URI: 
       # taz.de -- Europäischer Gerichtshof und Russland: Öl-Gigant Rosneft scheitert
       
       > Das Gericht hat keine Einwände gegen die Sanktionen, die die EU gegen
       > Russland 2014 wegen der Destabilisierung der Ukraine verhängt hat.
       
   IMG Bild: Eine Rosneft-Tankstelle in Rajsan, Russland
       
       Freiburg taz | Die russische Ölgesellschaft Rosneft ist mit einer Klage
       gegen die EU-Sanktionen im Zusammenhang mit der Ukraine-Krise gescheitert.
       Der Europäische Gerichtshof (EuGH) lehnte die Klage in vollem Umfang ab.
       Die Sanktionen seien geeignet und verhältnismäßig.
       
       Rosneft ist einer der großen russischen Öl- und Gaskonzerne. Jedenfalls
       2014 war er noch unter staatlicher Kontrolle, inzwischen sind die
       Eigentumsverhältnisse umstritten. Im Westen wurde der Rosneft-Konzern
       bekannt, als er zu günstigen Konditionen große Teile des Yukos-Konzerns des
       oppositionellen Milliardärs Michail Chodorkowski übernahm. 2017 wurde zudem
       Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder zum Aufsichtsrats-Vorsitzenden von
       Rosneft bestimmt.
       
       Die EU hat 2014 nicht nur wegen der russischen Annektion der ukrainischen
       Halbinsel Krim Sanktionen gegen Russland beschlossen, sondern auch wegen
       der „Destabilisierung“ in der Ost-Ukraine. In Donezk und Luhansk hatten
       russland-freundliche Separatisten neue „Republiken“ ausgerufen, die bis
       heute bestehen.
       
       Teile der Sanktionen in der EU-Verordnung 833/14 betreffen auch die beiden
       staatlich kontrollierten Energiekonzerne Rosneft und Gazprom. Deren Zugang
       zum EU-Kapitalmarkt wurde beschränkt, außerdem dürfen ihnen grundsätzlich
       keine Maschinen und andere Güter zur Ölförderung mehr verkauft werden. Ziel
       der Sanktionen ist es, dass Russland die weitere Destabilisierung der
       Ukraine unterlässt.
       
       ## Berufung auf Grundrechte
       
       Rosneft klagte gegen die Sanktionen und berief sich dabei auf seine
       Grundrechte aus der EU-Grundrechte-Charta, insbesondere das Eigentumsrecht
       und die unternehmerische Freiheit. Die Sanktionen seien ungeeignet und
       unproportional, um das Ziel zu erreichen.
       
       Der EuGH lehnte die Klage nun aber ab. Der EU-Ministerrat habe bei den
       komplexen Überlegungen, die zu Sanktionen führen, ein „weites Ermessen“.
       Der EuGH könne nur kontrollieren, ob die beschlossenen Maßnahmen
       offensichtlich ungeeignet seien. Dies sei hier nicht der Fall gewesen.
       
       Ziel der EU war es, die „Kosten“ zu erhöhen, die Russland für seine
       Ukraine-Politik kalkulieren muss. Dies sei hier klar gelungen. Angesichts
       des wichtigen Ziels, die Souveränität der Ukraine zu schützen, seien die
       Maßnahmen gegen die Ölkonzerne nicht unverhältnismäßig, auch wenn diese
       nicht die Verursacher der Krise seien.
       
       Rosneft konnte sich auch nicht auf das EU-Russland-Partnerschaftsabkommen
       und das globale Handelsabkommen GATT stützen, so der EuGH. Beide Verträge
       erklären Maßnahmen zum Schutz der „wesentlichen Sicherheitsinteressen“ der
       Vertragspartner für zulässig. Darauf könne sich die EU auch bei Maßnahmen
       zugunsten von Staaten in ihrer Nachbarschaft berufen (die Ukraine grenzt an
       den EU-Staat Polen).
       
       ## Kein Neuland
       
       Der EuGH bestätigte damit ein Urteil des erstinstanzlichen EU-Gerichts von
       2018. Die Entscheidung des EuGH betritt kein Neuland, ist aber vor allem
       deshalb interessant, weil nach dem Giftanschlag auf den russischen
       Oppositioniellen Alexej Nawalny derzeit wieder über [1][Sanktionen] gegen
       Russland diskutiert wird.
       
       Die EuGH-Entscheidung zeigt, dass es gegen solche Sanktionen zwar
       Rechtsmittel gibt, dass sich die gerichtliche Kontrolle der Politik in
       derartigen Fragen aber sehr stark zurückhält.
       
       18 Sep 2020
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Politikwissenschaftlerin-ueber-Belarus/!5714622
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Christian Rath
       
       ## TAGS
       
   DIR Europäischer Gerichtshof
   DIR Rosneft
   DIR Russland
   DIR Ukraine
   DIR Sanktionen
   DIR Kolumne Der rote Faden
   DIR Schwerpunkt Krisenherd Belarus
   DIR Nord Stream 2
   DIR Russland
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Trump, Biden und Schröder: Dieser gewisse Starrsinn
       
       Dickfelligkeit und das Unvermögen, sich einfach mal zurückzuhalten: Diese
       Eigenschaften teilen sich Menschen wie Trump, Biden und Schröder.
       
   DIR Politikwissenschaftlerin über Belarus: „Putin auf schmalem Grat“
       
       Die EU darf die Lösung der Krise in Belarus nicht Moskau überlassen, sagt
       Politologin Marie Mendras. Der Kreml habe nicht allzu viele Optionen.
       
   DIR Gas-Pipeline Nord Stream 2: Stopp ohne Entschädigung möglich
       
       Die umstrittene Pipeline Nord Stream 2 könnte doch ohne Zahlungen gestoppt
       werden. Dafür müsste die EU Sanktionen gegen Russland verhängen.
       
   DIR Mord an Georgier in Berlin: Keine Sicherheit vor Russland
       
       Geschah der Mord im Berliner Tiergarten 2019 im Auftrag Moskaus? Wenn sich
       diese Vermutung bestätigt, könnten Russland Sanktionen drohen.