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       # taz.de -- Abwertung des Giro d’Italia: Der Giro als Anhängsel
       
       > Wegen Corona muss die Italienrundfahrt der Radprofis nach der Tour de
       > France starten. Dem Frauen-Giro wurde sogar der WorldTour-Status
       > entzogen.
       
   IMG Bild: Das Hauptfeld zieht am Kolosseum vorbei: ein Bild vom Giro'DItalia 2018 in Rom
       
       Derzeit findet im Radsport Rennen über Rennen statt. Manchmal sind es drei
       am Tag. Für den Giro d’Italia bedeutet der dank der Pandemie so eng
       gestrickte Zeitplan eine Abwertung. Zwei Wochen nach der Tour de France
       trauen sich nämlich nur wenige Klassementfahrer einen Start bei der
       nächsten großen Rundfahrt zu. Und die meisten Klassikerspezialisten bleiben
       der Italienrundfahrt fern, weil parallel zum Giro ihre heißgeliebten Rennen
       ausgetragen werden.
       
       Das mutet wie ein Luxusproblem an, hat auf die Rennen aber große
       Auswirkungen. Am [1][Samstag, 3.Oktober, startet der 103. Giro d’Italia] im
       sizilianischen Monreale; tags drauf aber hetzt ein Radsportpeloton über die
       Côtes genannten Hügel rings um Lüttich, denn dort findet das älteste der
       Klassikermonumente statt, Lüttich–Bastogne–Lüttich.
       
       Während das eine Peloton in den kommenden Wochen den italienischen Stiefel
       immer weiter gen Norden hochklettern wird, treffen sich die Fahrer des
       anderen Pelotons unter anderem bei der Flandernrundfahrt und dem
       Sprinterhalbklassiker Gent–Wevelgem. An dem Tag, an der Giro seine
       Schlussetappe feiert, werden sogar drei Pelotons zeitgleich bei
       WorldTour-Rennen unterwegs sein: das Rundfahrerpeloton beim Zeitfahren in
       Mailand, die Klassikercrew auf dem Kopfsteinpflaster von Paris–Roubaix, und
       das dritte Peloton wird da schon ein paar Tage lang auf Spaniens Straßen
       bei der Vuelta unterwegs sein.
       
       Für die Rennställe ist das eine logistische Herausforderung. Die drei
       parallelen Teams müssen ja nicht nur zu den entsprechenden Rennen, sondern
       auch in die entsprechenden Hygieneblasen disponiert werden. Das sei lösbar,
       versichert Ralph Denk, Rennstallchef von Bora hansgrohe. Und auch das
       Blasenmanagement sah er gelassen: „Wir bekommen da immer mehr Routine.“
       Einen negativen Effekt für die Sponsoren könnte es freilich haben, dass
       sich die Events auf dem Fernseh- und Werbemarkt gegenseitig
       kannibalisieren.
       
       ## Topfahrer fehlen
       
       Der Giro-Ausrichter RCS hatte den neuen Rennkalender eher mit
       Zähneknirschen entgegengenommen. „Das ist ja alles nicht in Stein
       gemeißelt. Vielleicht ergeben sich noch Verschiebungen durch die WM, und
       auch der eine oder andere Klassiker kann verschoben werden“, hatte
       Renndirektor Mauro Vegni noch im Frühsommer gehofft. Der Schweizer
       WM-Ausrichter hatte tatsächlich abgesagt. Frei wurde die Woche gleich nach
       der Tour de France dennoch nicht. Ausgerechnet das italienische Imola
       sprang als Ersatz-Ausrichter für die WM ein.
       
       Vegni muss sich nun damit abfinden, dass fast die komplette Klassikerelite
       beim traditionsreichen Giro fehlt. [2][Lediglich der Slowake Peter Sagan
       wird antreten.] „Peter ist dreifacher Weltmeister, und als solcher will er
       auch dem Giro seinen Respekt erweisen“, sagt Teamchef Ralph Denk. „Schon
       vor dem Lockdown hatten wir entschieden, dass er den Giro fährt.“
       
       Dass andere Rennställe ihre Topstars wegen der Terminüberschneidungen eher
       nicht an den Start bringen, bedauert Denk – und äußert leise Kritik an der
       Kalendergestaltung. „Es ist schon ein bisschen schade. Und ich finde es dem
       Giro gegenüber auch respektlos, dass man alle Klassiker in diese Periode
       reinpackt“, sagt er. Er sieht aber auch, dass die ganze Situation nicht
       einfach ist. „Man muss hier überhaupt einmal die UCI loben, die es
       geschafft hat, dass so viele Rennen tatsächlich noch stattfinden können.“
       
       Ein paar ernsthafte Konkurrenten für das Punktetrikot hat Peter Sagan dann
       doch noch. Der bergfeste Sprinter Fernando Gaviria ist dabei, und
       Bahnolymopiasieger Elia Viviani sucht nach verkorkster Tour de France eine
       Revanche. Er ist einer der ganz wenigen Doppelstarter. Die nur zwei Wochen
       Pause zwischen Tour-Ende und Giro-Start haben Stars wie Pogačar, Roglič,
       Porte und Uran abgeschreckt. Kein Tourkapitän tritt beim rosa Rennen in
       dieser Rolle an, keiner möchte sich die spektakulären Blicke auf den Vulkan
       Ätna am Montag gönnen.
       
       Lediglich der [3][Kolumbianer Miguel Ángel López] ist nach Gesamtrang 6 in
       Paris für Astana nun auch in Palermo dabei – allerdings in einer
       Helferrolle für den Dänen Jakob Fuglsang. Der könnte mangels exquisiter
       Besetzung sein erstes GrandTour-Podium erreichen.
       
       Die Abwertung des Giro überschneidet sich gerade auch mit der ganz
       offiziellen Degradierung des Giro rosa, des wichtigsten Etappenrennens im
       Frauenradsport. Dem wurde von der UCI wegen Organisationsmängeln und zu
       wenig TV-Berichterstattung für 2021 der WorldTour-Status entzogen.
       
       2 Oct 2020
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.radsport-news.com/sport/sportnews_120855.htm
   DIR [2] /Skandal-bei-der-Tour-de-France/!5427627
   DIR [3] /Spanien-Rundfahrt-der-Radprofis/!5622618&s=Miguel+%C3%81ngel+L%C3%B3pez/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Tom Mustroph
       
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