# taz.de -- Diskussion um Straßenumbenennungen: Kultursenator hält an Marx fest
> Kultursenator Klaus Lederer im Parlament: Antisemitische Äußerungen des
> Autors von „Das Kapital“ sollen kein Grund für Bahnhof-Umbenennung sein.
IMG Bild: Könnte man ja auch umbenennen: die Karl-Marx-Allee, hier Höhe Strausberger Platz
Berlin taz | Kultursenator Klaus Lederer (Linkspartei) hat in der
Diskussion um Straßenumbenennungen eine Grenze gezogen. Bei
Kolonialverbrechern, Nazis oder Stalinisten „ist ein Umbenennen eine
logische Konsequenz“, sagte Lederer in der Fragestunde der
Abgeordnetenhaussitzung am Donnerstag.
Anders ist das für ihn bei „ambivalenten Persönlichkeiten“ der Geschichte.
Konkreter Anlass war eine vom CDU-Abgeordneten Robbin Juhnke zitierte
Forderung aus der jüdischen Gemeinde, den U-Bahnhof Karl-Marx-Straße wegen
antisemitischer Äußerungen von Marx umzubenennen.
Marx und viele andere Persönlichkeiten seien ambivalent zu bewerten, sagte
Lederer, der wegen solcher Äußerungen nicht das komplette Werk des Autors
von „Das Kapital“ abwerten mochte. Das sei allerdings seine persönliche
Meinung, im Senat sei die Frage noch nicht besprochen.
Lederer sagte sinngemäß, man solle bei Menschen, die vor mehreren
Jahrhunderten gelebt haben, keine moderne demokratische Gesinnung erwarten.
„Ich bin kein Freund vom Bilderstürmen“, sagte Lederer. Im Fall von Karl
Marx „wäre eine Umbenennung Geschichtstilgung“. Als ähnliches Beispiel
nannte er den Fall des Königsberger Philosophen Immanuel Kant, der sich
ebenfalls rassistisch äußerte.
Die lange vorrangig auf Straßen im Afrikanischen Viertel und die
U-Bahnstation Mohrenstraße beschränkte Debatte hat sich inzwischen auf
bislang positiv bewerte Persönlichkeiten ausgeweitet.
Die taz berichtete jüngst über eine Initiative, die eine Umbenennung der
Martin-Luther-Straße fordert. Der Kirchenreformator habe „in seiner Zeit
für ausgebeutete Menschen, Minderheiten und Frauen eine sehr negative Rolle
gespielt und – wo immer es ging – Öl ins Feuer der Auseinandersetzungen
gegossen und bitterbösen Hass gesät“. Das schreibt die Initiative in einem
Papier, das der taz vorliegt.
Benannt ist die Gruppe nach einer Wittenbergerin, die Luther auf dem
Straßenschild ersetzen soll: „Prista-Frühbottin-Straßen-Team“. Sie wurde
1540 als „Hexe“ verbrannt – Luther, der mit seinem Teufels- und
Hexenglauben fest im Mittelalter verwurzelt war, habe diese Hinrichtung
befürwortet, heißt es in dem Papier.
1 Oct 2020
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DIR Stefan Alberti
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