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       # taz.de -- Staatlicher Demozwang in Belarus: Urlaub als Ausrede
       
       > Eine Frau nimmt sich frei, um nicht für Lukaschenko demonstrieren zu
       > müssen. Olga Deksnis erzählt von stürmischen Zeiten in Minsk. Folge 27.
       
   IMG Bild: Eine Frau geht in Minsk während einer Pro-Lukaschenko-Demonstration mit ihrem Hund spazieren
       
       Swetlana Tichanowskaja hat den Machthabern von Belarus ein „Volksultimatum“
       gestellt. Demzufolge müssen sie bis zum 25. Oktober drei Bedingungen
       erfüllen, ansonsten werden die Straßenproteste verstärkt: Lukaschenko soll
       seinen Rücktritt erklären, die [1][Gewalt gegen friedlich Demonstrierende]
       muss aufhören und politische Gefangene sollen aus den Gefängnissen
       freigelassen werden.
       
       Die Machthaber ihrerseits haben die Staatsbediensteten dazu aufgerufen, für
       Lukaschenko auf die Straße zu gehen. Früher schon hatte man Leute aus allen
       Teilen des Landes in Autobussen nach Minsk gekarrt. Dabei galt das Prinzip
       „Zuckerbrot und Peitsche“. Erst versprachen sie Geldprämien, dann drohten
       sie mit Entlassungen. Zum Glück wurde diesmal die fürs Wochenende geplante
       Demo am Freitag abgesagt. Offizielle Begründung: Coronavirus. Vermutlich
       ist es aber eher so, dass es einfach zu viele gab, die keine Lust zu dieser
       Demo hatten.
       
       „Ich habe extra unbezahlten Urlaub genommen und fahre für drei Tage in ein
       Sanatorium“, erzählt eine Verwaltungsangestellte aus dem Minsker
       Stadtbezirk Maskouski. Man wollte uns alle auf diese Demonstration
       schicken. Aber niemand wollte dorthin. Deshalb mussten wir uns alle
       offizielle Gründe ausdenken, um dort nicht mit Plakaten „Für Väterchen“ zu
       wedeln.“ („Väterchen“ lässt sich Alexander Lukaschenko nennen; Anmerkung
       der Redaktion). „Jetzt müssen Sie sich aber keine Ausreden mehr überlegen.“
       „Ja, zum Glück, aber ich werde mich jetzt eben ein bisschen erholen.“ „Wir
       haben Dutzende Absagen bekommen, sowohl für Samstag als auch für Sonntag“,
       schreibt das meistgelesene Nachrichtenportal [2][„tut.by“]
       
       Zu den möglichen (offiziellen) Gründen, aus denen man dann diese Fahrten zu
       den Proregierungsdemos abgesagt hat, gehört das Risiko, das solche
       Massenveranstaltungen generell bergen, sowie auch die Sorge vor der
       Ausbreitung des Coronavirus. Lukaschenko erklärte, dass er eigentlich
       vorgehabt hatte, am Sonntag zum Volk zu sprechen.
       
       Aber dann habe er an die älteren Leute gedacht, die kommen würden. „Von
       vielen Menschen im ganzen Land wurde der Wunsch geäußert, zu solch einer
       Versammlung zu kommen, etwa 250.000 bis 300.000. Meiner Meinung nach würde
       ich heute sagen, wir sollten nicht so viele Menschen versammeln. Wir sagen
       das ab. Wir treffen uns im Frühling. [3][Die Polizei soll für Ordnung
       sorgen]. Warum sollten wir uns so verhalten wie die Teilnehmer dieser
       Proteste?“, zitierte ihn der Telegram-Kanal von ATN-News (staatlicher
       Nachrichtensender; Anmerkung der Redaktion).
       
       Aus dem Russischen [4][Gaby Coldewey]
       
       27 Oct 2020
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://!5714993
   DIR [2] http://tut.by
   DIR [3] http://!5714969
   DIR [4] /Gaby-Coldewey/!a23976/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Olga Deksnis
       
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