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       # taz.de -- Trump, Scheuer und die deutsche Einheit: Stimmt’s überhaupt?
       
       > Noch bevor man an Mitgefühl denkt, fragt man sich, ob Trumps
       > Coronainfektion nicht doch nur Fake News sind. Indes: Worst Case im
       > Verkehrsministerium.
       
   IMG Bild: Die einzige weibliche Bundesliga-Schiedsrichterin Bibiana Steinhaus beendet unerwartet ihre Karriere
       
       taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht in der vergangenen Woche? 
       
       Friedrich Küppersbusch: Mitte, Neukölln und Kreuzberg sind Risikogebiete.
       
       Und was wird besser in dieser? 
       
       taz … sollen wir euch da rausholen?
       
       Donald Trump und seine Frau Melania sind an Covid-19 erkrankt. Ein
       Wahlkampfauftritt Trumps in Florida wurde abgesagt. Ist sein Wahlkampf nun
       gelaufen? 
       
       Trump-Ära bedeutet: Noch bevor man Mitgefühl, gute Besserung und Folgen für
       den Wahlkampf denkt – [1][fragt man erst mal: stimmt’s überhaupt?]
       Dahinter: Gewissheit, dass es den Wahlkampf massiv beeinflusst. Dahinter:
       Keine Ahnung, wie. Johnson schadete es nix, Bolsonaro ebenso, und also
       Zwischenstand: bei populistischen Autokraten läuft Covid19 das Wasser
       zusammen in der semipermeablen Zellmembran. Trump kann als der Unsinkbare
       daraus hervorgehen – oder als der von Gott ob seiner hoffärtigen Reden
       abgestrafte. Bis auf weiteres: Keine Umarmungen, kein Handshake mit Joe
       Biden, bitte.
       
       Andreas Scheuer musste sich wegen seines Mautdebakels vor dem
       Untersuchungsausschuss rechtfertigen. Auf entscheidende Fragen konnte er
       aber nicht antworten. Tritt dieser Mensch jemals zurück? 
       
       Im Januar verblüffte Markus Söder mit der Forderung nach „neuen und
       frischen Kräften für die zweite Halbzeit“. Beflissen orakelte es los:
       Altmaier agiere unglücklich, Merz könnte ihn rausmobben;
       Bundesunbekanntenbeauftragte Karliczek sei auch kein Verlust. Dann
       fokussierte sich der Blick auf Söders eigene Gang: Seehofer alt und lose
       Kanone, Scheuer mit einer bunten Auswahl an Rücktrittsgründen. Im Mai holte
       Söder seine Drohung zurück. Im September schließlich kündigt
       Entwicklungshilfeminister Müller seinen Rückzug an. Ergebnis: bester
       CSU-Mann von Bord, zweite Halbzeit mit verbrauchten Kräften. Scheuer erbte
       einen maroden Hof: vergeigte Bahnpolitik, digitale Infrastruktur knapp
       über Höhlengleichnis, Abgasaffären, verhätschelter Luftverkehr. Wo noch
       Luft war, toll zu patschen, lieferte Scheuer und fuhr die unselige
       Mautsache an die Wand. Nach vier CSU-Amtswaltern ist das
       Verkehrsministerium sein eigenes Worst-case-Szenario.
       
       [2][Nachdem rechte Chatgruppen bei Polizisten aus NRW aufgeflogen sind],
       sollen nun auch Mitarbeiter des dortigen Verfassungsschutzes rassistische
       Hetze verbreitet haben. Was kommt da noch alles? 
       
       Wenig. Immerhin ist auch hier ein disziplinarisches Verfahren
       abgeschlossen, dreie noch im Gang, vulgo: Das war intern schon länger klar.
       Getreu dem „Wer bewacht die Wächter“ waren die rechten Verfassungsschützer
       zur Überwachung rechter Umtriebe eingesetzt; da herrscht offenbar
       ansteckend gute Laune. Alarmsignal: Man hat keine Lust, den Rücktritt des
       Innenministers zu fordern, weil’s vor ihm vermutlich ebenso zuging.
       
       Am Samstag hat sich die Deutsche Einheit zum 30. Mal gejährt. Wie vereint
       ist Deutschland wirklich? 
       
       Früher wurden die Widersprüche schön deutsch getrennt sortiert. Nun haben
       wir große Uneinigkeit im Sammelgefäß. Das Land ist hie vielkulturell,
       migrantisch, da rechtsradikal und dunkeldeutsch. Endkapitalistisch, sozial
       verträumt. Mählich löst sich das von der Geografie. Gern beschweren sich
       ca. 83 Millionen Diskriminierte über die anderen 83 Millionen, die sie
       diskriminieren. Das Feiertags-Motto „Wir miteinander“ betont die
       grundteutonische Sehnsucht an hymnischer „Einigkeit und …“ an erster
       Stelle. Ein Trugschluss. Uns fehlt „Vielfalt“ als erklärtes Staatsziel. Wer
       hält es mit uns aus, wenn wir’s selber nicht hinkriegen?
       
       [3][Bibiana Steinhaus war die einzige weibliche Schiedsrichterin in der
       Fußball-Bundesliga,] nun hat sie ihre Karriere beendet. Die Gründe dafür
       ließ sie bislang offen. Wenig motivierend für aufstrebende
       Schiedsrichterinnen, oder? 
       
       Die Grundsatzdebatte „Kann eine Frau ein Männer-Spitzenspiel leiten?“ hat
       sie mit 65 gelben Karten und null roten nachdrücklich sanft geklärt. Hie
       und da mag das den Mut junger Schiedsrichterinnen fördern und den Ehrgeiz
       der BossInnen, eine der ihren ganz nach oben durchzubringen. Bei Steinhaus
       wurde es eher nebulös zum Politikum, dass sie als beste Zweitliga-Schiri
       bei der Beförderung erst mal übergangen wurde, nächstes Mal dürften Branche
       und Medien alert sein. Kurz: Der Ball liegt auf der ElferIn.
       
       Und was machen die Borussen? 
       
       Immer wenn man denkt: „Die spielen so schlecht, die spielen gegen den
       Trainer“ – klatschen sie den nächsten Gegner Vier-null weg. Wir werden
       nicht Meister, wir werden Diva.
       
       Fragen: Denis Giessler
       
       4 Oct 2020
       
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