# taz.de -- Reform der Pflegeversicherung: Keine falschen Hoffnungen
> Die Eigenanteile in der Pflege sollen gedeckelt werden. Doch das klingt
> vielversprechender, als es ist. Die geplante Neuregelung hat Tücken.
IMG Bild: Die Kosten für Unterkunft und Verpflegung werden bei der Deckelung nicht berücksichtigt
Es gibt eine gute und eine schlechte Nachricht, was Gesundheitsminister
Jens Spahn (CDU) und seine angekündigten „Deckelungen“ in der Pflege
betrifft. Erst die gute: Die Eigenanteile für die Pflege, die
HeimbewohnerInnen aufbringen müssen, sollen auf 700 Euro im Monat begrenzt
werden. Alles, was darüber hinaus an höheren Pflegekosten kommt, soll aus
Steuermitteln finanziert werden.
Diese Deckelung ist gut, denn dann passiert nicht, was man in den
vergangenen Monaten erlebte: [1][Jede Erhöhung der Löhne wurde sofort auf
die BewohnerInnen umgelegt]. Deren Eigenanteile stiegen und damit gerieten
viele SeniorInnen unter Druck, obwohl sich doch durch die höheren Löhne die
Arbeitsbedingungen ihrer PflegerInnen etwas besserten. Diese unschöne
Koppelung wird gekappt. Gut so.
Jetzt die schlechte Nachricht: Viele SeniorInnen werden von der Deckelung
womöglich gar nichts haben. Denn in manchen, besonders den östlichen
Bundesländern liegen die Pflegeeigenanteile unter den 700 Euro, da bringt
die Deckelung nichts, wenn sie nicht regional ausgestaltet wird. Außerdem
machen die Kosten für Unterkunft, Verpflegung und Investitionen zwei
Drittel der Heimgebühren aus und daran ändert sich nichts. Insgesamt kostet
ein Heim im Schnitt gut 2.000 Euro an Eigenanteil. [2][Die Angst, durch den
Heimaufenthalt das Vermögen verbrauchen zu müssen] und dann ein Fall für
die Sozialhilfe zu werden, wird also kaum gebannt.
Wir werden allerdings durch den Spahn’schen Vorstoß eine notwendige
Verteilungsdebatte bekommen. Nicht nur, dass womöglich sehr wohlhabende
Pflegebedürftige von der Deckelung ausgenommen werden, wie es die SPD zu
Recht fordert und wie es bürokratisch aber nur aufwendig umsetzbar ist. Die
sechs Milliarden für die [3][Pflegereform] müssen überdies aus
Steuermitteln irgendwo abgeknapst werden. Jede individuell noch so geringe
Verbesserung kostet viel, weil die Pflege die aufwendigste und teuerste
Dienstleistung ist, die es gibt in unserer gebrechlichen Gesellschaft. In
diesen Spiegel müssen wir schauen, mit Realismus.
5 Oct 2020
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## AUTOREN
DIR Barbara Dribbusch
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