ist gesund.
       
       Sie gehen regelmäßig laufen? 
       
       Ich gehe schnell, entweder zu Hause auf dem Laufband oder draußen, mehrmals
       die Woche. Im Moment gehe ich Tempo 6 bis 7. Ich schreibe das auf. Es gab
       eine Zeit, da habe ich 8 Kilometer pro Stunde gemacht, aber das wird
       weniger, das ist ganz klar. Auch wichtig: jeden Morgen 20 Minuten
       Gymnastik. Rumpfbeugen, Kniebeugen, auf einem Bein stehen. Die Männer
       lachen darüber. Sie sagen, da kannst du auch gleich Yoga machen und so
       Zeug, aber ich persönlich glaube, dass die Gymnastik bei mir am meisten
       bewirkt. Bei 30 bis 40 Kniebeugen komme ich in Fahrt, das brauche ich.
       
       Und was haben Sie zuletzt Neues gelernt? 
       
       Heute fiel mir im Bahnhofskiosk ein kleines Buch von Umberto Eco in die
       Hand, da hat er sich zu Intoleranz und Faschismus geäußert. Ich habe Eco
       nie als einen Philosophen gesehen. Ich dachte, er schreibt nur Romane.
       Romane lese ich nicht so gerne.
       
       Wieso das nicht? 
       
       Ich meine, Romanschriftsteller sind oft nicht mutig genug aufzuschreiben,
       was sie denken. Sie erfinden Menschen, hinter deren Gedanken sie sich
       verstecken. Ich mag Sachbücher, wo jemand sagt, was er meint. Eco schreibt
       über ethnischen Nationalismus, den wir als Menschen nie loswerden. Da waren
       anregende Gedanken drin, das freut mich dann.
       
       Ihre Frau ist 40 Jahre jünger als Sie. Hilft das auch, um im Kopf fit zu
       bleiben? 
       
       Es gibt natürlich große Unterschiede zwischen den Generationen. Aber leben
       lässt es sich so gut. Als wir Ende 2009 heirateten, hat das manche Leute
       aufgeregt. Aber für uns war das unglaublich wichtig. Durch meine Frau
       bleibe ich auch an den aktuellen Debatten dran. Wegen Corona haben wir
       gerade so viel Zeit miteinander wie nie zuvor, das ist die schöne Seite.
       
       Welche Rolle spielt es im Alter, eine Aufgabe zu haben? 
       
       Eine große. Das Wort Ruhestand passt nicht. Das Renteneintrittsalter hat
       mit Ruhestand wenig zu tun, man bleibt mitten im Leben. Das gab es vor 150
       Jahren nicht, da musste man so lange wie man lebte helfen, und das wird es
       irgendwann auch nicht mehr geben.
       
       Arbeit bis ultimo statt Rente mit 67? 
       
       Es geht nicht um Berufstätigkeit. Aber Ehrenamt und zivilgesellschaftliches
       Engagement, das muss schon sein. Manche glauben, als Rentner hätten sie ein
       Recht zu sagen: „Ich mach nichts mehr.“ Das kannst du so handhaben. Aber in
       Ordnung ist das nicht. Solange du klar bist im Kopf, bist du
       mitverantwortlich für das, was passiert. Viele Ältere engagieren sich ja
       auch ehrenamtlich, bei der Tafel, im Hospiz.
       
       Für Sie galt die Rente mit 73: Sie sind 2013 nicht mehr zur Bundestagswahl
       angetreten. Wie war der Wechsel? 
       
       Man sollte schon vorher darüber nachdenken: Was tue ich? Als bekannt wurde,
       dass ich nicht mehr kandidiere, war ich schon als Präsident des
       Arbeiter-Samariter-Bundes gebucht. Ich hatte dann noch mehrere Ämter, bin
       aber dabei, mich langsam daraus zu lösen, weil ich weiß: Irgendwann kann
       ich das nicht mehr alles schaffen. Jetzt konzentriert sich vieles auf die
       Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen.
       
       Sie hatten damals keinen Entzug von Macht, von Aufmerksamkeit? 
       
       Mein Verhältnis zur Macht ist nicht so, dass ich sie brauche. Zumindest
       nicht als Titel. Aber mitmischen tue ich schon gerne. Als 2007 meine
       damalige Frau schwerkrank war, habe ich mein Ministeramt niedergelegt. Das
       haben mir viele Leute hoch angerechnet. Dabei hat mir das nichts
       ausgemacht.
       
       Das war kein großer Schritt? 
       
       Nein. Ich will mal etwas Gefährliches sagen. Ich war immer zu selbstbewusst
       und zu stolz, als dass ein Titel was mit mir gemacht hätte. Das hat mit
       meiner Mutter zu tun, glaube ich. Die hat mir das vermittelt. Ich war
       ziemlich früh in meinem Leben überzeugt, dass ich eine Menge kann und es
       nicht wichtig ist, ob andere mir einen Titel geben oder nicht. Ich habe
       auch immer versucht, mir meiner Ersetzbarkeit bewusst zu sein. Das macht
       freier und verhindert Größenwahn.
       
       Im Alter blicken viele auf ihr Berufsleben zurück. Gibt es etwas, das Sie
       bereuen? 
       
       Ich habe die Dinge immer so gut gemacht, wie ich konnte. Wieso also
       bereuen?
       
       Sie haben keine Zweifel an der Einführung von Hartz IV oder der Senkung des
       Spitzensteuersatzes unter Rot-Grün? 
       
       Nein. Wir hatten damals eine hohe Arbeitslosigkeit, eine Million Menschen
       waren erwerbsfähig, aber in der Sozialhilfe. Die waren für immer
       aussortiert, das haben wir geändert. Und mit den Steuersenkungen haben wir
       nicht nur den Spitzenverdienern, sondern allen mehr Geld gegeben, auch der
       Wirtschaft. Das war für die Konjunktur gut und hat die Arbeitslosigkeit
       gesenkt.
       
       Soziale Gerechtigkeit gehört zum Markenkern der SPD, den haben die
       rot-grünen Reformen beschädigt, in der Folge ist die Linkspartei
       entstanden. 
       
       Weil das systematisch so dargestellt wird und weil Partei und nahe
       Verwandtschaft so darüber geredet haben. In Wirklichkeit haben wir eine
       Million Menschen aus der Ecke geholt. Soziale Gerechtigkeit heißt ja nicht,
       dass man oben was wegnimmt und nach unten gibt. Man muss auch dafür sorgen,
       dass der Wohlstand des Landes erhalten bleibt, dass es Firmen gibt, die gut
       laufen, wo Jobs entstehen. Es wäre billig, wenn ich jetzt sagen würde, wir
       hätten damals anders handeln müssen. So wie die Lage war, war das für uns
       plausibel, es hat dem Land gut getan.
       
       Lassen Sie uns wieder über heute sprechen. Wie hat das Alter Sie verändert? 
       
       Ich bin gelassener als früher, es überrascht mich nicht mehr so viel. Das,
       was man erlebt, gleicht man ab mit dem, was man schon weiß. Die Übersicht
       wird besser. Ich glaube, ich habe nicht mehr so schnell eine neue Meinung
       wie früher.
       
       Das könnte jetzt auch eine freundliche Umschreibung von Sturheit sein... 
       
       Schon möglich. Es kann sein, dass man im Alter stärker an der eigenen
       Meinung festhält, wenn man glaubt, dass sie richtig ist. Denn es kann ja
       auch sein, dass die anderen falsch liegen... Ich mag das Wort von der
       Weisheit im Alter nicht. Weise wird man nicht, eher sonderlich.
       
       Ist Ihnen das Altwerden manchmal lästig? 
       
       Wenn ich das Auto meiner Frau rückwärts aus der Garage fahren soll, muss
       ich fünfmal ansetzen. Ich muss demnächst zur Fahrschule gehen, mich testen
       lassen, ob ich noch fahren kann. Da rede ich auch mit Menschen drüber: Es
       gibt ein Problem mit uns älteren Männern und dem Autofahren.
       
       Das gilt doch auch für ältere Frauen. 
       
       Die Frauen sind da realistischer. Meistens. Viele Männer wollen selber
       fahren. Ich nicht, ich war 28, als ich meinen Führerschein gemacht habe, an
       der Stelle war ich schon immer etwas sonderlich. Ich merke heute beim
       Autofahren: Ich bin nicht mehr so reaktionsschnell. Im Dunkeln und wenn es
       nieselt, werde ich unsicher. Man wird im Alter eben langsamer, schreibt
       krakeliger. Und trotzdem ist es gut, wenn man morgens wach wird und weiß,
       man lebt noch. Die Frage ist, gibt es da noch was, was dir Spaß macht.
       
       Was ist das bei Ihnen? 
       
       Dass andere Menschen da sind, ich Aufgaben habe, dass ich hier zum
       Interview herkomme, das macht auch Spaß. Es ist ein großes Problem für
       älter werdende Menschen in der Gesellschaft, dass sie nicht über ihr Leben
       erzählen können. Wenn jemand sagt, 1946 war das wie folgt, dann sag nicht:
       „Das habe ich schon drei Mal gehört, halte den Mund.“
       
       Wenn Sie mögen, können wir gerne über 1946 sprechen. 
       
       Menschen werden geprägt von dem, was sie in der Kindheit und Jugend erlebt
       haben. Wir hatten Hunger in der Zeit. Einmal, ich war sechs Jahre alt, habe
       ich draußen gespielt. Wir hatten nur noch wenig Brot im Küchenschrank. Ich
       war mit meiner Mutter allein, mein Vater war noch in Kriegsgefangenschaft.
       Ich hörte, wie der Küchenschrank ging. Ich lief rein. Meine Mutter schaute
       mich an und fragte: „Du glaubst doch nicht, dass ich dir das Brot wegesse?“
       Hatte ich aber. Das war mir so peinlich. Sie hätte das nie gemacht. Das
       sind Geschichten, die hinterlassen tiefe Spuren.
       
       Sie sagten zu Beginn, ob man das Leben mag, hänge von der Erziehung ab. Bei
       Ihnen von Ihrer Mutter? 
       
       Ich glaube schon. Sie hat mir Lebensmut gegeben. Ich war sieben, als mein
       Vater aus der Gefangenschaft kam, ich konnte ganz gut mit ihm. Aber ich
       hatte vorher mit meiner Mutter auch gute Jahre. Es gibt da so sentimentale
       Sachen. In meinem Büro steht ein Stuhl aus unserer Küche damals. Ich habe
       als Kind gerne gemalt, es gab aber kein Papier. Meine Mutter sagte: „Wir
       drehen die Stühle um.“ Sie hat mir erlaubt, unter allen Stühlen zu malen.
       Erst später habe ich begriffen, sie hätte auch sagen können, das geht
       nicht, wir haben kein Papier. Aber sie wusste, wie wichtig mir das war, und
       hat es möglich gemacht.
       
       Aus Liebe. 
       
       Ja. Das hat sie transportiert. Den Stuhl habe ich noch, mit Kringeln unten
       drauf.
       
       Ihr Vater hat Ihnen geraten, nie in eine Partei zu gehen. 
       
       Das wusste ich besser als er. Er hat mir noch etwas gesagt: Nie wieder
       deutsche Stiefel im Ausland. Das fand ich gut. Bis mir klar war, was das
       für ihn bedeutet.
       
       Was denn? 
       
       Wenn irgendwo Menschen terrorisiert wurden, dann sagte er, das ist schlimm,
       aber wir gehen da nicht rein. Wir haben aber eine Mitverantwortung für das,
       was da draußen passiert. Ich war nah dran, als Gerd Schröder entscheiden
       musste, Irakkrieg ja oder nein. Ich habe erlebt, wie er im Kanzleramt
       rumrannte und sich fragte: Was mach ich nur? Die amerikanischen Freunde
       haben ja nicht gesagt: „Herr Kanzler, würden Sie sich mal überlegen
       mitzumachen?“ Die haben gesagt: „Junge, mach! Und wenn nicht, dann können
       wir auch anders.“ Das war schon sehr dramatisch, fand ich.
       
       Ihre Eltern sind beide 1985 gestorben. Was hat das für Sie bedeutet? 
       
       Wenn die Eltern sterben, stehst du in der vordersten Front. Mein Vater
       starb im September, der war eigentlich der Gesunde, meine Mutter war schwer
       rheumakrank. Er musste plötzlich ins Krankenhaus, ich habe ihn an einem
       Sonntag noch besucht, dann riefen die an: Er ist gestorben. Das war ein
       unheimlicher Schock, so ohne Abschied. Meine Mutter sagte dann: „Ich würde
       gerne zu Hause sterben.“ Ich habe ihr das versprochen.
       
       Wie war diese Zeit? 
       
       Sie wurde zu Hause gepflegt, ich bin oft hingefahren. Meine Mutter hat mir
       aus ihrem Leben erzählt, hat mir Bilder gezeigt, wie sie als junge Frau im
       Dorf Theater gespielt hat. Sie hat ihren jüngeren Bruder in den USA
       angerufen und gesagt: „Ich sterbe jetzt bald.“ Sie geheult, er geheult,
       ich. Aber das ist das Leben. Ich musste auf einem Block aufschreiben, was
       es zum Beerdigungskaffee geben soll. Streuselkuchen, Bienenstich, Kaffee,
       bisschen Bier auch, aber nicht zu viel. Ich musste auch aufschreiben, was
       auf ihrem Grabstein stehen soll.
       
       Wie würden Sie selbst gerne sterben? 
       
       Wenn Sie mich das vor 30 Jahren gefragt hätten, hätte ich gesagt: am
       liebsten tot umfallen, wie das bei meinem Vater im Grunde war. Das sage ich
       heute nicht mehr. Ich würde heute sterben wollen wie meine Mutter, wie
       meine verstorbene Frau, sozusagen sehenden Auges. Sich verabschieden
       können.
       
       Sie haben keine Angst vorm Sterben? 
       
       Das Problem beim Sterben ist, man kann es nicht üben. Ich weiß nicht, wie
       das bei mir sein wird, vielleicht gerate ich doch in Panik. Aber wenn Sie
       mich heute fragen: Nein, ich habe keine Angst. Und ich wünsche mir, dass
       ich es rechtzeitig merke und ich allen, die mir wichtig sind, sagen kann,
       wir müssen mal reden. Nimm dir ein bisschen Zeit für mich, es geht zu Ende
       mit mir.
       
       Genau das haben Sie gemacht, als Ihre damalige Frau Ankepetra 2007 schwer
       krank war. 
       
       Ja. Auf der Rückfahrt vom Parteitag in Hamburg bekam ich den Anruf, dass
       der Krebs unheilbar ist. Da haben wir abgemacht, dass ich bei ihr bleibe.
       Wir hatten als Familie dann noch ein gutes Dreivierteljahr zusammen. In
       dieser Zeit habe ich auch gelernt: Wenn man abends keine Lust mehr hat zu
       leben, am nächsten Morgen will man vielleicht doch wieder in den Garten
       gehen, Bücher lesen. Ein Sterbewunsch kann sich ändern.
       
       Was, glauben Sie, kommt nach dem Tod? 
       
       Ich habe großen Respekt vor Religionen. Aber ich glaube nicht, dass nach
       dem Tod etwas ist. Was nicht schlimm ist. Es bedeutet für mich, dass man
       anstreben sollte, möglichst intensiv im Leben und möglichst lange dabei zu
       sein. Für mich ist nicht denkbar, dass ich freiwillig vorher ginge. Ich
       hänge doch sehr am Leben.
       
       20 Sep 2020
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Antje Lang-Lendorff
       
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